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„Braune Agenten“ nicht Verbündete der Freiheitskämpfer, sondern Feinde!

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"Braune Agenten": Unter diesem Titel berichtet das Magazin „Der Spiegel“ (Nr. 11/2013) über einen jetzt freigegebenen Aktenvermerk der deutschen Bundesregierung aus dem Jahre 1963, wonach BND-Agenten mit NS- und SS-Vergangenheit innerhalb des Bundesnachrichtendienstes (BND) einen inneren Kreis gebildet hätten, welcher möglicher Weise auch Sprengstoff nach Südtirol geliefert habe. 

In der Tageszeitung „Dolomiten“ hat dazu der unvermeidliche Fachmann für alle Südtirolfragen, Rolf Steininger, auf Befragen erklärt, dass Anschläge ehemaliger SS-Geheimdienstler in Südtirol „ins Bild“ passen würden.
 
Um sich wirklich ein Bild über das damalige Geschehen zu machen, hätte Steininger mit ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen reden können, die ihm ausnahmslos bestätigt hätten, dass sie von deutschen Ex-SS-lern oder Ex-Nazis nie Sprengstoff erhalten hatten.
Zeitgeschichtliche Publikationen fachkundiger Historiker wie Peterlini, Franceschini und anderer Autoren belegen, dass damals schon Ex-Nazis mit Geheimdiensthintergrund in Südtirol tätig waren – aber nicht als Unterstützer, sondern als Spitzel, Agenten und Provokateure der italienischen Dienste. Heute wissen wir aus italienischen parlamentarischen Berichten und aus italienischen Gerichtsakten, dass es abgeschottete nazistische und faschistische „innere Kreise“ sowohl im deutschen BND wie auch in den italienischen Diensten gegeben hat. Sie wurden später nach ihrer Enttarnung unter den Namen „stay behind“ oder „Gladio“ bekannt. Vor allem den US-Diensten schienen ehemalige Nazis und Faschisten die besten antikommunistischen Verbündeten zu sein. Ursprünglich als Kampf- und Nachrichtengruppen für den Untergrundkampf gegen eine einmarschierende „Rote Armee“ gegründet, wurden Personen aus diesen Gruppen nach der Feuernacht des Jahres 1961 gegen die Südtiroler Freiheitskämpfer aktiviert. Darüber gibt es heute auch Darstellungen italienischer Zeithistoriker auf der Grundlage italienischer Geheimdienstakten.
 
Es tauchten ab 1961 in Südtirol dubiose Personen mit NS-Vergangenheit und teilweiser krimineller Vergangenheit auf, welche sich in das Vertrauen von Südtirolern schlichen und diese dann bei den Carabinieri denunzierten. Auf solche Weise gerieten auch völlig Unbeteiligte in Haft und unter schwere Folter. Heute noch sind Provokateure wie Stötter und Henckelmann vielen Familien in schrecklicher Erinnerung.
 
Die italienische Zeitung „L’Espresso“ enthüllte bereits am 5. August 1961, dass auf Ersuchen des italienischen Geheimdienstes und unter Einschaltung der NATO und der Amerikaner, die Sorge um die Sicherheit der Raketenstützpunkte in Südtirol hatten, der deutsche Bundesnachrichtendienst bei der Ausforschung der Südtiroler Attentäter mitgeholfen habe. Es habe sich um eine „durchaus übliche Hilfeleistung im Rahmen der NATO gehandelt.“ Die Mitarbeit des BND sei „durchaus erfolgreich gewesen“.
 
Lange bevor „Gladio“ und „stay behind“ enttarnt wurden, waren auch einzelne deutsche Zeitungen schon ganz gut informiert. Am 18. Dezember 1963 schrieb der Redakteur Karl Pflugmacher in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“: „… das Komplott der Südtiroler habe die Polizei nur dank der Unterstützung durch Nachrichtendienste befreundeter Nationen aufdecken können.“ Der nun für die Italiener tätige Stötter sei bereits während des Krieges NS-Agent gewesen. Es seien vor allem die Amerikaner gewesen, die den deutschen Geheimdienst mit dem Argument, dass die Südtiroler Attentate eine Bedrohung des Atlantikpaktes bedeuteten, zur Zusammenarbeit gewonnen hätten.
 
Es ließen sich noch weitere Quellen nennen. Nur so viel zum Abschluss: Die Logistik des BAS wurde in den Folter-Verhören durch die Carabinieri lückenlos aufgedeckt. Die Lieferanten Pergol, Klier, Pfaundler und Welser wurden relativ bald bekannt, später auch Molling und andere. In den österreichischen Südtirolprozessen wurde das gesamte österreichische Versorgungsnetz in öffentlichen Gerichtsverhandlungen und in der Presse ausführlich behandelt: Hier standen 22 Angeklagte vor Gericht. In keinem einzigen Prozess – weder in Italien, noch in Österreich – wurde irgend eine Sprengstofflieferung aus deutschen Nazi-Kreisen bekannt.
 
Aus allen heute zugänglichen Quellen ergibt sich: Den im deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) angesiedelten „inneren NS-Kreis“ hat es sicherlich gegeben. Diese Ex-Nazis waren aber nicht die Verbündeten der Südtiroler Freiheitskämpfer, sondern deren gnadenlose Feinde – im Auftrag der Amerikaner und der italienischen Geheimdienste.
 
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

 
 
 
Bildtexte:
 

Bild Stötter:
 
Der
Provokateur Stötter, der bereits während des Zweiten Weltkrieges
Geheimagent für das NS-Regime gewesen war, wurde zum Schein
festgenommen, um noch im Gefängnis Südtiroler Häftlinge auszuhorchen.
Dann wurde er wieder freigelassen. Im Mailänder Prozess von 1964 gab der
italienische Staatsanwalt Gresti die Agentenrolle des Stötter, der für
den militärischen Geheimdienst SIFAR tätig gewesen war, öffentlich zu.
 
Bild: Sprengstofflager

Unter der Folter gaben die verhafteten Südtiroler Freiheitskämpfer ihre Waffen- und Sprengstofflager und ihre Versorgungsstrukturen preis. In keinem einzigen Fall handelte es sich um Lieferungen ehemaliger SS-Geheimdienstler oder anderer NS-Kreise. Wäre dies der Fall gewesen, so hätten die italienischen Behörden einen riesigen Propaganda-Spektakel veranstaltet. Es

lag ihnen doch stets daran, die Freiheitskämpfer als „Pangermanisten“ und unverbesserliche „Nazis“ hinzustellen.

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