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Landesversammlung 2007 – Rede Dr. Eva Klotz

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Ein Schwerpunkt der 1. ordentlichen Landesversammlung war die Rede von der Landtagsabgeordneten der SÜD-TIROLER FREIHEIT, Dr. Eva Klotz. Nachstehend wird die Rede vollinhaltlich wiedergegeben:

Wie viel Kleinmütigkeit und Schwarzmalerei hat es vor der Volksabstimmung in Cortina, Buchenstein und Col gegeben. Von allen Seiten hörte man Zweifel und Ungläubigkeit. Das nötige Quorum werde nicht erreicht, auf keinen Fall in Cortina, wenn, dann am ehesten vielleicht in Buchenstein! Und was ist dann geschehen? Entgegen allen Erwartungen ist nicht nur in allen drei Gemeinden das Quorum zustande gekommen, überall haben auch noch die Ja- Stimmen eine klare Mehrheit gefunden. Daran sieht man, wie sehr sich Propheten und Zweifler irren können!

Jetzt steht dieses Ereignis plötzlich im Mittelpunkt der Politik, und zwar weit über die betroffenen Regionen hinaus! Prominente Persönlichkeiten des politischen Lebens äußern sich nicht nur positiv, sondern sind überzeugt, dass auch das italienische Parlament letztlich nicht anders kann, als dem mehrheitlichen Wunsch der Bevölkerung zu entsprechen. Man werde dieses Abstimmungsergebnis auf Dauer nicht ignorieren können, heißt es aus prominentem Munde! Dieses Beispiel zeigt eines: Die ladinischen Gemeinden haben ihre Möglichkeit genützt! Es war ursprünglich nur eine kleine Gruppe, die mit Beharrlichkeit, Überzeugung, Idealismus und vor allem Ausdauer für dieses Ziel gearbeitet hat! Von nichts kommt nichts, es bedarf großen Einsatzes und des Zusammenspiels mehrerer günstiger Faktoren, dann kann man auch ein solches Ziel erreichen!

So wie in den drei ladinischen Gemeinden, so könnte es auch bei einer Volksabstimmung in Südtirol über die staatliche Zugehörigkeit zu Italien gehen. Zunächst viele kritische und negative Stimmen, viele Ausreden und Bequemlichkeitsfloskeln. Jedoch zeigt sich eines: Wenn der einzelne ganz allein in der Wahlkabine, wo ihm niemand zuschauen kann, die Entscheidung darüber zu treffen hat, welche Zukunft seine Kinder haben sollen, dann kann alles ganz anders kommen! Ladinien macht es vor, aber auch andere geteilte Völker und Völker ohne Staat gehen ganz konsequent diesen Weg. Sie gestalten und verwalten zwar ihre Autonomie, aber gleichzeitig setzten sie Schritt für Schritt in Richtung Volksabstimmung zur Erreichung der Unabhängigkeit von den Staaten, in die sie gegen ihren freien Willen bis heute eingebunden sind. Montenegro hat die Unabhängigkeit letztes Jahr durchgesetzt, Kosovo wird bald folgen, und Katalonien, Schottland und das Baskenland sind konsequent auf dem Weg dorthin!

Am 25. Oktober waren es genau 30 Jahre, dass Italien und Österreich die UNO- Menschenrechtspakte ratifiziert, also auch den Art. 1 zu geltendem Recht erklärt haben. In diesem Artikel ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker festgeschrieben. Zu diesem Anlass habe ich im Südtiroler Landtag einen neuen Selbstbestimmungsantrag eingebracht, in welchem Landtag und Landesregierung beauftragt werden, die nötigen Schritte zur Abhaltung einer Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit Südtirols in die Wege zu leiten.

Angenommen, das Land Südtirol führte bald eine solche Volksabstimmung durch, würde dies in den Mittelpunkt nicht nur der italienischen und österreichischen, sondern auch der europäischen Aufmerksamkeit rücken. Unabhängig davon, ob das italienische Parlament damit einverstanden ist oder nicht, der Nutzen für Südtirol wäre allemal gegeben. In ganz Europa wüsste man, dass die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien in Frage gestellt wird, man würde sich endlich mit dem Grundproblem auseinandersetzen.

Der Augenblick ist günstig. Von allen Seiten, besonders von jener, welche bisher immer als Bremser einer politischen Veränderung angesehen wurde, nämlich von Seiten der Wirtschaft, kommen wichtige Signale: So könne es nicht mehr weitergehen, "mit Italien gehen wir unter, das einzige Problem, das Südtirol hat, ist die Zugehörigkeit zum maroden Staat Italien". Wörtlich so war es letzthin aus dem Munde des Präsidenten des Unternehmerverbandes, Christoph Oberrauch, zu hören! Aber auch Arbeiter und Angestellte und andere gesellschaftliche Gruppen äußern großen Unmut über die verschiedenartige, nicht zuletzt finanzielle Belastung und über die Fremdbestimmung, um nicht zu sagen Schikaniererei bis in die kleinsten täglichen Bereiche hinein.


Natürlich kümmert sich die Bewegung SÜD-TIROLER FREIHEIT auch um andere Probleme und Anliegen der Bevölkerung, aber es wird immer klarer, dass wir viele unserer täglichen Probleme automatisch lösen, wenn wir dieses Problem, nämlich die Fremdbestimmung durch den italienischen Staat, lösen.
Wenn man genau weiß, dass dies unser Hauptproblem ist, dann braucht es unbedingt eine Kraft, welche dieses Anliegen mit ganzem Einsatz und mit ganzer Überzeugung vorantreibt. Diese Kraft ist die Bewegung SÜD-TIROLER FREIHEIT, in welcher jung und alt mit großem Idealismus und Schwung am selben Strick ziehen.

Die vielen anderen Probleme müssen nicht einzeln aufgeführt werden, jeder und jede, die hier sitzen, kennen sie zur Genüge. Soziale Probleme, neue Bürokratie und Zettelwirtschaft, steuerliche und finanzielle Belastung und Schwerfälligkeit bei der Umsetzung von kleinen praktischen Dingen, Sorgen in der Familie, am Arbeitsplatz, in den Verbänden und Vereinen.


Es braucht die Kraft, die das Ganze im Auge behält und nicht den Blick für das Wesentliche verliert. Und solange wir das Los von Rom nicht durchgesetzt haben, gehören zu unseren Schwerpunkten die Erhaltung unserer Identität, Landschaft, Kultur und Sprache.
Wir dürfen nicht zuschauen, wie Stück für Stück unserer einmaligen Natur verunstaltet und zerstört werden. Gewinnoptimierung und Steigerung des Umsatzes hören sich von selbst auf, wenn es nichts mehr zu verkaufen gibt und wenn wir unsere Lebensgrundlagen selbst preisgeben. Und was die Identität betrifft: Sollte es in die Richtung gehen, dass eines Tages die Mehrheit der Südtiroler für den italienischen Staat vaterländische Gefühle entwickelt hat, können wir uns die Selbstbestimmung auf den Hut stecken. Es darf also nicht so weit kommen, dass unser Volk seine Herkunft, Geschichte und Kultur vernachlässigt und verliert. Der wichtigste Schlüssel zu unserer Kultur ist die Sprache, und ein wichtiger Schlüssel zur Spracherlernung und -beherrschung ist die Schule, also das Unterrichtswesen. Deshalb legen wir von jeher so viel Augenmerk auf unsere Sprache und auf die Entwicklung im Schulwesen. Das müssen wir auch weiterhin tun.

Als Mitglied der ersten Gesetzgebungs- Kommission des Landtags habe ich die Möglichkeit, wichtige Vorschläge noch vor der Diskussion im Landtag einfließen zu lassen. Folgende Herausforderungen stehen in diesem Bereich an:


Die Festschreibung des Bezuges auf die christlichen Wurzeln im neuen Bildungsgesetz. Der Landesschulrat hat letzthin die Festschreibung eines konkreten Bildungsauftrages in diesem Sinne abgelehnt. Dieser Auftrag hätte die Verbreitung und Festigung einer europäischen Kultur und Bürgerschaft bedeutet, welche auf christlichen Wurzeln aufbaut.

Weiters geht es um Spracherlernung und Sprachpflege. Wir sind nicht gegen die Erlernung anderer Sprachen, ganz im Gegenteil, unsere jungen Leute sollen so viele Sprachen als möglich lernen können, aber die Muttersprache darf nicht vernachlässigt werden. Im Baskenland und in Katalonien bedarf es beispielsweise größter Anstrengungen, um etwas von dem wett zu machen, was in den Jahrzehnten der Sprachzerstörung verloren gegangen ist. Immer mehr geht man in Richtung unseres noch bestehenden Südtiroler Modells, nämlich alle Fächer in der Muttersprache zu unterrichten, um sicher zu stellen, dass die Kinder und Jugendlicher in der eigenen Muttersprache gefestigt werden. So schnell als möglich will man weg vom zweisprachigen Modell, weil das Baskische nicht genügend vermittelt wird. Und bei uns beginnt man, das untergraben zu lassen, was dem italienischen Staat unter größten Opfern abgerungen worden war, nämlich die deutsche Schule. Wie schnell der Sprachverlust einher geht, zeigt auch das Beispiel der Tibeter in Nordindien, die dort eine sehr starke Gemeinschaft haben (kurz erklären).

Gefordert sind wir auch, wenn es um existentielle und Autonomiefragen geht, und natürlich auch um kulturelle, wie jene der Ortsnamen. Darauf und auf mehr wird Sven Knoll eingehen.

Abschließend ermutige ich alle hier, weiterhin mit viel Schwung und Kraft das zu vertreten, wofür wir stehen: für Heimat, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit!

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