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Heftige Debatte zu Antrag der SÜD-TIROLER FREIHEIT

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Heftige Debatte zu Antrag der SÜD-TIROLER FREIHEIT

Die SÜD-TIROLER FREIHEIT beantragte, dass sich der Landtag für eine umgehende Begnadigung der verbliebenen Südtiroler Freiheitskämpfer ausspricht und den Justizminister und den Staatspräsidenten auffordert, die ausstehenden Begnadigungen unverzüglich in Angriff zu nehmen.
Diese Männer hätten sich, vergleichbar mit den Partisanen, gegen die verbrecherischen Methoden eines Staates gewehrt, der Südtirol unterdrücken und italianisieren wollte, erklärte Sven Knoll. Es sei auch ein Akt der Menschlichkeit, um diesen Menschen die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen. Sie seien nicht vor der Justiz geflüchtet, sondern vor der Folter. Knoll verlas Stellen aus einem Brief eines ehemaligen Häftlings, der von den Folterungen berichtete.

Alessandro Urzì (PDL) zeigte sich darüber verwundert, dass dieser
Antrag zur Diskussion zugelassen wurde. Hier würden Lügen verbreitet.
Der sog. Folterbrief stamme aus einem Buch, das von einem Verlag mit
eindeutigen Nazitendenzen veröffentlicht wurde. Auch die medizinischen
Gutachten, die von den Häftlingen in Auftrag gegeben wurden, hätten die
Folter ausgeschlossen. Der Antrag mystifiziere Terroristen und stelle
sich somit außerhalb der Demokratie.

Hans Heiss (Grüne) bezeichnete das Anliegen als verständlich,
schließlich habe es in Italien in den letzten Jahren auch öfters eine
Amnestie gegeben. Eine Begnadigung setze aber eine Gewisse Reue voraus,
und etwa ein Siegfried Steger habe nie sein Bedauern für die
italienischen Opfer der Attentate ausgedrückt. Die Attentäter hatten
ihre Motive, die zum Teil auch berechtigt waren, und die Reaktion des
Staates sei nicht angemessen gewesen, aber die Attentäter hätten in
manchen Fällen auch schwere Schuld auf sich geladen. In den letzten
Jahren habe der Staat ein gewisses Entgegenkommen gezeigt.

Man sollte die Folterberichte nicht danach beurteilen, wer sie
abgedruckt habe, erklärte Pius Leitner (F). Nun gehe es um einen Akt
der Menschlichkeit. Die Freiheitlichen seien dafür, diesen Schritt
endlich zu unternehmen.

Eva Klotz (S-TF) bat Urzì, sie und Knoll anzuzeigen, denn dann könne man
in einem Gerichtsverfahren den wahren Sachverhalt klären. Trotz
einwandfreier Beweislage seien die Folterer seinerzeit freigesprochen
worden, genauso wie es in Italien nie eine Verurteilung wegen eines
Kriegsverbrechens in Äthiopien gegeben habe. Was die Reue betreffe, so
habe Siegfried Steger in einem Interview mit RTTR eindeutig gesagt,
dass er die Toten bedaure. Gleichwohl sei seiner Gruppe mehr
zugeschrieben worden als sie zu verantworten habe.

Veronika Stirner Brantsch (SVP) wandte sich gegen die Äußerungen Urzìs.
Es sei eine Frechheit, von Fälschungen zu sprechen, es sei erwiesen,
dass es Folterungen gegeben habe. In dem Antrag werde übrigens auch auf
die Tragik der Opfer der Anschläge eingegangen.

Man sehe, dass dieses Thema vielen zu Herzen gehe, meinte Donato Seppi
(Unitalia),
aber mit Emotionen sei es nicht zu lösen. Er warnte davor,
leichthin von „kriminellen Methoden“ des Staates zu reden, und der
Vergleich mit den Partisanen sei unschmeichelhaft – abr nicht für die
Partisanen. Ebenso sei der Vergleich mit den Rotbrigadisten falsch –
diese hätten um Gnade angesucht, die Südtiroler nicht, und darin seien
sie kohärent.

Man werde der Sache nur gerecht, wenn man auch den humanitären Aspekt
mit einbeziehe, meinte Andreas Pöder (UfS). Der italienische Staat
müsse handeln, solange die Begnadigungen noch Sinn hätten.

Es wäre an der Zeit, den Konflikt beizulegen, meinte Riccardo Dello
Sbarba (Grüne)
. Beide Seiten müssten aufeinander zugehen. Dafür müsste
es aber auch die Reue geben, und die fehle bis jetzt. Mancher der
Attentäter habe die Opfer generell bedauert, sie gleichzeitig aber als
Kollateralschäden abgetan. Dello Sbarba sprach sich gegen den Antrag
auch wegen der Wortwahl aus: Der Landtag sei nicht dazu berufen, den
Attentätern, den Stempel der „Freiheitskämpfer“ aufzudrücken, diese
Bezeichnung sei Gegenstand einer breiten politischen Debatte.

Das Gute an dem Antrag sei, dass er dem Landtag Gelegenheit, auch an
die 17 Opfer der Attentate zu erinnern, darunter auch Zivilisten,
meinte Mauro Minniti (PDL). In einer Demokratie müsse ein Konsens
darüber herrschen, dass man Gewalt ablehne, und dass sollte man bei
einem solchen Antrag wenigstens berücksichtigen. Minniti zitierte
medizinische Prozessgutachten, wonach die Attentäter Höfler und Gostner
nicht an der Folter gestorben seien. Zur Begnadigung, die eine
Angelegenheit höherer Stellen sei, habe sich der Staatspräsident
bereits ausgesprochen.

Sigmar Stocker (F) appellierte an Urzì, auch in der politischen Debatte
die Form zu wahren, damit man zivilisiert miteinander reden könne. Es
gehe beim Antrag nur um einen Akt der Menschlichkeit.

Auch die Witwe und die Kinder des Soldaten, der beim Attentat umkam,
würden zum Friedhof gehen, erklärte Elmar Pichler Rolle, auch das bitte
er die Einbringer zu berücksichtigen. Es gehe um einen Akt der
Menschlichkeit, und es stelle sich die Frage, ob dieser Akt wirklich
hilfreich sei. Aus Gesprächen mit höchsten österreichischen Stellen
wisse er, dass Publizität hier wenig nützlich sei. Die SVP stimme zwar
nicht den Prämissen zu – das Wort „Freiheitskämpfer“ sollte etwa mit
„Aktivisten“ ersetzt werden –, wohl aber dem beschließenden Teil des
Antrags. Wenn man aber das Klima so aufheize wie in den letzten
Monaten, dann werde man das Klima so aufheizen, dass einige junge
Menschen die Botschaft falsch verstehen und Unbedachtsamkeiten begehen,
warnte Pichler Rolle.

Alessandro Urzì beantragte die namentliche Abstimmung, damit
festgeschrieben sei, wer sich in diesem Augenblick wie verhalten habe.

Sven Knoll betonte, dass in den Prämissen des Antrags sehr wohl die
Opfer gewürdigt wurden; jedes Opfer sei eines zu viel, egal auf welcher
Seite. Knoll verteidigte auch den Ausdruck „Freiheitskämpfer“, denn es
sei nicht gegen die Italiener oder gegen den Staat gegangen, sondern
dagegen, was dieser Staat damals getan hat. Auch LH Durnwalder verwende
den Begriff.

LR Berger plädierte dafür, den Begriff „Südtiroler Freiheitskämpfer“ zu verwenden, das sei wesentlich.

Die Prämissen des Antrags wurden mit 9 Ja- und 24 Neinstimmen
abgelehnt, der beschließende Teil mit 26 Ja-, 7 Neinstimmen (PDL,
Grüne, Unitalia und LR Tommasini) und 1 Enthaltung (Artioli) genehmigt.

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