Beim Versuch, das umstrittene Seilbahnprojekt Brixen-St. Andrä mit Hilfe einer fingierten Volksabstimmung durchzudrücken, hat sich die Mehrheit im Brixner Gemeinderat blamiert und sowohl dem berechtigten Anliegen einer besseren Verkehrsverbindung als auch der direkten Demokratie schwer geschadet. Der fragwürdige Antrag des Stadtrates erreichte erwartungsgemäß nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.
Der Gemeinderat der Süd-Tiroler Freiheit, Hartmuth Staffler, betonte
in der Gemeinderatssitzung vom Donnerstag, 4. April, dass es unsinnig
sei, die Bevölkerung zwischen einem unbeliebten und schlechten, nur
gewissen Interessen dienenden Projekt und einer Null-Lösung als einziger
Alternative entscheiden zu lassen, nachdem alle sinnvollen Lösungen
bereits im Vorfeld mit fadenscheinigen bzw. nachweislich falschen
Argumenten ausgeschlossen wurden. Als Beispiel nannte Staffler die
kombinierte Lösung Tram/Zahnradbahn, die nicht ernsthaft geprüft wurde,
obwohl sie den großen Vorteil des Starts am Bahnhof und möglicher
Zwischenhalte ohne den Nachteil des Überflugs über den Brixner Talkessel
hätte. Noch im Gemeinderat erklärte Vizebürgermeister Pedron, dass eine
solche Bahn 25 Minuten vom Bahnhof nach St. Andrä brauchen würde,
obwohl Staffler dem Stadtrat längst eine Dokumentation mit dem
offiziellen Fahrplan der Zahnradbahn Puy de Dome in Frankreich
überreicht hatte, die für eine wesentlich längere Strecke (5,3 statt 3,8
km) nur zwölf Minuten braucht. Arroganz habe Kompetenz ersetzt, stellte
Staffler zur Arbeit der aus angeblichen Experten bestehenden
Arbeitsgruppe fest, die unter größter Geheimhaltung (nicht einmal alle
SVP-Räte wussten davon!) eine Entscheidung getroffen hat, die man der
Bevölkerung jetzt nach dem Motto „Vogel friß oder stirb“ zur
Entscheidung vorlegen wollte. Dass man das alles unter dem Deckmantel
der direkten Demokratie verkaufen wollte, sei ein starkes Stück, sagte
Staffler.
Erwartungsgemäß hat der Vorschlag des Stadtrates nur
die 19 Stimmen der Mehrheit erreicht und damit die erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit von 20 Stimmen verfehlt. Dazu beigetragen haben
dürfte auch die von der Mehrheit geforderte geheime Abstimmung, für eine
derart wichtige Sache eigentlich eine undemokratische Vorgangsweise,
da jeder gewählte Gemeinderat offen zu seiner Entscheidung stehen
sollte. In diesem Fall erwies sich die geheime Abstimmung jedoch als
Schutz für die Demokratie, da auch gewisse stark unter Druck gesetzte
Oppositionsräte, trotz aggressiver Stimmung im Publikum, die Möglichkeit
hatten, ohne Angst vor Repressionen gegen die Volksabstimmungs-Farce zu
stimmen.
Die Entscheidung des Gemeinderates eröffnet nun die
Möglichkeit, unter Einbeziehung der Opposition und der gesamten
Bevölkerung nach der besten Lösung für die notwendige Verbesserung der
Verkehrsverbindung zwischen Brixen und St. Andrä zu suchen und eventuell
die Bürger in einer nicht nur vorgetäuschten Volksabstimmung zwischen
echten Alternativen entscheiden zu lassen. Ob die Gemeindeverwaltung
diese Möglichkeit nutzt, ist allerdings fraglich.
Hartmuth Staffler
Gemeinderat der Süd-Tiroler Freiheit in Brixen