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Eva Klotz und Sven Knoll: Alternative zur Schmalspur-Medizin-Uni Bozen

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Eva Klotz und Sven Knoll: Alternative zur Schmalspur-Medizin-Uni Bozen

Die Landtagsabgeordneten der Bewegung SÜD-TIROLER FREIHEIT haben im Landtag einen Beschlussantrag zu den Plänen der Errichtung einer Medizinischen Hochschule in Bozen eingereicht. Darin verweisen sie auf eine Alternative, die nicht nur viel weniger kosten würde, sondern auch in jeder Hinsicht vorteilhafter und attraktiver wäre: die Anbindung an die namhafte Medizinische Universität in Innsbruck durch Einrichtung von „Akademischen Lehrabteilungen“ dieser Einrichtung.

An den
Präsidenten
des Südtiroler Landtags

Beschlussantrag
Medizinische Hochschule (Medical School) Bozen

In letzter Zeit gibt es viel Diskussion über die geplante Errichtung einer eigenen Medizinischen Hochschule in Bozen, und es tauchen immer neue
Fragen auf.

Es gibt angeblich zwei Gründe, in Bozen eine eigene Medizinische Faschschule zu errichten:
1. Es Südtirolern zu ermöglichen, leichter ein Medizinstudium aufzunehmen und
2. die Attraktivität des Medizinstandortes Bozen zu steigern.

Als Grund für die Errichtung einer solchen Ausbildungsstätte für Mediziner in Bozen wird immer wieder der angeblich drohende Ärztemangel in Südtirol genannt, was allerdings jüngste Zahlen widerlegen. es heißt weiter, zu wenige Südtiroler Oberschulabgänger erhielten einen Medizin-
Studienplatz.

Bevor entsprechende europäische Regulierungen in Kraft traten, hatten die Südtiroler Studenten an Österreichischen Hochschulen einen privilegierten Zugang. Dieser ist aber nun selbst für österreichische Medizin- Studienwillige mehr und mehr    eingeschränkt, denn auch sie stehen im Wettbewerb mit anderen Studienwilligen aus europäischen, insbesondere deutschsprachigen Ländern. Das ist in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern nicht anders, und Bozen würde vor dem gleichen Problem stehen. Wird nämlich in Bozen eine Medizinische Hochschule geschaffen, so müssen sich auch  dort  die Südtiroler  diesem  europäischen  Wettbewerb  stellen.  Bestehen  werden Südtiroler diesen aber nur, wenn es gelingt, an den Oberschulen in Südtirol mit einer entsprechenden naturwissenschaftlichen Ausbildung die Voraussetzungen für das Bestehen der Aufnahmeprüfung oder anderer Auswahlverfahren zu schaffen. Eine Privilegierung der Südtiroler würde auch in Bozen an europäischen Rechtsnormen scheitern. Anders wäre es möglicherweise, wenn man diese Ausbildung schwerpunktmäßig in italienischer Sprache durchführte. Dann könnte man zwar Studienwillige, die an anderen deutschsprachigen Universitäten in der Schweiz,
Österreich und Deutschland gescheitert sind, von einer Bewerbung in
Bozen abhalten, nicht aber die diejenigen, welche sich aus ganz Italien
bewerben. Außerdem kann es nicht im Interesse Südtirols sein, dass eine
solche Ausbildung in Italienisch erfolgt.

Ein weiterer Grund für die Einführung einer Hochschulmedizin in Bozen könnte die  Erhöhung der
Attraktivität der medizinischen Versorgung sein. Das Bozner Krankenhaus
hat schon jetzt eine Reihe von Universitätsprofessoren, die in Lehre und
Forschung erfolgreich tätig sind, z.B. in der Neurologie, Inneren
Medizin, Urologie, Psychiatrie usw. Als solche sind einige auch
Mitglieder der Medizinischen Universitätsklinik von lnnsbruck.

Kaum erwähnt wurden bisher die entstehenden hohen Kosten. Die Trennung der
Medizinischen Fakultät der Universität lnnsbruck und die Gründung einer
eigenen Medizinischen Universität lnnsbruck erfolgten nicht zuletzt
deshalb, weil die Medizinerausbildung den allergrößten Teil der
Ressourcen der alten Universität absorbierte. Das Medizinstudium ist mit
großem Abstand das teuerste Studium überhaupt. Die Kosten dafür
stehen  in  keinem  Verhältnis  zu  denen  anderer  Studiengänge,  z.B.
Rechtswissenschaften, Theologie oder Germanistik.

Daraus ergibt sich die Überlegung, ob man nicht viel billiger das Bozner Krankenhaus
an die Medizinische Universitätsklinik lnnsbruck anbinden sollte, und
sich Bozen in allen Fächern an Lehre und Forschung einer gemeinsamen
Medizinischen Universität Innsbruck-Bozen beteiligt und sich die Kosten
dafür teilt. Es gibt viele Universitäten, die über zwei und mehrere
Städte verteilt sind. Als Beispiele seien die Universitäten
Erlangen-Nürnberg und Halle-Wittenberg genannt. Eine medizinische
Universität  Innsbruck-Bozen wäre ein „grenzüberschreitendes Projekt“,
dem ganz erhebliche Fördermittel aus der Europäischen Gemeinschaft
zustehen könnten.

Medizinische Lehrveranstaltungen könnten dann
in den verschiedensten medizinischen Fächern auch am
Universitätsklinikum Bozen der Medizinischen Universität Bozen-lnnsbruck
stattfinden, und ein Teil der Forschungsinstitute auch in Südtirol
angesiedelt werden. Die Medizin- Studienplätze könnten entsprechend
erhöht werden.

Bisher wenig durchdacht scheint auch die Tatsache,
dass in der Medizin Lehre und Forschung untrennbar zusammengehören. Das
Medizinstudium ist eine universitäre Ausbildung. Sie ist auch im
klinischen Studienabschnitt auf die Kooperation mit vielen anderen
Fakultäten, wie denen der Physik, der Chemie, der Biochemie und der
Psychologie, um nur ein paar ganz wenige zu nennen, angewiesen. Das kann
man nicht dadurch ersetzen, dass man für ein paar Stunden ein paar
auswärtige  Professoren in den Zug oder  in das Flugzeug setzt und diese
dann schnell eine Vorlesung in Bozen halten lässt.
Universitätsprofessoren und Studenten arbeiten im akademischen Leben eng
zusammen. Werden sie entkoppelt, besteht das Risiko, dass die
Medizinerausbildung auf unterstes Fachhochschulniveau absinkt. Einer
derartigen Konstruktion ohne Forschungsaktivitäten könnte man noch nicht
einmal ein international anerkanntes Promotionsrecht zubilligen. Der
Ruf der Absolventen aus Bozen und der Medizin in Südtirol insgesamt
würde eher Schaden nehmen. Karrieren außerhalb von Südtirol blieben
ihnen versagt, und das kann man auch nicht wollen.

Die Medizinische Universitätsklinik in Innsbruck hingegen hat in Lehre und
Forschung Weltruf. Davon  könnte Südtirol in noch stärkerem Maße
profitieren, wenn man  das Bozner Krankenhaus mit dieser verbindet.
Dabei wäre es sogar nicht einmal ungewöhnlich, Lehrstühle für das eine
oder andere Fach doppelt, d.h. einmal in Innsbruck und einmal in Bozen
zu besetzen. Bozen bräuchte sich dann als Standort nicht benachteiligt
zu fühlen. Die Universitätsklinik Ulm beispielsweise hat 3 Lehrstühle
für Psychiatrie!

Mit der Integration des Krankenhauses Bozen in
eine Medizinische Universität Innsbruck­- Bozen würde auch die
Attraktivität der Facharztausbildung in Bozen in ganz erheblichem Maße
bei großer Einsparung gesteigert werden, so dass nicht nur mehr
Südtiroler nach ihrer Facharztausbildung wieder nach Südtirol
zurückkehren, sondern mehr Ärzte insgesamt im Land bleiben würden, da
eine Universitätsklinik ein noch interessanteres Weiter- und
Fortbildungsprogramm anbieten kann, von dem dann auch andere
Krankenhäuser Südtirols profitieren würden. Gewinner einer solchen
Lösung sind die Patienten, um die es ja vordergründig gehen muss.

Auch dem befürchteten Ärztemangel könnte man in Südtirol durch eine
derartige Steigerung der Attraktivität der ärztlichen Tätigkeit in
Südtirol begegnen! Die Errichtung einer „Medical School“ alleine reicht
nicht aus, denn nach Abschluss eines Medizinstudiums werden sich die
Absolventen immer dorthin begeben, wo sie die interessantesten
Weiterbildungs- und attraktivsten Arbeitsbedingungen haben. Die
Südtiroler Krankenhäuser stünden nämlich auch nach Errichtung einer
„Medical School“ in Bozen im europäischen Konkurrenzkampf um die besten
Ärzte.

Voraussetzung für diese Alternative, nämlich an einem
Südtiroler Krankenhaus vermehrt „Akademische Lehrabteilungen“ der
Universität Innsbruck einzuführen, sind  habilitierte Primare, wovon es
in Südtirol ca. 16 bereits gibt, kontinuierliche Fortbildungsaktivitäten
und besonders hohe klinische Standards. Das alles würde nur einen
Bruchteil der bisher angedachten „Medical School“ kosten, und Südtirol
hätte die Anbindung an die Landesuniversität, die sich besonders im
medizinischen Bereich einen Namen gemacht hat. Solche exzellent
geführten Abteilungen sind auch als Arbeitsplatz sehr attraktiv, so dass
man sich über den Ärztemangel keine großen Sorgen machen müsste!

Am Krankenhaus Bozen gibt es bereits zwei Lehrabteilungen: die Innere
Medizin mit Prof. Christian Wiedermann und die Urologie mit Primar Armin
Pycha. Ab vier Lehrabteilungen würde das Krankenhaus zum „Akademischen
Lehrkrankenhaus“ der Medizinischen Universität Innsbruck erhoben. Man
könnte auf diesem Weg mit relativ geringem organisatorischem und
finanziellem Aufwand sehr viel ereichen!

Daher verpflichtet der Südtiroler Landtag
die Landesregierung,

diese Möglichkeit gründlich durchzudenken und ihr den Vorzug zu geben.

Lt. Abg. Dr. Eva Klotz
Lt. Abg. Sven Knoll
8. 2. 2013

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