Eine Delegation der Süd-Tiroler Freiheit hat am heutigen 20. Dezember, dem internationalen „Tag der menschlichen Solidarität“, am Denkmal für die Opfer des ehemaligen polizeilichen Durchgangslagers in der Bozner Reschenstraße Blumen niedergelegt. Gerade die Süd-Tiroler, die am eigenen Leib Diskriminierung und Mißachtung der Menschenrechte erfahren haben, seien zur Solidarität allen jenen Menschen aufgerufen, die weiterhin aus politischen, rassistischen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Motiven verfolgt und diskriminiert werden, sagte Roland Lang, Hauptausschuss-Mitglied der Süd-Tiroler Freiheit und Obmann des Süd-Tiroler Heimatbundes, in einer kurzen Ansprache.
„Im polizeilichen Durchgangslagers Bozen sind Menschen unter der Diktatur von Nationalsozialismus und Faschismus bis zum Tod gequält worden. Es waren politische Gründe, Rassenwahn, Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Menschen, die anders gedacht, anderes geglaubt, anders gesprochen oder anders ausgesehen haben“, sagte Lang. „Mit der Befreiung von Faschismus und Nationalsozialismus wurde zwar dieses Lager aufgelassen, aber wer geglaubt hatte, dass Diskriminierung und Verfolgung damit endgültig der Vergangenheit angehörten, sah sich leider getäuscht. Wir Südtiroler haben von den beiden Diktaturen nichts Gutes erfahren, wobei wir keinesweg verschweigen, dass es unter uns nicht nur Opfer, sondern leider auch Täter gegeben hat. Nach dem Krieg mussten wir erfahren, dass auch eine Demokratie nicht automatisch Schutz vor Diskriminierung bietet. Es ging manchmal fast nahtlos weiter mit der Mißachtung elementarster Menschenrechte, mit der Rücksichtslosigkeit gegenüber Sprache und Kultur. Es herrschte Polizei- und Justizwillkür, wenn wir zum Beispiel nur an die Verurteilung der Pfunderer Burschen denken. Noch schlimmer wurden die Menschenrechte in den 60er-Jahren mit Folterungen bis hin zur Todesfolge und zu schweren Invaliditäten mit Füßen getreten. Noch heute leiden viele Südtiroler, die als politische Häftlinge die Sonderbehandlungen in den Carabinierikasernen erleiden mussten, unter den Folgen der Folter. Gerade weil wir die Verletzung der Menschenrechte am eigenen Leib so schmerzlich erleben mussten, spüren wir das Bedürfnis, heute allen Menschen, die gleich wo auch immer und gleich aus welchen Gründen, diskriminiert und verfolgt werden, unsere Solidarität auszudrücken. Die jüngsten Vorfälle in Deutschland, Italien und anderen Ländern zeigen, wie aktuell dieses Thema auch heute noch selbst in unserer nächsten Umgebung ist. Morde an Einwanderern, Brandstiftungen in Romalagern und ähnliche Verbrechen sind von einem ähnlichen Geist getragen wie der, der zu den Schikanen hier im Lager und zu den Folterungen in den Carabinierikasernen geführt hat.
Lernen wir endlich daraus, denken wir gerade in dieser Weihnachtszeit besonders daran. Menschliche Solidarität sollte immer unser Denken und Handeln bestimmen. Wer so denkt und handelt, wer nicht gegen Menschen, sondern gegen Ungerechtigkeiten kämpft, der kann auch erhobenen Hauptes berechtigte politische Forderungen auf demokratischem Wege einfordern und seinerseits auf Solidarität hoffen.“
Mehrere Mitglieder des Hauptausschusses der Süd-Tiroler Freiheit legten anschließend am Denkmal für die Opfer des Durchgangslagers ein Bukett nieder; unter ihnen war auch Lorenz Puff, dessen Großvater Alois Puff am 12. September 1943 gemeinsam mit Friedl Volgger von den Nazis verhaftet worden war. Als aufrechter Tiroler hatte Alois Puff Faschismus und Nationalsozialismus entschieden abgelehnt und im Andreas-Hofer-Bund mitgearbeitet, der nach dem Krieg von den Alliierten als Widerstandsbewegung anerkannt wurde. Alois Puff wurde noch im normalen Gefängnis inhaftiert, weil das Duurchgangslager erst 1944 errichtet wurde. Die Erinnerung an die Verfolgung durch die Diktatur ist aber bis heute unvermindert lebendig.