„Südtirol hat für mich von klein auf eine Rolle gespielt. Meine Mutter ist in Klausen geboren, ein guter Teil meiner Ahnen kam aus Südtirol und Südtirol war für mich immer der bessere Teil des Landes und der wichtigste. Und so ist die Südtirol-Frage für mich als roter Faden durch mein ganzes Leben gegangen.“ (Helmut Heuberger im Gespräch mit Ruth Deutschmann. Tonbandaufzeichnung vom 31. Juli 2001)
Am 16. November 2011 endete in Salzburg im 88. Jahr das erfüllte Leben eines Mannes, der sich stets dem Gemeinwohl verbunden fühlte. Helmut Heuberger stammte aus einer Familie, die Komponisten und Wissenschaftler hervorgebracht hat. Sein Vater, der Innsbrucker Historiker Univ. Prof. Dr. Richard Heuberger, hatte im 1. Weltkrieg mit der Innsbrucker Akademischen Legion im Verband des Innsbrucker Standschützenbataillons an der Dolomitenfront gekämpft und dabei sein Augenlicht verloren. Der Erblindete schuf nach dem Krieg noch zahlreiche herausragende historische Arbeiten, indem er sich die Texte der Quellen vorlesen ließ. Er gehört zu den großen Historikern Tirols.
Sein Sohn, der Innsbrucker Student Helmut Heuberger hatte sich in der Systemzeit gegen das Schuschnigg-Regime aufgelehnt und war der illegalen HJ beigetreten.
Nach dem Anschluss Österreichs war die Familie Heuberger vom Nationalsozialismus bitter enttäuscht. Besonders der Verrat Hitlers an Südtirol mit dem Optionsabkommen von 1939 war für die Heubergers ein harter Schlag und führte bereits zu einem inneren Bruch mit dem NS-Regime, noch bevor alle anderen Schattenseiten offenkundig wurden.
Im Zweiten Weltkrieg kämpfte Helmut Heuberger an der Ostfront und kam im Jahre 1944 zur Auffassung, dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden könne. Anlässlich eines Genesungsaufenthaltes im September 1944 besuchte sein bereits als Widerstandskämpfer in der Illegalität lebender Vetter Fritz Molden die Familie Heuberger in Innsbruck. Die Heubergers stimmten mit ihm darin überein, dass es darum gehe, Österreich und die engere Heimat Tirol vor einem furchtbaren „Endkampf“ zu bewahren, der das Land zerstören würde.
In der NS-Führung, die sich bis zum bitteren Ende an die Macht klammern wollte, sah Helmut Heuberger, wie Wolfgang Pfaundler berichtet, bereits zu diesem Zeitpunkt die „Henker“ des eigenen Volkes.
Heuberger war ein zutiefst moralischer Mensch. Der Bruch des auf den „Führer“ geleisteten Fahneneides, so berichtete er später, sei für ihn ein riesiges Problem gewesen. Schließlich aber gab die Überzeugung den Ausschlag, dass er in Hitler den Zerstörer Deutschlands und damit auch Österreichs erkennen musste.
Heuberger rief nun in Innsbruck das „Provisorische Österreichische Nationalkomitee“ (POEN) ins Leben, an dessen Spitze der Univ. Prof. Dr. Reut-Nicolussi trat. Zusammen mit Wolfgang Pfaundler und anderen Widerstandskämpfern gelang es ihm, in Nordtirol und Innsbruck kurz vor Kriegsende die Macht zu übernehmen, den Abzug der deutschen Truppen herbeizuführen und Stadt und Land unter die Leitung einer provisorischen Landesregierung unter Dr. Karl Gruber zu stellen. Innsbruck konnte unzerstört an die einrückenden Amerikaner übergeben werden.
Dann zog sich Heuberger wieder aus dem öffentlichen Leben zurück, ohne seine Verdienste in politische Münze umzusetzen.
Das Jahr 1961 sah dann den Innsbrucker Universitätsassistenten Helmut Heuberger als Aktivisten in den Reihen des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), zusammen mit seinen Freunden aus den früheren Widerstandstagen: Wolfgang von Pfaundler und Fritz Molden.
Hinsichtlich unterschiedlicher politischer Anschauungen war Heuberger tolerant. Wichtig war ihm in jenen Jahren das gemeinsame Ziel, den Südtirolern zu helfen und die Weltöffentlichkeit auf deren bedrohte Lage aufmerksam zu machen. Er selbst hat sich nie seiner Taten gerühmt, denn jeglicher „Heldenmythos“ war ihm fremd.
Wir dürfen aber daran erinnern, dass seine Tätigkeit für den Südtiroler Widerstand der Sechzigerjahre ihn beruflich zurückwarf und er sich erst mühsam in Salzburg eine neue berufliche Laufbahn als Universitätsprofessor aufbauen musste. Auch in dieser Zeit war er stets für die Sache Südtirols und für seine Freunde da.
Wir gedenken seiner in Wehmut, gemischt mit der Freude, dass wir ihn zum Freund haben durften.
Seinen Angehörigen gilt unser Mitgefühl.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes
auch im Namen ehemaliger politischer Häftlinge