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Man konnte sie nicht brechen noch beugen: Abschied von Rosa Pöll-Klotz

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Man konnte sie nicht brechen noch beugen: Abschied von Rosa Pöll-Klotz

Rosa Pöll Klotz wurde 1920 als Tochter eines Bergbauern in Ulfas geboren. Als Kind war sie dem faschistischen Entnationalisierungsprogramm der rein italienischen Schule ausgesetzt. Die wenigen Stunden des heimlichen Katakombenunterrichtes festigten ihren Willen zum Widerstand gegen die Zwangsitalianisierung. Bereits damals hatte sie den Wunsch, später Lehrerin zu werden.

1950 heiratete sie ihren Jörg Klotz und stand ihm treu zur Seite, als
dieser daran ging, als Schützenmajor, Mitgründer des Südtiroler
Schützenbundes und erster Landeskommandant-Stellvertreter zusammen mit
anderen Patrioten das zerschlagene Tiroler Schützenwesen mit all seinen
geistigen Inhalten und kulturellen Traditionen wieder aufzubauen.

Als Jörg nach der Feuernacht des Jahres 1961 flüchten musste, hielt sie
die Familie zusammen und war auch politisch im Passeier ein Fels in der
Brandung.

Jahrelang haben ihr Politiker, treue und weniger treue Freunde gesagt,
sie solle nach Österreich gehen, damit sie endlich ohne Terror, Druck
und Angst leben könne.

Sie hat es nicht getan, weil sie es als ihre Pflicht angesehen hat, zu bleiben und Mut zu zeigen in einer Zeit der Feigheit.
Sie hat das auch getan als man ihren Mann von Nordtirol nach Wien
verbannt und man ihr ein sorgloses Leben in Wien angeraten hatte, um sie
aus Südtirol los zu werden.

Was immer auch passiert ist, sie hat zu ihren Jörg gehalten und zu ihrem Land.

Sie hat den Terror und die Demütigungen bei jedem täglichen oder
nächtlichen Besuch der Carabinieri in ihrem Haus ertragen.
Hochnotpeinliche stundenlange Kontrollen auf dem Weg in die Schule und
das Gleiche wieder bei der Heimfahrt von der Schule waren an der
Tagesordnung.

Und dabei hat sie sechs Kinder aufgezogen, unter ärmlichen Verhältnissen
aber reich an Liebe, Charakter, Anstand und Treue zur Heimat.
Diese Kinder und deren Enkel zeigen heute eine Gesinnung, auf die Rosa
Pöll Klotz bis zu ihrem Lebensende stolz war und auf die ihr
verstorbener Mann heute stolz wäre.

Der Staat konnte sie nie brechen, obwohl das mit schlimmen Methoden versucht worden war.

In der Nacht vom 6. auf den 7. September 1964 wurde Luis Amplatz in
Saltaus in Passeier von einem italienischen Spitzel und Agenten im
Schlaf erschossen, Georg Klotz wurde schwer verwundet. Trotzdem gelang
ihm die Flucht nach Österreich, wo er von Holzarbeit und Kohlenbrennerei
lebte und 1976 einsam den Herztod sterben sollte.
Seine Frau Rosa nahm an dem Begräbnis von Luis Amplatz zusammen mit
ihren Kindern teil und legte sehr zum Missfallen der Carabinieri einen
Kranz im Namen ihres geflüchteten Mannes nieder.

Ihren Mann besuchte sie mit den Kindern im Exil, das waren die wenigen Tage familiären Glücks.

In Südtirol erging es ihr nicht gut. Am 12. Oktober 1967 wurde sie in
Haft genommen, weil sie nicht bereit gewesen war, ihren Mann zu verraten
und zu belasten.
Man schlug sie zwar nicht bei den Verhören, setzte sie aber in endlosen
Verhören vor eine starke Quarzlampe, bis sie fast erblindet war. Dann
wurde die kleine Tochter Eva verhaftet und ebenfalls stundenlang verhört
und der verhafteten Mutter gegenüber gestellt. Man wollte die Frau und
das Kind seelisch brechen. Das gelang nicht.

14 Monate lang blieb Rosa Pöll-Klotz in einer Haft, die nachträglich
durch eine ungerechte Verurteilung „rechtfertigt“ wurde, so dass keine
Haftentschädigung gezahlt werden musste. Die Besuche der inhaftierten
Mutter im Gefängnis gehören zu den bedrückenden Erlebnissen ihrer
Kinder. Eva Klotz erinnerte sich: „Meine Geschwister bringen kaum ein
Wort heraus, die Tränen ersticken ihre Sprache. Ich versuche stark zu
sein. Der Abschied ist eine Qual und eine Tragödie.“ (Eva Klotz: „Georg
Klotz – Freiheitskämpfer für die Einheit Tirols“, Wien 2002, S. 292f)

Später erfuhr die Tochter Eva Klotz, dass seitens der italienischen
Behörden der Plan bestanden hatte, die Familie auseinander zu reißen und
sie sowie ihren Bruder Wolfram in Erziehungsanstalten in Italien zu
stecken. Das hatte man dann aber doch nicht gewagt.

Rosa Pöll Klotz wurde erst zu Weihnachten 1968 aus der Untersuchungshaft
in eine strenge Polizeiaufsicht in Bozen mit täglicher Meldepflicht
entlassen. Die Wiederaufnahme ihres Lehrerberufes war ihr nicht möglich,
weil das deutsche Schulamt Angst davor hatte, sie wieder in ihren Beruf
einzustellen.
Als sie den Landeshauptmann Magnago auf ihre Situation und die der
anderen Frauen und Kinder von politischen Häftlingen aufmerksam machen
wollte, wurde sie von Magnagos Frau empfangen, die ihr 6 Zuckerlen,
eines für jedes Kind, in die Hand drückte.

Eine Vorsprache zusammen mit anderen Häftlingsfrauen bei dem Bischof
Gargitter kam nicht zustande, weil dieser Bischof, der auch einen Besuch
bei den politischen Häftlingen verweigert hatte, sich auch hier
verleugnen ließ.

Um ihre Kinder, die bis dahin bei den Großeltern und anderen Verwandten
untergebracht waren, durchzubringen, richtete Rosa Pöll-Klotz in einer
Bozner Wohnung ein kleines Studentenheim mit Verköstigung ein, hielt
Nachhilfestunden für Schüler und nahm außerdem zusätzlich
Halbtagsbeschäftigungen an.

Erst nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1976 durfte Rosa Pöll-Klotz
wieder unterrichten und konnte sich dadurch eine kleine Alterspension
sichern.

Finanziell reich ist sie nie geworden, aber reich an der Liebe zu ihren
Kindern und an der Liebe, die ihre Kinder ihr entgegen brachten. Und das
ist etwas, was die reichsten Menschen der Welt mit noch so viel Geld
nicht kaufen können.

Rosa Pöll-Klotz hat in einem Rückblick auf ihr Leben geschrieben:
„Wenn ich heute auf diese bewegte und schicksalhafte Vergangenheit
zurückblicke, kann ich sagen, dass sie zum Glück keine Bitterkeit
hinterlassen hat, wohl aber sehr viele, nicht immer erfreuliche
Erkenntnisse. Das Ganze doch gemeistert und vor allem die Kinder zu
anständigen Menschen erzogen zu haben, die zu ihrem Vater und seiner
Lebensaufgabe stehen, erfüllt mich doch mit Genugtuung und Freude.“
(Rosa Klotz: „Ihr Mann, wo ist er?“, in: Mitterhofer – Obwegs (Hrsg.):
„…Es blieb kein anderer Weg…“ S. 189)

Am Samstag, den 30. Juni 2012 um 9.00 Uhr wird beim Trauergottesdienst
in der Pfarrkirche von St. Leonhard im Passeier Abschied von Rosa
Pöll-Klotz genommen.

Sie wird uns allen unvergesslich bleiben.

Der Herr belohne sie für all das Gute, das sie getan hat.

Roland Lang,

Obmann des Südtiroler Heimatbundes

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