Landeshauptmann Durnwalder brachte am 09.09.2013 gegenüber den „Dolomiten“ seine Hoffnung zum Ausdruck, die Einbürgerung der SVP-Landtagskandidatin Marie Måwe möge ohne Bevorzugung stattfinden. Diese Aussage war wohl eher als Opium für das gemeine Volk zu verstehen. Aber nicht jeder politisch Interessierte hat ihm diese Aussage abgenommen. Ein ausgebuffter Landeshauptmann wie Luis Durnwalder, der nicht weiß, was hinter den Kulissen der SVP gespielt wird, das ist ein Unding.
Am 10.09.2013 platzte die Bombe: Laut Zeitungsmeldung betrug die Bearbeitungsdauer nur 7 Wochen, bis Marie Måwe die italienische Staatsbürgerschaft erhielt! Nein, allein an der italienischen Verwaltung dürfte es nicht gelegen haben. Dort hat so mancher das Gefühl, dass die Schnecke mit ihrem Tempo als Normbrecher verschrien ist. Viele Ausländer müssen zwei Jahre und länger darauf warten. In einer zivilisierten Gesellschaft gilt der Grundsatz „Vor dem Gesetz sind alle gleich.“. Offenbar gilt das nicht, wenn bei der SVP Parteiinteressen im Spiel sind. Durnwalder & Co. haben sich langsam aber sicher ihr Demokratieverständnis italienischer Parteien angepasst.
Durnwalder wird es wohl schon geahnt haben, dass dieser Vorfall ein äußerst schlechtes Licht auf die SVP wirft. Aber es ist ein offenes Geheimnis, mit welcher Intensität er und seine Genossen in Rom alle Hebel in Gang gesetzt haben, um die Einbürgerung noch vor der Landtagswahl über die Bühne zu bringen. Auch ein Abendessen von Ministerpräsident Letta beim Noch-Nicht-Landeshauptmann Arno Kompatscher in Völs dürfte zum Repertoire der SVP-Charmeoffensive gegenüber Rom gehört haben.
War das Nachgeben der SVP beim neuen Toponomastik-Gesetz der Preis für die Einbürgerung? Am 03.09.2013 schrieb die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ unter der Überschrift „Römischer Eklat“ sinngemäß, dass Durnwalder und Genossen vor zwei Jahren dieses neue Toponomastik-Abkommen niemals unterschrieben hätten…
Ist der Fall Måwe ein Einzelfall, eine Ausnahme? Nein! Erinnert sei daran, dass die SVP die Verhinderung der Direktwahl des Landeshauptmannes und die hohe Wahlhürde bei Parlaments- und Senatswahlen durch eine Ausnahmegenehmigung in Rom erwirkt hat. Rom war bisher auch nachsichtig, wenn die SVP den Antrag auf Rückerstattung der Wahlkampfkosten zu spät eingereicht hat.
Spätestens nach dem Fall Måwe dürfte jedem klar sein, wie sehr sich die SVP und Rom brauchen. Rom hilft der SVP (Aber nicht Südtirol!) so gut es kann und die SVP revanchiert sich durch das Niederhalten der aufmüpfigen Südtiroler. In der Biologie nennt man das eine Biozönose. Für Südtirol ist das eine verhängnisvolle Allianz!
Die SVP spielt ein doppeltes Spiel nicht nur mit Rom, sondern auch mit den Südtirolern: Diese Partei paktiert mit Rom. Bei Wahlkämpfen zieht sie aber gegen Rom zu Felde, um die eigenen Reihen zu schließen. Den Südtirolern gaukelt sie vor, ihre Rechte gegenüber Rom zu verteidigen. In Wirklichkeit tut sie nur das, was ihre Alleinherrschaft sichert.
Wäre es nicht an der Zeit, wenn sich die SVP zu dem bekennt, was sie wirklich ist: eine Partei der zwei Gesichter? Konsequenter Weise sollte sie das Edelweiß einmotten und den Januskopf als neues Parteisymbol verwenden.
Wolfgang Schimank
Berlin, den 19.09.2013
P.S.: Ich möchte Ihnen auch den Artikel „Südtirol: Das System SVP“ empfehlen.