In den nächsten Monaten steht eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes auf der Tagesordnung des österreichischen Parlaments. Es wäre dies eine ideale Gelegenheit, dabei auch einen Süd-Tirol-Passus für die doppelte Staatsbürgerschaft mit einzubauen. Die SÜD-TIROLER FREIHEIT hat daher heute Vormittag einen Maßnahmenkatalog vorgestellt, der die letzten noch offenen Fragen beseitigt und aufzeigt, wie die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Süd-Tiroler gesetzlich ermöglicht werden kann, ohne dass dafür das umstrittene Prinzip der doppelten Staatsbürgerschaft in der österreichischen Rechtssprechung explizit eingeführt werden muss.
So kann die österreichische Staatsbürgerschaft für die Süd-Tiroler ermöglicht werden:
Sämtliche Gutachten der österreichischen Ministerien, sowie die Expertenanhörung im Parlament sind zum Schluss gekommen, dass die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Süd-Tiroler rechtlich möglich ist und ohne Verfassungsänderung realisiert werden könnte. Einziger Knackpunkt waren bisher politische Bedenken, da die explizite Gewährung doppelter Staatsbürgerschaften einen Paradigmenwechsel in der österreichischen Rechtssprechung bedeuten würde.
Das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz erlaubt jedoch bereits heute in Ausnahmefällen die bisherige Staatsbürgerschaft beizubehalten und somit de facto doppelte Staatsbürgerschaften:
Wenn dies im Interesse Österreichs liegt.
Wenn der bisherige Staat keine Aufgabe der Staatsbürgerschaft vorsieht.
Wenn die Aufgabe der Staatsbürgerschaft nicht zumutbar ist.
Beim Erwerb der österr. Staatsbürgerschaft durch Anzeige laut §58c.
Österreich gilt auf der Grundlage internationaler Verträge als Schutzmacht Süd-Tirols, und hat somit ein berechtigtes Interesse, der österreichischen Minderheit in Italien (die aus politischen Gründen die österreichische Staatsbürgerschaft unfreiwillig verloren hat), die eigene Staatsbürgerschaft wieder zu gewähren. Eine Verpflichtung, die italienische Staatsbürgerschaft aufzugeben, was zur Folge hätte, dass die Süd-Tiroler bürgerliche Rechte wie das Wahlrecht verlieren, läge nicht im Interesse der Schutzmacht Österreich und wäre den Süd-Tirolern auch nicht zumutbar.
In Zusammenarbeit mit Juristen hat die SÜD-TIROLER FREIHEIT daher eine Regelung ausgearbeitet, mit der durch einer minimalen Gesetzesanpassung -auf Grundlage der obgenannten Ausnahmen- die Vergabe der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Süd-Tiroler ermöglicht würde, ohne dafür explizit doppelte Staatsbürgerschaften einführen zu müssen.
Es bedarf dazu lediglich eines kleinen Zusatzes, eines Punkt 2 im §58c, welcher bereits heute den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft erlaubt, ohne dass dafür die bisherige Staatsbürgerschaft aufgegeben werden muss:
§ 58c.(1) Ein Fremder erwirbt unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6 und 8 und Abs. 2 Z 1 und 3 bis 7 die Staatsbürgerschaft, wenn er der Behörde (§ 39) unter Bezugnahme auf dieses Bundesgesetz schriftlich anzeigt,
sich als Staatsbürger vor dem 9. Mai 1945 in das Ausland begeben zu haben, weil er Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Dritten Reiches mit Grund zu befürchten hatte oder erlitten hat oder weil er wegen seines Eintretens für die demokratische Republik Österreich Verfolgungen ausgesetzt war oder solche zu befürchten hatte;
[highlight]dass er oder einer seiner Vorfahren in direkter Linie im Sinne des §§ 7, 7a vor Inkrafttreten des Staatsvertrags von Saint Germain StGBl. Nr. 303/1920 Österreichischer Staatsbürger (bzw. Staatsbürger der Österreichisch-ungarischen Monarchie) mit Heimatrecht im Gebiet der heutigen autonomen Provinz Bozen-Süd-Tirol war.[/highlight]
Mit diesem simplen Zusatz, eines Punktes 2 im bestehenden §58c, wären die Süd-Tiroler berechtigt, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben und dabei die italienische Staatsbürgerschaft zu behalten, ohne dass dafür in der österreichischen Rechtssprechung explizit doppelte Staatsbürgerschaften eingeführt werden müssen.
Letzte Fragen wurden geklärt:
Nachdem alle rechtlichen Fragen geklärt wurden, bleiben nur mehr die praktischen Folgen eine österreichischen Staatsbürgerschaft zu klären. Die SÜD-TIROLER FREIHEIT hat daher einen Themenkatalog mit den letzten noch ausständigen Fragen erstellt und fachliche Antworten dazu eingeholt:
Rechte und Pflichten:
Mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch die Süd-Tiroler bekämen diese keine Sonderrechte oder Sonderpflichten, sondern wären allen anderen im „Ausland“ lebenden Österreichern gleichgestellt. Sie wären somit sogenannte „Auslandsösterreicher“. Diese werden vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten betreut, welches sogar eine eigene Homepage dazu eingerichtet hat www.auslandsoesterreicher.at.
Keine innenpolitischen Auswirkungen in Österreich:
Bereits heute gibt es mehr als 500.000 Auslandsösterreicher, ohne dass dadurch die innenpolitischen Verhältnisse in Österreich verändert würden. Die meisten davon leben in Deutschland ca. 250.000, in der Schweiz ca. 50.000, in den USA ca. 30.000, in Großbritannien ca. 20.000, in Spanien ca. 15.000 usw. Selbst wenn also alle wahlberechtigten Süd-Tiroler (ca. 285.000) um die österreichische Staatsbürgerschaft ansuchen würden (was nicht der Fall sein wird), hätte dies so gut wie keine Auswirkungen für Österreich.
Militärdienst:
Als Auslandsösterreicher wären die Süd-Tiroler nicht zum Militärdienst verpflichtet, da sie ihren ordentlichen Wohnsitz nicht auf dem Gebiet der Republik Österreich haben. Zudem ist in Italien die Wehrpflicht ausgesetzt und das bestehende Gesetz sieht bereits heute vor, dass Doppelstaatsbürger, die in dem Staat leben wo die Wehrpflicht ausgesetzt ist, nicht zum Präsenzdienst in Österreich verpflichtet sind.
Steuern/Sozialleistungen/Renten:
Der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch die Süd-Tiroler hätte in den Bereichen Steuern, Sozialleistungen und Renten keine Auswirkungen – weder für Süd-Tirol, noch für Österreich- da diese nicht an eine Staatsbürgerschaft gebunden sind. Ausschlaggebend ist der Wohnort und der Ort der Arbeit. Grundsätzlich gilt, dort wo man lebt und arbeitet, müssen Steuern bezahlt werden und erwachsen Ansprüche aus Sozialleistungen. Durch die österreichische Staatsbürgerschaft müssten die Süd-Tiroler weder Steuern in Österreich bezahlen, noch könnten sie die Sozialleistungen Österreichs beanspruchen. Auch hier gilt, dass sie allen anderen im Ausland lebenden Österreichern gleichgestellt wären.
Die SÜD-TIROLER FREIHEIT hat sich in den vergangenen zwei Jahren intensiv um die doppelte Staatsbürgerschaft bemüht, in ganz Österreich mehr als 22.000 Unterschriften gesammelt, Gutachten eingeholt, Musteransuchen gestellt, im österreichischen Parlament an einer Expertenanhörung teilgenommen und unzählige Gespräche mit allen Parteien geführt.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zeigt die SÜD-TIROLER FREIHEIT nun auf, wie die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft ermöglicht werden kann, ohne dass es dafür grundlegende Änderungen in der österreichischen Rechtssprechung bräuchte.
Angesichts der Bedeutung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Zukunft Süd-Tirols erneuert die SÜD-TIROELR FREIHEIT daher das Angebot an die SVP, in dieser wichtigen Angelegenheit zusammenzuarbeiten und gemeinsam in Wien für die doppelten Staatsbürgerschaft einzustehen.
Als Zeichen des Guten Willens hat der L.-Abg. Sven Knoll diesen Gesetzentwurf bereits vorab dem Obmann der SVP, Richard Theiner, sowie seiner Stellvertreterin Martha Stocker überreicht.
Der vorliegende Entwurf könnte der entscheidende Lösungsansatz sein, um den Süd-Tirolern den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu ermöglichen.
SÜD-TIROLER FREIHEIT
Freies Bündnis für Tirol