Das von der SVP als Abkommen verkaufte „Bozner Abkommen“ ist in Wahrheit ein Memorandum, das keine Termine und keine wirklichen Zusagen enthält, so Roland Lang von der SÜD-TIROLER FREIHEIT. Außerdem muss man sich schon fragen, inwieweit Journalisten das Abkommen gelesen haben, da auch die Überschrift des Schriftstückes „Gemeinsames Memorandum …“ lautet. Es steht nichts von einem Vertrag oder Abkommen und stellt somit nichts wirklich Bindendes dar. Erst auf meine Anfrage, so der Vertreter der SÜD-TIROLER FREIHEIT, wurde das Memorandum nach mehr als zwei Tagen auch in deutscher Sprache veröffentlicht.
Die Bezeichnung „Abkommen“ ist irreführend, weil ein „Abkommen“ laut „Bedeutungswörterbuch Duden“ eine „Vereinbarung“ darstellt. Tatsächlich ist aber in dem vorliegenden Text inhaltlich so gut wie nichts bindend vereinbart, sondern es wird nur die Absichtserklärung kundgetan, bestimmte Dinge in Zukunft zu regeln, wobei der Inhalt der künftigen Regelung weitestgehend offen bleibt. Bereits das Zustandekommen des Schriftstückes war alles andere als sorgsam formuliert und von langen Gesprächen begleitet: Laut Landespresseamt wurden in Bozen im letzten Moment noch kurzfristige Änderungen am Memorandum vorgenommen.
Ein Memorandum ist nur eine „Denkschrift“. Eine solche kann auch inhaltlich zu nichts verpflichten.
Über die Wortinterpretation hinaus muss man anhand des Inhaltes des unterzeichneten Schriftstückes feststellen, dass dieses nichts anderes ist, als eine Absichtserklärung, die in der Auflistung genannten Themen zu behandeln und einer Regelung zuzuführen.
Wie diese Regelung jeweils auszusehen hat, ist hierbei nicht fixiert. Das einzige konkrete im Memorandum ist die Fixierung eines Treffens zwischen Beamten einiger Ministerien und der Provinzen Trient und Bozen.
Was die bereits erlangten Erfolge des Treffens Letta Durnwalder betrifft, so sind sie für Südtirols Zukunft sicher nicht überlebensnotwendig. Auch wurden bereits vor dem Abkommen letzte Woche im Gesetzgebungsausschuss durch die Annahme eines SVP Abänderungsantrages die Weichen für die neuerliche Landeszuständigkeit für Gebäudeabstände und Einzelhandel gestellt. Nur die Absegnung im Senat erfolgte nach der Unterzeichnung des Memorandums.
Das Memorandum eröffnet somit hier eine weite italienische Spielwiese von Auslegungen, und es weiß noch niemand, was dabei herauskommen wird. Inhaltlich von einem „Abkommen“ zu sprechen, ist jedenfalls ein Witz.
Dieses Schriftstück ist jedenfalls ein erneutes Meisterstück italienischer Diplomatie, das von der SVP wieder als große Errungenschaft verkauft wird. Statt andauernd mit vertrags- und wortbrüchigen Gesellen in Rom zu verhandeln, wäre es höchst an der Zeit, in Rom endlich Klartext zu reden und das Selbstbestimmungsrecht einzufordern.
Roland Lang