Die italienischen Namen seien von Nationalisten erfunden und von den Faschisten eingeführt worden, stellte Sven Knoll (SÜD-TIROLER FREIHEIT) fest. Manche Namen seien auch nach dem Faschisten eingeführt worden. Es sei eine Geschichtsfälschung mit dem Zweck, das Gebiet zu italienisieren. In den Gemeinden, in denen keine Italiener leben, könne man es den Menschen schwer erklären, dass ihre Gemeinde einen Italienischen Namen tragen müsse. Die SÜD-TIROLER FREIHEIT wolle nicht zum Jahr 1922 zurück, sie wolle die historisch gewachsenen Namen. Steinhaus brauche keinen italienischen Namen, weil dort keine Italiener lebten, Bozen schon.
Den Italienern werde nichts genommen, vielmehr sei den Deutschen bisher
etwas aufgezwungen worden. In Südtirol gebe es ein friedliches
Nebeneinanderleben, der Wohlstand lasse vieles vergessen. Wenn es
einmal zu Verteilungskämpfen kommen würde, dann wäre es gefährlich,
wenn diese Probleme noch bestehen würden. Friedliches Zusammenleben
könne nicht darin bestehen, dass immer nur die deutsche Volksgruppe
etwas zu geben habe. Knoll fragte, welches denn der Beitrag der
italienischen Volksgruppe zum Zusammenleben sei.
Knoll habe zum Dialog aufgefordert, gleichzeitig stelle er sich gegen
den von ihr geforderten Tisch, stellte Elena Artioli (Lega) fest. Man
müsse einen Kompromiss finden, und zwar nicht nur zwischen Pichler
Rolle und Tommasini, denn die Sache gehe die ganze Volksgruppe etwas an.
Bereits 1946 hätte man die Möglichkeit, das Problem zu lösen, meinte LH
Luis Durnwalder, aber durch Einführung der deutschen Namen und unter
Beibehaltung der Zweisprachigkeit. Magnago und die Seinen hätten sich
dafür entschieden, die Sache erst später anzugehen. Auch später, bei
der Festlegung der 137 Maßnahmen, sei die Sache unzufriedenstellend
angegangen worden: Einerseits sei ein Landesgesetz zur Toponomastik
vorgesehen worden, andererseits die Zuständigkeit der Region für die
Gemeindenamen. Der Gemeindenverband sei der Meinung, dass für die
Gemeindenamen immer die Region zuständig sei.
Immer wieder habe das Thema auch im Koalitionsprogramm Platz gefunden.
Durch das Hinausschieben werde das Problem nur verschärft, da sich die
Kontrahenten in ihren Positionen einigeln. Es brauche eine für alle
akzeptable Lösung.
Tolomei habe die Namen oft verfälscht, und das sei keine akzeptable
Basis. Eine „Malga Covolo“ habe keine Existenzberechtigung; Almen seien
meistens nach dem Hof ihrer Besitzer benannt worden, und eine
Übersetzung der Höfenamen wäre eine Unverfrorenheit. Es gehe nicht,
alle italienischen Begriffe zu belassen, aber es gehe auch nicht, alles
Italienische zu löschen. Italienische Gemeindenamen etwa seien seit 90
Jahren im Gebrauch, und das müsse man akzeptieren.
Der Begriff Toponomastik sei genauer zu definieren. Bei der
Unterzeichnung des Pariser Vertrages habe man sicher nicht an jede Alm
und jeden Bach gedacht. Urzì habe Recht, wenn er meine, auch kleine
Orte könnten bekannt sein, aber dies müsse man eben genauer erheben. Es
brauche einen Sinn fürs Gewachsene, aber auch fürs Machbare. Mit etwas
gutem Willen werde sich ein tragbarer Kompromiss finden, und wenn es
Zweifel gebe, dann müsse man die Bevölkerung nach den Namen fragen.
Wenn man mit dem Kopf durch die Wand wolle, dann lande man vor dem
Verfassungsgericht. Und auch vor den internationalen Gremien werde nur
Bestand haben, was auch einen Sinn habe.
Durnwalder sprach sich auch gegen die Prozentlösung der Freiheitlichen
aus. Damit könnten auch grobe Geschichtsfälschungen saniert werden.
Pius Leitner (F) plädierte dafür, das Problem endlich zu lösen, auch,
weil man nicht zusehen könne, wie der Alpenverein täglich angeklagt
werde. Die Prozentlösung sei als Kompromiss gemeint, und sie gehe auf
eine UNO-Empfehlung zurück. Sie bedeute jedenfalls nicht, dass man
Tolomeische Fälschungen übernehmen müsse Leitner kritisierte Urzì, der
dieses Thema immer sehr emotional angehe. Friedliches Zusammenleben
könne nicht bedeuten, dass die deutsche Volksgruppe immer zurückstecken
müsse.
Eva Klotz (SÜD-TIROLER FREIHEIT) wandte sich gegen die Prozentlösung, denn damit würde
man auch Fälschungen endgültig absegnen, ebenso gegen die
Unterscheidung in Mikro- und Makrotoponomastik. Auch Durnwalders
Kompromiss würde vor dem Verfassungsgericht landen, meinte Klotz. Wenn
die gewachsenen Namen ein hohes Gut darstellten, dürfe man den langen
Weg bis zu den internationalen Instanzen nicht scheuen. Kein Volk in
Europa würde sich eine solche Kulturschande wie die übersetzten Namen
zu eigen machen. Die Ortsnamen hätten eine gewisse Mobilität, wie Hans
Heiss meinte, aber das heiße nicht, dass man Fälschungen akzeptieren
müsse. Der Vorschlag der Süd-Tiroler Freiheit belasse viele
italienische Namen, darunter alle Namen von Heiligen. Wenn man, wie in
Durnwalders Vorschlag, auch kleine Bäche, die durch mehrere Gemeinden
fließen, zweinamig belasse, so werde das Verfassungsgericht dies auch
für kleine Ortschaften einfordern. Selbstverständlich könnten für neue
Örtlichkeiten auch neue Namen vergeben werden, Urzì habe den
Pasqualihügel als Beispiel genannt.
Man wolle niemandem etwas wegnehmen. Es gebe viel kulturbewusste
Italiener, die die faschistische Toponomastik nicht akzeptierten, diese
würde die Italiener daran hindern, endlich in „Sudtirolo“ anzukommenund die Tiroler Identität des Gebietes zu akzeptieren. Wenn man die
Situation so belasse, würden die italienischen Namen langsam ins
Kulturgut übergehen. Urzì finde die Lösung in Aosta akzeptabel, weil
die Namen dort romanischer klängen; dies könne aber nicht das Kriterium
sein.
Die Leute hätten andere Probleme, sei vielfach behauptet worden. Man
müsse sich fragen, ob man diese lösen könne, wenn man nicht einmal
diese wichtige Frage lösen könne. Die Namen seien die Seele unserer
Heimat, sie machten eine Naturlandschaft erst zur Kulturlandschaft.
Klotz forderte LH Durnwalder auf, Mut zu zeigen und
Führungspersönlichkeit. Ansonsten bürde er dem Land ein schweres Erbe
auf, nämlich eine historische Fälschung zum Kulturgut erklärt zu haben.
Der größte Feind einer ehrlichen Lösung sei die Ignoranz der eigenen
Leute.
Der Beschlussantrag der Freiheitlichen wurde mit 6 Ja, 20 Nein und 2
Enthaltungen, der Gesetzentwurf der SÜD-TIROLER FREIHEIT mit 8 Ja und
21 Nein abgelehnt.