Der Süd-Tiroler Landtag hat sich unlängst mehrheitlich für eine Süd-Tiroler Vertretung in den Gremien der OSZE ausgesprochen, und die Aufnahme in dieselben beantragt. Durch eine Süd-Tiroler Vertretung in der OSZE kann dort aus der Erfahrung jahrzehntelanger Minderheitenpolitik ein wertvoller Beitrag zum internationalen Minderheitenschutz geleistet werden. Wie wichtig eine Süd-Tiroler Vertretung in der OSZE ist, zeigt ganz aktuell die für Süd-Tirol, aber auch für andere Minderheiten problematische OSZE-Empfehlung zum Umgang mit Minderheiten, die ausgerechnet den Titel „Bozner-Empfehlungen“ trägt.
Darin ist eine Reihe von Richtlinien festgeschrieben, welche nicht im Interesse eines aktiven Minderheitenschutzes sind, und in einzelnen Punkten sogar die Süd-Tirol-Autonomie in Frage stellen.
– So sollen beispielsweise bilaterale Abkommen zum Minderheitenschutz nicht mehr auf ethnischer Basis erstellt werden, sondern nur mehr auf territorialer Ebene wirksam sein. Eine Autonomie, wie jene von Süd-Tirol, die explizit zum Schutze der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung gewährt wurde, würde somit von der OSZE und deren Mitgliedsstaaten zukünftig abgelehnt.
– Der Schutz von Minderheiten obläge nur mehr dem Staat, in dem diese leben. Kein anderer Staat hätte demnach das Recht, ohne die Zustimmung des anderen Staates, Bestimmungen zum Schutze dieser Minderheit zu erlassen. Schutzmachtfunktionen, wie sie Österreich für Süd-Tirol ausübt, mit damit verbundenen Sonderbestimmungen, wie beispielsweise der Gleichstellungen bei Studienzugängen usw., wären damit ebenfalls nicht mehr erwünscht.
– Den Minderheiten wird in dieser Erklärung die verpflichtende Verantwortung übertragen, sich dem Staatsvolk anzupassen und sich in den Staat zu integrieren. Dies widerspricht völlig dem Sinn des Minderheitenschutzes, da es vielmehr in der Verantwortung des Staates liegt, dafür Sorge zu tragen, dass die Minderheit uneingeschränkt ihre Sprache und Kultur gegenüber dem für sie fremden Staatsvolk ausleben und bewahren kann.
– Die Vergabe von doppelten Staatsbürgerschaften wird mit der Bozner-Empfehlung ebenfalls kategorisch abgelehnt. Sie geht sogar so weit, diese auch dann abzulehnen, wenn sich die betroffenen Staaten dafür aussprechen. Diese Bestimmung ist nicht nur im Hinblick auch die aktuellen Bemühungen um eine doppelte Staatsbürgerschaft für die Süd-Tiroler kontraproduktiv, sondern widerspricht auch dem italienischen Staatsbürgerschaftsgesetz von 2006, sowie der von den meisten Staaten in Europa praktizierten Vergabe doppelter Staatsbürgerschaften. Da gerade für Minderheiten eine doppelte Staatsbürgerschaft die Chance bietet, sich an das eigene Vaterland zu binden und somit auch als Schutzmechanismus für Minderheiten dienlich ist, schränkt diese Bestimmung den Minderheitenschutz stark ein.
Da diese „Bozner-OSZE-Empfehlungen“ von den Mitgliedsstaaten bereits angenommen wurden, bedarf es des nachdrücklichen Protestes bei der OSZE, damit diese Bestimmungen überarbeitet werden und nicht zum unbeanstandeten OSZE-Recht werden.
Dies vorausgeschickt, beschließt der Süd-Tiroler Landtag:
1) Der Süd-Tiroler Landtag befürwortet jede Form des aktiven Minderheitenschutzes, und spricht sich auch für Autonomie-bestimmungen zum Schutze ethnischer Minderheiten und für die Vergabe doppelter Staatsbürgerschaften aus.
2) Der Süd-Tiroler Landtag lehnt die Bozner OSZE-Empfehlungen in dieser Form ab und ersucht die OSZE, die darin enthaltenen Bestimmungen zu überarbeiten, sowie den Namen „Bozner-Empfehlung“ zu streichen.
3) Die Süd-Tiroler Landesregierung wird verpflichtet, mit andern Minderheiten von OSZE-Mitgliedsstaaten Kontakt aufzunehmen und sie über die Problematik dieser OSZE-Empfehlungen zu informieren, damit auch diese bei der OSZE für eine Abänderung eintreten können.
L.-Abg. Sven Knoll
L.-Abg. Eva Klotz
SÜD-TIROLER FREIHEIT
Freies Bündnis für Tirol