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Gespräch mit dem Quästor

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Gespräch mit dem Quästor

Schnell reagiert hat Bozens Polizeipräsident (Quästor) Dario Rotondi auf den Offenen Brief von Roland Lang, mit dem dieser ersucht hatte, die für alle Süd-Tiroler beleidigende Inschrift am Siegesdenkmal, die nach der Renovierung noch besser lesbar ist, bis zur endgültigen Klärung der Zukunft des Denkmals zu verhüllen. Quästor Rotondi lud daraufhin Roland Lang zu einem Gespräch ein, an dem auch der ehemalige Bozner Vizebürgermeister Oswald Ellecosta und der Brixner Gemeinderat Hartmuth Staffler sowie von Seiten der Quästur Stefano Mamani teilnahmen.

Das beinahe dreistündige Gespräch verlief großteils in freundlicher
Atmosphäre, führte aber zu keiner Annäherung der Standpunkte. Lang,
Ellecosta und Staffler legten dem Quästor dar, dass die Inschrift
beleidigend sei, weil sie die Süd-Tiroler als ein Volk ohne Sprache,
Gesetz und Kultur darstelle. Damit verstoße die Inschrift auch gegen die
Menschenrechtspakte, die jede Diskriminierung aufgrund von Geschlecht,
Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Zugehörigkeit zu einer nationalen
Minderheit usw. verbieten.

Quästor Rotondi vertrat den Standpunkt, dass sich die Inschrift nicht
auf die zeitgenössischen Süd-Tiroler beziehe, sondern sich auf die
Eroberung des Landes vor 2000 Jahren, wie auch aus der lateinischen
Sprache hervorgehe. Es sei unbestreitbar, dass damals die Römer ihre
Sprache, Gesetze und Kultur nach Süd-Tirol gebracht hätten. Diese
Auslegung des Quästors ist allerdings nicht mit dem Inhalt der Inschrift
vereinbar, in der davon die Rede ist, dass „hier die Grenzzeichen des
Vaterlandes“ zu setzen sind. Für die Römer gab es im Gebiet des heutigen
Süd-Tirol keine Grenze. Abgesehen von den kurzfristigen napoleonischen
Grenzziehungen wurde eine Grenze durch Tirol erstmals nach dem Ersten
Weltkrieg gezogen.

Sollte die Inschrift aber dennoch einen strafrechtlich verfolgbaren
Inhalt haben, meinte der Quästor, so sei der Verantwortliche heute nicht
mehr ausfindig zu machen und mit größter Wahrscheinlichkeit schon
verstorben. Die Polizei könne also gar nichts unternehmen; wenn schon
sei es ein politisches Problem, das eventuell mit der Regierung in Rom
ausgehandelt werden könne, wenn diese wieder einmal Stimmen brauche.

Auch wenn die Inschrift am Siegesdenkmal bleiben wird, so war das
Gespräch doch wertvoll, weil es zur Klärung der verschiedenen
Standpunkte beitrug und dem Quästor sicher auch einigen Stoff zum
Nachdenken geliefert hat. Zu diesem Zweck wurde ihm auch folgendes
kurzes Memorandum überreicht:

„Das Siegsdenkmal ist ist ein Stachel im Herzen von Bozen.
Niemals hat das habsburgische Österreich in Friedenszeiten
auf solche Weise die italienische Bevölkerung im Trentino beleidigt“.
LIVIA BATTISTI
(Tochter von Cesare Battisti)

Das Siegesdenkmal in Bozen:
Eine Beleidigung für die Süd-Tiroler und alle Demokraten

Am 6. Februar 1928 kündigte der faschistische Diktator Benito Mussolini in seiner berühmten Rede vor dem Parlament an, dass in Bozen ein Denkmal für Cesare Battisti und andere Märtyrer geschaffen werde. Aufgrund der Proteste von Ernesta Battisti, Witwe von Cesare Battisti, wurde das Denkmal nicht mehr den Märtyrern, sondern dem italienischen Sieg über Österreich gewidmet. Der Grundstein wurde am 12. Juli 1926 gelegt, die Einweihung fand am 12. Juli 1928 statt. Während der Bauarbeiten wurde am 9. Juni 1927 das wenige Meter vom neuen Siegesdenkmal entfernte Gefallenendenkmal des Zweiten Tiroler Kaiserjägerregimentes dem Erdboden gleich gemacht.

Die Zerstörung des Gefallenendenkmales war ein Akt der Demütigung der Süd-Tiroler Bevölkerung, ebenso der Bau des Siegesdenkmales und vor allem dessen Inschrift:

“HIC PATRIAE FINES  SISTE SIGNA  HINC CETEROS EXCOLUIMUS LINGUA LEGIBUS ARTIBUS  =  HIER SIND DIE GRENZEN DES VATERLANDES  SETZE DIE FELDZEICHEN  VON HIER AUS HABEN WIR DEN ANDEREN SPRACHE GESETZ UND KÜNSTE BEIGEBRACHT

Der demütigende und diskriminierende Charakter dieser Inschrift, mit der die einheimische Bevölkerung als „ceteros“, also die Anderen, bezeichnet wird,  ist offensichtlich. Diese Aussage steht in offenem Widerspruch zu den Menschenrechten, die jede Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit usw. verbieten

Die Unterfertigten protestieren daher in der Überzeugung, die Gefühle aller demokratisch gesinnten und die Rechte der Mitbürger respektierenden Menschen zu interpretieren, gegen diese Inschrift auf dem Siegesdenkmal, das noch dazu mit faschistischen Symbolen geschmückt ist, und fordern die sofortige Entfernung der diskriminierenden Inschrift.

Roland Lang      Oswald Ellecosta     Hartmuth Staffler

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Stellungnahme für uns!

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