In Süd-Tirol liegt die Wiege des Landes Tirol, welches über Jahrhunderte eine geistige, kulturelle und politische Einheit bildete. Hier lebte das Volk frei und unabhängig, bis in der Folge des 1. Weltkrieges, willkürlich eine Unrechtsgrenze mitten durch das Land gezogen und Tirol somit in 3 Teile geteilt wurde.
Süd-Tirol, das nie zuvor zu Italien gehört hatte und dessen Sprache und Kulturnicht italienisch waren, wurde gegen den Willen der Bevölkerung von Italien annektiert und in der Folge immer wieder Opfer einer staatlich geförderten Assimilierungs- und Italienisierungspolitik.
Ähnlich wie Süd-Tirol erging es auch anderen Ländern und Minderheiten. Die Ausbeutung der ehemaligen Kolonialgebiete, die Teilung Deutschlands, die Unterdrückung der Basken und Katalanen, oder die repressive Politik im einstigen Bund jugoslawischer Staaten, sind dabei nur einige Beispiele aufoktroyierter Fremdbestimmung und staatlicher Unterdrückung.
Die Geschichte hat jedoch gezeigt, dass die Fremdbestimmung von Völkern und Regionen, auf Dauer nicht aufrecht zu erhalten ist und sich letztlich der Freiheitsdrang durchsetzt.
Bereits in der Atlantikcharta von 1941 wurde festgelegt, dass „Annexionen fremder Territorien als ungültig bezeichnet werden, solange nicht der
Überwechsel zum neuen Staat von der Bevölkerung des eroberten Gebietes bejaht wird.“
Dieses Recht auf Selbstbestimmung wurde dann in der Generalversammlung derUNO von 1966, in Artikel 1 der Menschenrechtspakte festgelegt. Italien hat vor 30 Jahren, am 25. Oktober 1977, mit Gesetz Nr. 881 die UNO- Menschenrechtspakte ratifiziert und damit zu geltendem staatlichem Recht erklärt. Art. 1 besagt: "Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechtes entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung."
Seitdem Italien die Menschenrechtspakte als rechtliche Verbindlichkeit festgeschrieben hat, kann Süd-Tirol die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes konkret einfordern. Diesbezügliche Schritte sind bis heute von Seiten der offiziellen Süd-Tiroler Politik jedoch nicht eingeleitet worden, wohl aber hat der frühere italienische Staatspräsident Francesco Cossiga die Initiative ergriffen.
Zu verweisen ist auf die Entwicklung in anderen europäischen Ländern, wo die Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes zu Normalität geführt hat und endlich zu Befriedung führen soll: Slowenien und Montenegro sind Kraft Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes zu unabhängigen Staaten mit aufstrebender Wirtschaft geworden. Der Landeshauptmann des Baskenlandes hat kürzlich einen konkreten Zeitplan zur Abhaltung des entsprechenden Referendums vorgestellt. Schottland ist auf dem Wege zur Unabhängigkeit; Wales plant für
das Jahr 2011 ein Unabhängigkeits- Referendum, wie es Katalonien für 2014 anstrebt.
Die gewählten Volksvertreter und Parlamente dieser Länder setzen seit Jahren konkrete politische Schritte zur Einleitung der Abstimmungen, mit dem Ziel, im Sinne der UNO – Menschenrechtspakte endlich frei den politischen Status für die eigene Zukunft wählen zu können. Die regierenden Parteien in diesen Ländern machen sich zu überzeugten Fürsprechern der Freiheit ihrer Völker.
Mit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, am 17. Februar 2008, hat sich ein weiteres Mal das Freiheitsbestreben und somit das Recht eines Volkes, selbst über die eigene Zukunft zu entscheiden, über alle Widerstände hinweggesetzt.
Mehr noch, wurde durch die sofortige Anerkennung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung durch die meisten Staaten, damit auch das Recht auf Sezession über die Unantastbarkeit der staatlichen Integrität gestellt und somit international anerkannt. Auch Italien hat dem sofort und bedingungslos zugestimmt.
Wenn dem Kosovo international das Recht auf Sezession zugesprochen wurde, obgleich das Gebiet historisch mit Serbien zu assoziieren ist, so
muss dieses Recht auf Sezession erst recht für Süd-Tirol gelten, auf welches Italien weder historisch, noch kulturell ein Anrecht geltend
machen kann, und dessen Annexion 1920 mit Gewalt und vor allem gegen den ausdrücklichen Willen der Bevölkerung erfolgte!
Als jüngstes Beispiel angewandter Selbstbestimmung sei Grönland genannt, dessen Bevölkerung sich am 25. November 2008, in einer freien und demokratischen Abstimmung, für eine weitestgehende Unabhängigkeit von Dänemark aussprach.
Dänemark büßt damit nicht nur die Souveränität auf fast 90 Prozent seines staatlichen Territoriums ein, sondern verliert durch die Unabhängigkeit Grönlands auch den Zugang zu enormen Erdölvorkommen und sonstigen Bodenschätzen, die für die Wirtschaft Dänemarks von erheblicher Bedeutung sind.
Nichts desto trotz hat Dänemark der Bevölkerung von Grönland aber das Recht zugestanden, selbst über die eigene Zukunft zu entscheiden und somit Artikel 1 der Menschenrechtspakte über das eigene nationale Interesse gestellt.
Durch dieses Vorgehen wurde die Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes in Europa ein weiteres Mal als legitimes Mittel der Völker und Regionen bekräftigt, sich mittels einer freien und demokratischen Volksabstimmung aus einem Staat zu lösen.
Es steht somit außer Zweifel, dass dasselbe Recht auch in Süd-Tirol gelten müsste und somit zur Anwendung kommen würde.
Süd- Tirol sollte sich ein Beispiel an diesen Ländern nehmen und die nächsten Jahre, aber vor allem die politische Dynamik des Gedenkjahres 2009, daher konsequent für die Ausübung der Selbstbestimmung nutzen. Die Zeit dafür ist in Süd-Tirol längst reif, und immer mehr Süd-Tiroler sind davon überzeugt, dass sie im Staat Italien keine Zukunft haben!
Deshalb bezeichnet der Süd-Tiroler Landtag, in Berufung auf die Atlantikcharta von 1941, die Annexion fremder Territorien, die gegen den Willen der angestammten Bevölkerung erfolgen, als unrechtmäßig.
Der Süd-Tiroler Landtag bekennt sich zum Selbstbestimmungsrecht der Völker und befürwortet die Abhaltung eines Referendums im Sinne von Art. 1 der UNOMenschenrechtspakte in Süd-Tirol.
Er beauftragt den Landeshauptmann, einen genauen Zeit- und Aktionsplan für die Durchführung der dazu notwendigen Schritte zu erstellen und diese konkret einzuleiten.
12. Dezember 2008
L. Abg. Sven Knoll
L. Abg. Dr. Eva Klotz
L. Abg. Pius Leitner
L. Abg. Ulli Mair
L. Abg. Sigmar Stocker
L. Abg. Roland Tinkhauser
L. Abg. Thomas Egger