Lieber Herr Lang, die Trikolore-Fahnen, die Sie so fleissig photographiert haben, wurden nicht vom Alpinitreffen-OK (Alpiniaufmarsch ist nicht das richtige Wort: Bozen war Treffpunkt zig-tausender Personen, Alpini und Nicht-Alpini, die einfach mit gegenseitiger Sympatie einige Tage zusammen feierlich verbracht haben; wer diese Feier als Aufmarsch bezeichnet, war damals nicht in Bozen oder hat in eine andere Richtung geschaut) aufgestellt, sondern von einzelnen Bürgern.
Die Südtiroler werden dadurch an die schoene Momente des Alpini-Treffens
erinnert, nicht an die Staatsregierung, die damit nix zu tun hat, da
die Fahne vielmehr ein Symbol der Nation, viel weniger des Staates, ist.
Was nicht aufgehaengt werden darf, muss weg; aber ich, als BM, habe
Respekt für jede Fahne und werde nie eine aufgehaengte Fahne einfach nur
als ein Verkehrsproblem betrachten, was auch nicht der Fall ist. Sie,
lieber Herr Lang, wollen die Fahnen weg, weil Sie gegen diese Fahnen
sind. Ich glaube, gegen eine Fahne sein ist ein Zeichen der Barbarei,
ganz unhoeflich Ihrerseits. Trotzdem werde ich alle Ihre Fahnen
respektieren, und insbesonders Ihre, und meine, Landesfahne.
Ausserdem
erlaube ich mich, Sie zu korrigieren: es gibt keinen deutschen
Vizebürgermeister in Bozen, es gibt einen Bozner Vizebürgermeister
deutscher Muttersprache. Klaus Ladinser ist kein Deutscher, und Sie sind
auch kein Deutscher, Herr Lang. Sie sind ein Südtiroler deutscher
Muttersprache. Und meine Wenigkeit ist ein Südtiroler italienischer
Muttersprache. Wir sind derzeit italienische Staatsbürger, morgen werden
vielleicht auch etwas anderes sein, europaeische Bundesstaatsbürger zum
Beispiel. In Bozen, in unserem schoenen Südtirol.
Frohe Weihnachten, Herr Lang.
Luigi Spagnolli
Antwort von Roland Lang auf das Schreiben des Bürgermeisters Luigi Spagnolli
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Zuallererst möchte ich Ihnen, da ich hörte, dass Sie im Krankenhaus sind bzw. waren, eine gute Genesung wünschen.
Nun zu Ihrem Brief: Aus Ihren Zeilen geht hervor, dass Ihnen einige gesetzliche Vorschriften offenbar unwichtig sind, wenn es um Ihre geliebte Trikolore geht. Das scheint mir nicht ganz mit Ihren Amtspflichten vereinbar zu sein.
Nun können Sie sich die Trikolore zu Hause aufhängen, wo immer Sie wollen, aber im Verkehrsbereich der Stadt haben auch Sie das Gesetz zu respektieren.
Dass Sie mich als „Barbaren“ hinstellen, weil ich Ihre dreifärbige Begeisterung nicht teile, kann mich nicht kränken. Wir Südtiroler sind seit Benito Mussolini gewohnt, derart zurechtgewiesen zu werden. Es erschüttert uns nicht mehr.
Nehmen Sie zum Schluss noch zur Kenntnis, dass wir deutschen Südtiroler nicht Ihre Schüler und Sie nicht unser Oberlehrer sind. Über unsere Identität brauchen Sie uns nicht zu belehren und schon gar nicht können Sie uns vorschreiben, als was wir uns zu fühlen haben.
Sie betonen, dass die Trikolore die Fahne der Nation ist. Ja, lieber Herr Spagnolli, aber Ihrer Nation, nicht meiner!
Wenn Sie uns Südtiroler ohne unsere Zustimmung dieser uns fremden Nation zuzählen wollen, so scheinen Sie eine autoritäre Denkweise aus früheren Zeiten noch nicht ganz überwunden zu haben.
Lassen Sie also bitte Ihre Belehrungen bleiben! Halten Sie lieber die rechtlichen Vorschriften ein, deren Text ich Ihnen ja bereits übermittelt habe. Dies ist Ihre Aufgabe!
Mit freundlichen Grüßen!
Roland Lang