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Südtirol und die Wirtschaft: Pleitegeier über Italien

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Südtirol und die Wirtschaft: Pleitegeier über Italien

Auch wenn man es in Österreich nie gern hörte und solche Bestrebungen strafrechtlich verfolgte, hieß es dennoch in den von Österreich annektierten italienischen Gebieten im 19. Jahrhundert: "Italia farà da se" – Italien wird es selber machen. Mithin war gemeint: Italien wird sich selbst befreien, wie sich das der Geheimbund "Giovane Italia" vorstellte. Man versteht es durchaus, daß die Italiener, die zum Teil mehr als tausend Jahre den Deutschen beziehungsweise den Österreichern "zugehörten", also in gewisser Weise fast ununterbrochen abhängig waren, irgendwann versuchen wollten, politisch selbstbestimmt zu wirken und einen eigenen Staat zu bilden. Man sprach von "Risorgimento" und von der Sehnsucht nach den italienischen "unerlösten Gebieten", der "Irredenta".

Andererseits "machte" es Italien seither nie "selbst" oder gar allein,
nicht einmal unter dem "Duce" Mussolini, sondern es war immer im engeren
Sinn abhängig von anderen europäischen und weltbestimmenden
Großmächten, trotz aller finanziellen Fähigkeiten und
Finanzkonzentrationen im Norden, wie sie insbesondere in der Lombardei,
in Piemont und zum Teil im Veneto die Weltentwicklung mitprägten. Ehre
wem Ehre gebührt, aber Realismus gehört auch dazu.
 
So ist es heute noch und schon wieder, aber inzwischen weit stärker als
in den Jahrzehnten nach der seltsamen Zeit von 1943 bis 1945. Italien
war zwar ein integrierender Teil bei der Entwicklung der neu
entstehenden europäischen Vereinigung, jedoch nie so "unabhängig", wie
es selbst gern gewesen wäre und sich heute noch sieht. Jetzt hat es die
Konsequenzen seiner Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte zu tragen.
 
Italien kann heute trotz Überschuldung seine Investitionen zu deutschen
und österreichischen Lasten finanzieren. Ob das der Sinn der Einführung
der Europäischen Währungsunion in Rom war? Man darf es füglich
bezweifeln. Manches geschah allerdings aus politischen Gründen, obwohl
man vielerorts genau wußte, daß man Italien im Grunde nicht in das
Währungssystem aufnehmen durfte.
 
Sicher aber ist: Wenn heute Geld von Rom nach Südtirol fließt, handelt
es sich nicht eigentlich um "italienisches Geld", sondern um "deutsches
Geld" und "österreichisches Geld". Das ist Geld, mit dem man "Europa
stabilisiert", aber auch "die Südtiroler ruhig stellt". Wie das
funktioniert, wird so nach und nach erklärt werden. Jedenfalls geht es
den Südtirolern nicht etwa deshalb "so gut", weil sie zum Staat Italien
gehören, sondern weil sie selbst sehr viel dazu beitragen, indem sie die
finanziell positivste Provinz Italiens – hier allerdings im Vergleich
zu den Regionen Italiens, ohne das Trentino gerechnet – sind und weil
vor allem die BRD und Österreich dafür sorgen, daß Italien sich Südtirol
als reiche Provinz hält. Der Almosen-Fluß von Rom nach Bozen ist in
gewisser Weise politisch begründet, denn allein wären die Italiener und
mit ihnen dann freilich ebenfalls die Südtiroler längst bankrott. Bisher
ging es sich leicht aus und könnte eine kurze Zeit lang auch so
weitergehen, wenn alle es wollten: die einen werden gemolken, die
anderen profitieren davon.
 
Trotzdem kreist jetzt der Pleitegeier über Italien und damit, solange
Südtirol zu Italien gehört, auch über Südtirol. Das ist eine Perspektive
ohne Zukunft für die fleißigen und erstaunlich produktiven Südtiroler.
Es wird eine spannende und aufschlußreiche Diskussion werden, wie und
warum es dazu kam. Und: wie und warum dieses System nicht mehr
funktioniert, obwohl sein Funktionieren doch von allen Seiten erhofft
und gefördert wurde. Von allen Seiten? Falsch: die meisten Südtiroler
traten für die Selbstbestimmung ein und wollten ein derartiges System
überhaupt nicht. Jetzt ist es fast wieder soweit, daß die Südtiroler
sich in ähnlicher Weise entwickeln und wieder zunehmend so empfinden:
das System funktioniert nicht mehr, weshalb Südtirol unter den Störungen
zu leiden haben wird. Das bedeutet in der Konsequenz, daß es besser
wäre, das politische und wirtschaftliche Schicksal in die eigenen Hände
zu nehmen, statt sich vom italienischen Niedergang mitreißen zu lassen.
Man darf mit Interesse in die Zukunft blicken.
 
D. Mair

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