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Luis Gutmann – ein Freiheitskämpfer und Freund ist von uns gegangen

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Luis Gutmann – ein Freiheitskämpfer und Freund ist von uns gegangen

Am 3. Juni 2013 ist der ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer und Landwirt Alois Gutmann im Alter von 83 Jahren verstorben. Der am 1. Juni 1930 in Girlan geborene und in Söll oberhalb Tramin ansässige Luis Gutmann hatte zu den Vertrauten Sepp Kerschbaumers gehört, des Begründers und Anführers des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS).

Nach den Anschlägen der „Feuernacht“ des Jahres 1961 war es den Carabinieri gelungen, durch schwerste Folterungen wehrloser Gefangener immer mehr Mitverschworene des BAS ausfindig zu machen, welche wiederum der Folter unterworfen wurden. Die Folterer beriefen sich – auch gegenüber dem Gefangenen Gutmann – darauf, dass sie von dem aus Sizilien stammenden „christdemokratischen“ Innenminister Scelba freie Hand („carta bianca“) für die Folterungen erhalten hätten.

Am 17. Juli 1961 hatte das Verhängnis Tramin erreicht. Der junge Luis Gutmann war verhaftet und in die Carabinierikaserne in Eppan gebracht worden. Dort wurde er zusammen mit anderen furchtbar zugerichtet. Die Schreie der Misshandelten drangen so laut aus der Eppaner Carabinierikaserne, dass die Anwohner in der Nacht nicht schlafen konnten. Das berichtete das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am 16. August 1961 unter dem Titel „Schreie in der Nacht“.

Der Familie von Luis Gutmann übergaben die Carabinieri die blutige Wäsche des Geschundenen. Luis Gutmann war 7 Stunden lang mit Fausthieben geschlagen, nackt auf dem Bretterboden der Kaserne herumgezerrt, über einer Holzkiste gestreckt und gebogen, am Unterleib misshandelt und mittels einer eingeflößten Säure dem Erstickungstod nahe gebracht worden. Als seine Mutter seine blutige Wäsche in der Hand hielt, weinte sei. Das berichtete später ihre Tochter Rosa.

Luis Gutman hat seine Folter ausführlich in einem handschriftlich am 18. November 1961 verfassten und aus dem Gefängnis geschmuggelten Brief an die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) geschildert. Er musste erleben, dass Landeshauptmann Magnago seinen Folterbrief ebenso wie die Berichte seiner Mitgefangenen offenbar aus politischem Opportunismus im Parteiarchiv verschwinden ließ, ohne etwas zu unternehmen.

In dem Dokumentarwerk des Historikers Helmut Golowitsch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ ist ausführlich festgehalten, was Luis Gutmann und seinen Kameraden widerfahren ist. Bei öffentlichen Präsentationen dieser Dokumentation hat Luis Gutmann den erschütterten Zuhörern geschildert, was ihm und seinen Kameraden angetan worden war.

Auch in dem von seinem Kameraden Sepp Mitterhofer und Günther Obwegs herausgegebenen Buch „Es blieb kein anderer Weg…“ hat Luis Gutmann in dem Kapitel „Die ‚Cura speciale‘“ die Folterungen durch die Carabinieri beschrieben und das Opfer der beiden an den Folgen der Misshandlungen gestorbenen Kameraden Franz Höfler und Anton Gostner gewürdigt.

Als Luis Gutmann nach jahrelanger Haft wieder nach Hause kam, durfte er erleben, dass die italienische Zuwanderung nach Südtirol durch den Freiheitskampf weitgehend zum Stillstand gekommen war und die Südtiroler durch das Autonomiestatut – trotz dessen Mängel eine Verschnaufpause auf ihrem Weg zur Selbstbestimmung gewonnen hatten.

Bis zu seinem Lebensende war Luis Gutmann in verschiedenen Vereinigungen, wie der Musikkapelle Tramin, für das Gemeinwohl tätig.

Über allem aber stand für ihn das Anliegen der Freiheit und Einheit Tirols. Dafür war er im „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) unermüdlich tätig. Wir verlieren mit ihm einen lieben Freund und einen tapferen und ausdauernden Mitstreiter. Sein geistiges Vermächtnis ist für uns Verpflichtung, auf dem Weg zur Freiheit nicht müde zu werden und nicht nachzulassen.

Roland Lang, Obmann des Südtiroler Heimatbundes
Sepp Mitterhofer, Ehrenobmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)
Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung, Sprecher der „Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer“
Foto oben – Quelle: www.schuetzen.com
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