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Minderheiten halten zusammen

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Minderheiten halten zusammen

Die Autonomie- und Unabhängigkeitsbewegungen in Italien wollen, bei Respektierung ihrer unterschiedlichen Eigenheiten und Ziele, enger zusammenarbeiten und sich gegenseitig noch mehr unterstützen. Das war das wichtigste Ergebnis der ersten „Université d’eté“ (Sommeruniversität), die von der aostanischen Unabhängigkeitsbewegung ALPE und der Vereinigung der Unabhängigkeitsbewegungen in Italien (APL) in Runaz in Aosta abgehalten wurde. Anwesend waren auch Erik Defoort und Eva Bidania, Präsident und politische Referentin der Europäischen Freien Allianz (EFA), deren Mitgliedsbewegungen in Italien, darunter auch die Süd-Tiroler Freiheit, sich zur APL zusammengeschlossen haben. 

Am ersten Tag der wissenschaftlichen Veranstaltung, die sich eines starken Publikumszuspruches erfreute, ging es um das Potential der Europaregionen. Der Brixner Gemeinderat Hartmuth Staffler, der die Süd-Tiroler Freiheit in Aosta vertrat, erklärte die Identifikation der Bürger mit „ihrem“ Staat als wichtigste Voraussetzung für Bürgersinn und damit für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung eines Gebietes. Darin liege das Potential der europäischen Regionen, deren Bevölkerung sich zusammengehörig fühlt und, wie im Falle des heute geteilten Tirol, jahrhundertelang zusammengehört hat. Behindert werde diese Entwicklung von den Nationalstaaten, die ihre staatliche Integrität bedroht sehen, aber auch von regionalem Kirchturmdenken. So konnte die Europaregion Tirol erst nach heftigem Widerstand Italiens gegründet werden, sie durfte sich nicht einmal den logischen Namen Tirol/Tirolo geben. Römische Vetos gegen gemeinsame Projekte wie etwa die Medical School lähmen die Tätigkeit, aber auch das Kirchturmdenken der drei getrennten Landesteile, vor allem Südtirols, ist dem Zusammenwachsen hinderlich, wie teure Doppelgleisigkeiten bei Fahrsicherheitszentrum, Flugplatz usw. zeigen.
Podiumsteilnehmer und Publikum waren sich in einer intensiven Diskussion einig, dass der Nationalstaatsgedanke überholt sei und die Zukunft den Regionen gehöre. Gewarnt wurde vor „Makroregionen“, die zu unterschiedliche Gebiete zusammenfassen, was neues Hegemoniestreben fördere. Die ideale Region sei die historisch gewachsene.

Am zweiten Tag wurde eingehend über die verschiedenen Wahlsysteme, Schutzklauseln für Minderheiten und die Möglichkeit engerer Zusammenarbeit der Autonomie- und Unabhängigkeitsbewegungen in Europa bzw. in Italien gesprochen, wobei die höchst unterschiedlichen Situationen der Minderheiten zum Ausdruck kamen. So kämpft die Bewegung „Mouvement Région Savoie“, wie ihr Sekretär Laurent Blondaz berichtete, darum, dass die so wie Aosta franco-provenzalisch-sprachige Region Savoien mindestens eine eigene Verwaltungseinheit bilden darf, ein im zentralistischen Frankreich schwieriges Unterfangen. Am Podium war auch der Trentiner Landtagsabgeordnete Giorgio Lunelli (UPT), der zunächst eindrücklich die dramatische Zunahme des Zentralismus in Italien schilderte, dann aber diese Aussage damit relativierte, dass zum Glück Staatspräsident Napolitano mit seiner Rede von Meran die Autonomien abgesichert habe. Hartmuth Staffler klärte mit dem Hinweis auf die vielen von Napolitano unterzeichneten autonomiefeindlichen Gesetze und Dekrete, dass die in Napolitano gesetzten Hoffnungen ein Hirngespinst sind. Die Baskin Eva Bidania bekräftigte,  dass das Verständnis für Minderheiten in Europa von Norden nach Süden abnehme. Grundsätzlich und ganz besonders für Südtirol sei das Selbstbestimmungsrecht die gerechteste Lösung dieser Fragen. Juljian Čavdek von der Partei Slovenska Skupnost verwies auf die dramatische Situation der Slowenen in Friaul, die weniger Rechte haben als die Südtiroler. Andererseits haben die Slowenen dort aber ohne Probleme die doppelte Staatsbürgerschaft italienisch/slowenisch erhalten, während sich Österreich immer noch mit der Frage beschäftigt, wie eine doppelte Staatsbürgerschaft für die Südtiroler vermieden werden kann.

Die europäische Landwirtschaftspolitik sowie die Abfallbewirtschaftung waren weitere Themen, die unter Beteiligung hervorragender Fachleute und zahlreichen Publikums behandelt wurden. Die Sommeruniversität in Aosta bot auch die Gelegenheit, das Thema Ortsnamengebung zu studieren. In Aosta waren unter dem Faschismus, gleich wie in Südtirol, alle französischen Ortsnamen ins Italienische „übersetzt“ worden. Nach dem Krieg wurde diesem Unfug bereits im Jänner 1946 ein Ende bereitet und die Ortsnamen in die „prefaschistische Form“ (so das entsprechende Dekret) zurückgeführt. Die einsprachig französischen Ortsnamen sind seither außer Diskussion.

Verkostungen aostanischer Spezialitäten, unter anderem im päpstlichen Urlaubsort Les Combes, sowie Besuche des „Festival des Peuples Minoritaires“ (Festival der Minderheitenvölker) in Aosta rundeten das Programm ab und festigten die Freundschaft der Minderheiten im italienischen Staatsgebiet.

Im Bild von links: Fabrizio Comencini, Generalsekretär der Liga Veneta Repubblica, Hartmuth Staffler  von der Südtiroler Freiheit, François Alfonsi, Europaparlamentarier der EFA aus Korsika, EFA-Präsident Erik Defoort, Luciano Caveri, Regionalratsabgeordneter der Union Valdotaine, sowie Patrizia Morelli und Robert Louvain, zwei der fünf Regionalratsabgeordneten von ALPE in Aosta.

Hartmuth Staffler, Gemeinderat in Brixen und Bezirkssprecher des Eisacktals

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