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„Gelbe Fischerei“ im „Hochetsch“ (von Cristian Kollmann)

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Eine bekannte und sehr gut frequentierte Eisdiele an der Bozner Talferbrücke bietet für die deutschsprachigen Gäste höchst exotische Eissorten an: „Walnussbaum“, „Kokospalme“, „Englische Suppe“, „Streicht Sizilianerin“ und „Gelbe Fischerei“. Die italienischen Gäste bekommen dagegen keinen Baum, also nur „noce“ und „cocco“ verabreicht, und außerdem weder eine richtige Suppe noch eine leibhaftige Sizilianerin, sondern nur eine „zuppa inglese“,  und eine „cassata siciliana“. Auch eine Art Fischeis, das es tatsächlich geben soll, bleibt den Italienern verwehrt, und sie müssen sich mit einer gewöhnlichen Sorte „pesca“ begnügen. Dass mit dieser Aktion unsere italienischen Mitbürger klar diskriminiert werden, liegt auf der Hand: Warum müssen sie sich schon wieder mit dem Gewöhnlichen begnügen?

Jetzt aber im Ernst: So amüsant diese „Übersetzungen“ und so köstlich die Geschmacksrichtungen für den deutschsprachigen Gast auch klingen mögen, so peinlich und beschämend sind sie zugleich. Wie kann es sein, dass derartige Fehlübersetzungen bisher noch niemandem aufgefallen sind? Sind wir bereits so sehr altoatesinisiert, dass wir die sprachlichen Unrichtigkeiten im Deutschen einfach gar nicht mehr wahrnehmen? Genau so wie bei jenen Ortsnamen, die im Faschismus auf dieselbe dilettantische Weise „übersetzt“ wurden? Beispiele dafür gäbe es in großer Überzahl. Hier eine Auswahl in alphabetischer Reihenfolge:

„Alto Adige“ für Südtirol = „Hochetsch“,

„Collalbo“ für Klobenstein = „Weißbichl“,

„Colle Isarco“ für Gossensaß = „Eisackbichl“,

„Madonnina“ für Gismann = „Unser Frauele“

„Prato alla Drava“ für Winnebach = „Drauwiese“,

„Nova Levante“ für Welschnofen = „Ostnofen“

„Nova Ponente“ für Deutschnofen = „Westnofen“

„Oltrisarco“ für Unterau bei Bozen = „Überseisack“

„Rio Pusteria“ für Mühlbach = „Pustertal-Bach“,

„San Valentino alla Muta“ für Sankt Valentin auf der Haide = „Sankt Valentin an der Maut“

„San Valentino in Campo“ für Gummer = „Sankt Valentin im Felde“

„Sonvigo“ für Aberstückl = „Oberstes Gehöft“

„Spelonca“ für Spiluck = „Spelunke“

„Val d’Ultimo“ für Ultental = „Letztental“

„Vetta d’Italia“ für Klockerkarkopf = „Italiengipfel“

„Villa Ottone“ für Uttenheim = „Otto-Dorf“

Wenn es nach der Südtiroler Volkspartei und den Grünen geht, sollen all diese pseudoitalienischen und faschistisch belasteten Namen weiterhin amtlich gebraucht werden. Schließlich signalisiere man als Südtiroler mit dem Festhalten an Tolomeis Namen und an den Symbolen des Faschismus die Bereitschaft zur „Vernunft“, zur „Toleranz“ unseren italienischen Mitbürgern gegenüber, zu einem „friedlichen Zusammenleben“, ja gar zur „Weltoffenheit“ – alles Tugenden, die man von den Italienern offenbar nicht erwarten darf?

Cristian Kollman

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