SÜD-TIROLER FREIHEIT und Freiheitliche forderten die Landesregierung auf, die Wiedereinführung der faschistischen Ortsnamensdekrete anzufechten, beim Verfassungsgericht und, wenn nötig, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Eva Klotz erinnerte daran, dass es um insgesamt drei Dekrete gehe. Mit dem ersten Dekret seien noch nicht alle Übersetzungen eingeführt worden. Es sei an der Zeit, dass der Landtag dazu eindeutig Stellung nehme.
Einige Protagonisten dieser Tage
hätten den Menschen offensichtlich etwas vorgemacht, meinte Pius
Leitner. Der Landeshauptmann habe deutliche Worte zur Wiedereinführung
dieser Dekrete gesagt. Das Autonomiestatut sei hier verletzt worden –
wenn der Landeshauptmann konsequent sei, müsse er jetzt die
Selbstbestimmung ausrufen.
Die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes sei irrational, meinte
Alessandro Urzì. Das Land habe sein Ortsnamensgesetz noch nie
verabschiedet, bis dahin bleibe die Zuständigkeit beim Staat.
Der Faschismus sei eine historische Epoche, wie der Nationalsozialismus
oder der Kommunismus, meinte Donato Seppi, deswegen müsse nicht gleich
alles in dieser Zeit faschistisch sein.
Das Zusammenleben könne auch nicht darauf aufbauen, dass man den
Deutschen und Ladinern Namen aufzwingt, entgegnete Sven Knoll. Das
genannte Dekret, wenn man es wieder einführe, sei ein klarer Bruch des
Pariser Vertrages, denn es sehe Maßnahmen zu einer „schnellen und
effizienten Italienisierung des Hochetsch“ vor. Mit der
Wiedereinführung ergäben sich auch Widersprüche; Aldino z.B. werde
damit Valdagno.
Die Dekrete waren Akte einer antidemokratischen Regierung und
Mussolini, erklärte Riccardo Dello Sbarba, sie waren ein Akt des
Kolonialismus und der Unterdrückung. Nicht alles Italienische sei
faschistisch, gleichzeitig dürfe nicht alles Faschistische italienisch
sein oder bleiben.
Andreas Pöder hielt die Stellungnahme Dello Sbarbas für bemerkenswert.
Die beiden Anträge seien wichtig, damit die Landesregierung in ihrer
Absicht, den Rechtsweg zu beschreiten, auch den offiziellen Auftrag des
Landtags habe.
Das Zurückrudern der Regierung komme zu spät, meinte Elmar Pichler
Rolle. Die Wiedereinführung solle mit allen Mitteln verhindert werden.
Man wolle nicht alles Italienische auslöschen, man wolle feststellen,
welche Namen wirklich im Gebrauch seien. Die Namen der Gemeinden und
andere wichtige Namen würden zweisprachig bleiben. Er hoffe, dass man
dereinst über eine Lösung auch mit Urzì und Seppi reden könne.
Elena Artioli sprach sich für die Anerkennung der deutschen und
ladinischen Ortsnamen aus. Sie habe mit der römischen Aktion nichts zu
tun, sie sei darüber nicht informiert worden.
Thomas Egger bezeichnete die Wiedereinführung dieser Dekrete als
Provokation. In Deutschland wäre so etwas undenkbar. Hier könne man von
Postfaschismus sprechen. Egger rief den Landeshauptmann auf, seine
Pflicht zu tun und dagegen rechtlich vorzugehen. Die Toponomastikfrage
selbst sei aber im Landtag zu lösen.
Er sei mit beiden Anträgen voll einverstanden, erklärte LH Luis
Durnwalder. Aber es habe wenig Sinn, dass der Landtag die
Landesregierung zu etwas auffordere, was sie bereits beschlossen habe.
Man könne nicht so tun, als wäre die Landesregierung noch nicht aktiv
geworden. Die Rechtsämter würden sagen, ob die Wiedereinführung
anfechtbar sei. Wahrscheinlich schon, denn die genannten Dekrete
stünden im Widerspruch zum Statut. Durnwalder forderte die Einbringer
auf, ihre Anträge dementsprechend abzuändern, indem die Landesregierung
ersucht werde, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.
Der so abgeänderte Antrag wurde mit 28 Ja, 3 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.