Der Beginn des Südtiroler Freiheitskampfes der 1960er Jahre wird zumeist mit den Anschlägen des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) im Jahr 1961 festgelegt, obwohl es schon mit der Freiheitskämpfer-Gruppe Stieler ab 1956 eine Vorläuferbewegung gegeben hatte.
Der Große Schlag erfolgte in der „Herz-Jesu-Nacht“ in der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1961. Es gibt in diesem Jahr aber nicht nur des 50. Jahrestages dieses für Südtirol so bedeutenden Geschehens zu gedenken, sondern auch eines Sozialdemokraten, dessen 100. Geburtstag auf den 22. Jänner 2011 fällt und den laut einer Meinungsumfrage heute noch 59 Prozent der Österreicher für den besten Bundeskanzler der Nachkriegszeit halten.
Wir sprechen von Dr. Bruno Kreisky, den wir Südtiroler in ehrendem Gedenken halten.
Es war Kreisky, der in den Jahren 1960 und 1961 die Befassung der
Vereinten Nationen mit der ungelösten Südtirolfrage durchgesetzt und
damit internationales Aufsehen erregt hatte.
Österreichs Außenminister Dr. Bruno Kreisky und der sozialdemokratische Nationalrat Rupert Zechtl waren verschworene Mitwisser der Pläne des BAS und aufrechte Freunde Südtirols.
Der Verhandlungsauftrag an die Streitparteien durch die UNO-Resolution
sowie die Anschläge des BAS führten dazu, dass Rom zur Einsicht kommen
musste, dass eine politische Lösung der brisanten Frage unumgänglich
war. Schließlich konnte die NATO im „Kalten Krieg“, der damals jederzeit
in einen heißen Krieg umkippen konnte, kein Aufruhrgebiet in der
strategisch wichtigen Brennerregion brauchen.
In der zeitgeschichtlichen Literatur sind vertrauliche Kontakte des
österreichischen Außenministers Kreisky zu den Attentätern des BAS
dokumentiert. Die verdienten Autoren Franceschini, Peterlini und andere
haben darüber berichtet.
Es ist heute unbestritten, dass Außenminister Bruno Kreisky und der
sozialdemokratische Nordtiroler Nationalratsabgeordnete und spätere
Landtagsabgeordnete und Landesrat Rupert Zechtl zu den Mitwissern und
Verschworenen der Freiheitskämpfer gehörten. Der Gründer und Anführer
des BAS, der Frangarter Kaufmann Sepp Kerschbaumer, hatte als
Verbindungsmann zu dem österreichischen Außenminister Kreisky den
sozialistischen Nordtiroler Nationalratsabgeordneten und späteren
Landesrat Rupert Zechtl gewinnen können, der bereits seit 1959 von
Anfang an voll in die Pläne des BAS eingeweiht wurde und darüber laufend
brieflich an Kreisky nach Wien berichtete. Seine Berichte wurden im
Panzerschrank des Ministers unter „Verschluss“ aufbewahrt und bei seinem
Ausscheiden aus dem Amt von ihm nach Hause mitgenommen. Heute liegen
sie im Aktenbestand des Kreisky-Archivs in Wien. (Karton VII, 9
Südtirol, Terror, Intern BKA, BMfAA, Nationalrat).
Kreisky war im Detail über die Planungen des BAS informiert und hat
daher genau gewußt, mit wem er es zu tun hatte und worum es ging, wenn
er sich mit den BAS-Leuten traf.
Es gab auch direkte Kontakte des BAS mit Außenminister Kreisky.
Besprechungen des österreichischen Außenministers mit Sepp Kerschbaumer,
Wolfgang Pfaundler, den Südtiroler Schützenoffizieren Georg Klotz und
Jörg Pircher sowie dem BAS-Mann Karl Tietscher sind aktenmäßig
dokumentiert. Bezeugt sind Äußerungen von Kreisky, wonach die Attentate
des BAS als Unterstützung der Politik gebilligt wurden und es „auf ein
paar Masten mehr oder weniger“ nicht ankommen solle.
Die Anschläge der Herz-Jesu-Nacht kamen für Kreisky und Zechtl nicht unerwartet, sie wußten über die Planungen seit 1959 Bescheid.
Als die inhaftierten BAS-Leute südlich und nördlich des Brenner von der
italienischen Presse, aber auch von einigen österreichischen und
deutschen Medien mit Beleidigungen und Beschimpfungen als „Nazis“ und
„Pangermanisten“ überschüttet und der Strafverfolgung unterzogen wurden,
hielten die Gefangenen den Mund. Sogar noch unter der
Carabinieri-Folter gaben die inhaftierten Südtiroler Freiheitskämpfer
ihren Mitverschworenen Kreisky nicht preis. Ein falsches Wort im Verhör
und der österreichische Außenminister hätte seinen Hut nehmen können. So
aber konnte Kreisky im Sinne Südtirols weiter wirken.
Im Rückblick muß man kritisieren, dass Kreisky sich in der Frage der
Folterungen nicht energisch gegen die Vertuschungstaktik Magnagos
gestellt hat. Auf der anderen Seite hat er sich aber in Österreich für
die finanzielle Unterstützung der Südtiroler Häftlingsfamilien
eingesetzt und dafür auch Regierungsgelder zur Verfügung gestellt.
Insgesamt darf man – im Vergleich zu anderen Zeitgenossen – an einen
großen Politiker zurück denken, der viel für Südtirol geleistet hat.
Nachstehend sei nun ein Brief des Nordtiroler Nationalratsabgeordneten
Rupert Zechtl an Dr. Bruno Kreisky wiedergegeben, der keiner weiteren
Erläuterung bedarf:
Eine Dokumentation von Roland Lang, Obmannstellvertreter des Südtiroler Heimatbundes (SHB)