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Bericht von der Zukunftstagung über „Südtirol und das Vaterland Österreich“

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Verschiedene Experten und Vertreter von FPÖ, Süd-Tiroler Freiheit, der Freiheitlichen und der UfS berieten erfolgreich Süd-Tirols Zukunft auf einer Tagung über „Südtirol und das Vaterland Österreich“ im Alpenhotel Speckbacherhof in Gnadenwald. Dabei wurde auch die Plattform „Landes-Einheit-Tirol“ gegründet.

 „Gerade jetzt besteht die Notwendigkeit, Maßnahmen für Süd-Tirol zu
setzen: Italiens Außenminister Frattini will die ‚Privilegien‘
Süd-Tirols abschaffen, Minister Brunetta meint, der Sonderstatus für
manche Regionen soll bald der Vergangenheit angehören und andere, etwa
auch LTAbg. Giorgio Holzmann, fordern die Abschaffung der vierjährigen
Ansässigkeitsklausel. Diese Ankündigungen sind sämtlich auf eine
massive Einschränkung der Autonomie gerichtet“, erklärt
FPÖ-Süd-Tirol-Sprecher NAbg. Werner Neubauer, Organisator der
Zukunftstagung „Süd-Tirol und das Vaterland Österreich“, welche am 17.
und 18. Februar 2010 in Gnadenwald stattfand.

Die
Bundesregierung und ihr Kanzler hätten sich sowohl hier, als auch
hinsichtlich zahlreicher Vorfälle, etwa im Zusammenhang mit der
Missachtung der Zweisprachigkeitspflicht bei Behörden in Süd-Tirol,
immer verschwiegen, so Neubauer: „Insbesondere die ÖVP glaubt, die
Autonomie sei ohnehin durch die UNO garantiert und habe internationale
Vorbildwirkung. Zudem ist die Europa-Region, die den Menschen
vorgegaukelt wird, keineswegs auf Schiene, tatsächlich ist diese
nämlich ohne Rechtsgrundlage.“

Die Süd-Tiroler Vertreter hielten
fest, dass zwar der Italiener-Anteil in Süd-Tirol, nachdem er bis in
die 1960er Jahre auf 35 % gestiegen war, mittlerweile wieder auf 26 %
gesunken sei, es gleichzeitig aber zur Massenzuwanderung aus der
dritten Welt komme, was eine Gefahr für die deutsche Volksgruppe
darstelle: „Der Ausländeranteil wird in den nächsten zehn Jahren von 5
% auf 14 % steigen, 25.000 neue Wohnungen werden errichtet werden
müssen. Die meisten Zuwanderer werden sich bei Einbürgerung als
Italiener deklarieren! In 25 Jahren werden Deutsche und Ladiner nicht
mehr die Bevölkerungsmehrheit in Süd-Tirol stellen. Deshalb gilt es,
jetzt zu handeln und jetzt Lösungen zu finden.“

Eine dynamische
Weiterentwicklung der Autonomie finde nicht mehr statt, im Gegenteil
sei der Ist-Bestand gefährdet, eine Einklagbarkeit des
Selbstbestimmungsrechts problematisch, meinten etwa Pius Leitner und
Sven Knoll: „Das Autonomiestatut lässt etwa die Ortsnamenfrage oder die
Teilung Ladiniens offen. Auch die Streitbeilegungserklärung von 1992
ist unzureichend, enthält aber die wichtige Bestimmung, dass die
Autonomie nur zweiseitig abgeändert werden kann. Es besteht zudem die
Rechtsmeinung (Prof. Ermacora, Dr. Zeller u.a.), dass die
Paketbestimmungen als praktische Ergänzung zum Pariser Vertrag
eingeklagt werden können.“

Univ. Prof. Dr. Peter Pernthaler
erklärte, das Selbstbestimmungsrecht sei ein Grundrecht der Völker. Es
brauche allerdings eine Schutzmacht, die dieses Recht auf
völkerrechtlicher Ebene umsetze: „Österreichs Schutzmachtstellung ist
daher wichtig. Das Selbstbestimmungsrecht verwirklicht sich nicht von
allein!“
Die Schutzmachtfunktion Österreichs sei rechtlich schon
bisher durch das Pariser Abkommen sowie die Streitbeilegungserklärung
aus dem Jahr 1992 verankert.
Das Selbstbestimmungsrecht könne
durch eine Rückkehr nach Österreich oder einen  Freistaat Süd-Tirol
verwirklicht werden, schilderte Pernthaler: „Eine dritte Möglichkeit
wäre nach Art. 299 EGV-Vertrag die Bildung einer Sonderregion mit
eigenem Statut, wobei hier hoheitliche Rechte Italiens bestehen bleiben
würden (Kondominiums-Lösung). Solche Lösungen bestehen etwa im Bereich
überseeischer Gebiete von EU-Staaten.“ Für die Geltendmachung der
Selbstbestimmung genüge im Übrigen ein Beschluss des Süd-Tiroler
Landtags, eine Volksabstimmung sei nicht zwingend erforderlich.

BM
a.D. Univ. Prof. Dr. Hans Klecatsky
wies auf die Notwendigkeit einer
verfassungsrechtlichen Bestimmung hin, welche die Frage des
Selbstbestimmungsrechts positiv beantworte: So sollte Art. 2 Abs. 2
B-VG bei der Aufzählung der Bundesländer „Tirol in seiner Einheit unter
Wahrung und Entfaltung der Selbstbestimmung des abgetrennten
Süd-Tiroler Volkes“ enthalten. „Die Bisherige rechtliche Verankerungen
der Selbstbestimmung wie die Präambel zur Tiroler Landesordnung, welche
die ‚geistige und kulturelle‘ Landeseinheit vorsieht, sind
unzureichend. Eine Präambel als solche allein ist zudem nur eine
Zielbestimmung. Handeln müssen wir jetzt: Durch den Lissabon-Vertrag,
welcher der EU Rechtspersönlichkeit zugesteht, entsteht eine für uns
gefährliche Situation. Es braucht eine Identitätserklärung Österreichs,
bevor uns die EU  daran hindert“, äußert sich Klecatsky.

LTAbg.
Pius Leitner (Die Freiheitlichen)
erklärte, seit 1992 habe es kein
neues großes volkstumspolitisches Projekt mehr in Süd-Tirol gegeben, es
herrsche Stillstand: „Die dynamische Autonomie ist tot. Neue Ideen
müssen von unten, aus dem Volk kommen. Das Recht wird sich dem Druck
des Volkes anpassen müssen, nicht umgekehrt. Eine solche Idee aus dem
Volk wäre ein Freistaat Süd-Tirol. Allerdings müssen dabei die
Italiener in Süd-Tirol eingebunden werden. Die historisch geschaffenen
Realitäten können nicht ignoriert werden. Süd-Tirol wäre als Freistaat
jedenfalls selbsterhaltungsfähig. Diese Lösung erscheint uns als
derzeit bester Weg, den drohenden Abstieg Süd-Tirols zu einer
herkömmlichen italienischen Provinz noch zu verhindern.“

LTAbg.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit)
meinte, in den vergangenen Jahren ist
in Süd-Tirol – vor allem in Jugend-Kreisen – eine neue
Freiheitsbewegung entstanden: „ ‚Los von Rom‘ ist nunmehr ein Thema der
Massen, nicht nur ein Thema für intellektuelle Zirkel. Im Gegensatz
zu anderen Freiheitsbewegungen wird die Süd-Tiroler Freiheitsbewegung
seitens der Medien und bestimmter politischer Kreise allerdings immer
als reaktionär oder gar rechtsextrem dargestellt.“ Dem zugrunde liege
ein falsches Süd-Tirol-Bild, das die realen Auswüchse italienischer
Besatzungspolitik nicht wahrnehme, etwa Misshandlungen durch
Exekutiv-Kräfte, wenn Deutsch-Tiroler ihr Recht auf Gebrauch der
Muttersprache wahrnehmen wollen. Machtdemonstrationen des italienischen
Staates und seiner Behörden sind an der Tagesordnung, die ethnische
Komponente spielt nach wie vor eine Rolle. „Die Autonomie ist nicht
geeignet, die deutsche und ladinische Volksgruppe zu erhalten. Dies
sieht man auch im Vergleich mit anderen Volksgruppen in Europa. Zudem
ist Italien wirtschaftlich am Boden – zu glauben diese negative
Entwicklung werde keine Auswirkungen auf Süd-Tirol haben, ist eine
Illusion. Insbesondere die Folgen der Überschuldung werden auch die
Süd-Tiroler zu tragen haben“, so Knoll.

BM a.D. Dr.
Harald Ofner
kritisierte in seinem Vortrag den Volksgruppen- feindlichen
Rechtsbestand der EU: „Einzig das Verbot der Diskriminierung in der
EU-Menschenrechts-Charta wäre eine Rechtsgrundlage, die allerdings von
politischer Seite falsch ausgelegt wird: So wird behauptet, die
Volksgruppe dürfe nicht diskriminieren, tatsächlich aber muss Sinn
dieser Bestimmung sein, dass die Volksgruppe nicht diskriminiert werden
kann. Zudem ist es Tatsache, dass es von dieser kargen Bestimmung noch
Ausnahmen für bestimmte Staaten (Tschechien, Polen, Vereinigtes
Königreich) gibt.  Dass sich die ‚Wertegemeinschaft‘ dies bieten lässt,
ist beschämend.“ Auch die „Regionen“ in Europa seien fragwürdig:
„Sie bringen den Betroffenen nichts, sondern dienen nur der Aushöhlung
der Nationalstaaten“, so Ofner
Der erste Schritt auf dem Weg zur
Staatsbürgerschaft wäre für den ehemaligen Justizminister eine
rechtliche Gleichstellung der Süd-Tiroler mit Österreichern in einem
Staatsakt.

Mit einem Manifest zur Landeseinheit wurde sodann
eine überparteiliche Plattform „Landes-Einheit-Tirol“ mit dem Ziel, die
getrennten Tiroler Landesteile von Kufstein bis zur Salurner Klause
wieder zusammenzuführen, gegründet. Nur dadurch kann auf Dauer einer
Entfremdung zwischen den Landesteilen entgegen gewirkt und die Einheit
von Sprache, Kultur und Tradition bewahrt werden.

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