Liebe Mitglieder der SVP,
liebe Genossinnen und Genossen,
unsere Partei hat ihr Antlitz unter Landeshauptmann Luis Durnwalder grundlegend geändert. Dieser Tatsache möchten wir Rechnung tragen. Wir lieben das „Italian way of life“ und möchten deshalb nicht weg von Italien. Wir mögen die instabilen politischen Verhältnisse in Italien, die Korruption, die Mafia, den unendlichen Bürokratismus, die hohen Steuern für Selbstständige, die leeren Kassen, die Vertragsuntreue der römischen Politiker und das Unverständnis gegenüber ethnischen Minderheiten. Wir vergöttern die Fußballer der italienischen Nationalmannschaft, die hinter dem Rücken des Schiedsrichters kräftig austeilen und, wenn sie erwischt werden, die bemitleidenswertesten Geschöpfe der Welt sind.
Der Weg zur Bekenntnis zu Italien war nicht einfach: Am 07.02.2007 gab es im Südtiroler Landtag eine denkwürdige Abstimmung. Der Landtagsabgeordnete Alberto Pasquali von der Berlusconi-Partei „Forza Italia“ brachte einen Beschlussantrag ein, wonach der Landtag die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien „für definitiv und unwiderruflich“ erklären sollte. Diesen Antrag haben wir gemeinsam mit der deutschen Opposition niedergestimmt. Damals waren wir mental noch nicht so weit.
Aber am 08.05.2012 stimmten wir gegen den Antrag der Südtiroler Freiheit, die Annexion Südtirols durch Italien als ein Unrecht zu bezeichnen. Wir unterstützten tatkräftig das Alpinitreffen im Mai 2012 in Bozen und schlossen mit der Partito Democratico (PD) im Januar 2013 eine Koalitionsvereinbarung ab, die für Südtirol eine hohe finanzielle Belastung bedeutet. Seit dem Bondi-Brief im Januar 2011 ist in puncto italofaschistische Denkmäler so gut wie nichts passiert. Im August 2013 ratifizierten wir ein Toponomastik-Abkommen, das wir noch vor zwei Jahren so nicht unterschrieben hätten…
Folgende Punkte möchten wir ansprechen:
1. Änderung des Parteiprogramms
2. Änderung des Parteinamens
3. Änderung des Logos unserer Partei
4. Einführung einer Parteihymne
5. Umwandlung der Autonomen Provinz Südtirol in ein Königreich zu Gnaden Roms und
6. Finanzielle Unterstützung Italiens.
Zu 1) Im Parteiprogramm der SVP vom 08.05.1993 steht auf Seite 2 unter der Überschrift“ Grundwerte für die Zukunft“ der Satz: „Die SVP bekräftigt die Unverzichtbarkeit des Selbstbestimmungsrechtes der Südtiroler.“
Da wir nicht weg von Italien wollen, schlagen wir vor, diesen Passus zu streichen.
Bitte wählen Sie: A) Passus streichen oder
B) Passus nicht streichen*
Zu 2) Unsere Partei wird im Volksmund „Selbstbestimmungs-Verweigerungs-Partei“ genannt. Da jeder Südtiroler ohnehin weiß, woran er bei uns ist, sollten wir uns auch dazu bekennen. Deshalb schlagen wir vor, dass sich unsere Partei künftig den o. g. Namen zulegt.
Bitte wählen Sie: A) Selbstbestimmungs-Verweigerungs-Partei oder
B) einen anderen Namen* oder
C) Südtiroler Volkspartei*
Zu 3) Unter Luis Durnwalder haben wir so unsere (doppelten) Spielchen mit Rom und den Südtirolern getrieben. Wir schlagen vor, unser Edelweiß einzumotten und dafür künftig den Januskopf zu verwenden.
Bitte wählen Sie: A) Januskopf oder
B) anderes Symbol* oder
C) Edelweiß*
Zu 4) Für den Verbleib bei Italien bis zum bitteren Ende eignet sich folgendes Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe aus dem Werk „Faust“:
Und Schlag auf Schlag! Werd ich zum
Augenblicke sagen:
Verweile doch! Du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!
Dann mag die Totenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sei die Zeit für mich vorbei!
Zur Bekräftigung des Machtanspruchs unserer Partei auf Südtirol eignet sich folgendes Gedicht:
Lied der SVP
Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Geld, der hat immer Geld,
Gegen Lüge und Neiderei.
Der das süße Leben beleidigt,
Ist dumm und schlecht.
Wer die Pfründe verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus SVP´schen Geist,
Wächst, von Luis geschweißt,
Die Partei – die Partei – die Partei.
Es wäre denkbar, auch beide Gedichte zu vertonen und das eine oder das andere, je nach Situation und momentanen Gemütszustand, zu singen.
Bitte wählen Sie: A) beide Gedichte oder
B) das Gedicht von Goethe oder
C) das geänderte Lied der SED oder
D) ein anderes Gedicht / Lied als Parteihymne verwenden*
Zu 5) Am 24.03.2013 auf der SVP-Landesversammlung sagte Genosse Lorenz Mayr: „Es muss Schluss sein mit der Hinterzimmer-Politik. Es dürfen nicht mehr nur zehn Leute in der Partei das gute und schlechte Wetter machen. Wenn ich hier in die Runde blicke, dann sehe ich viele Weiß- und Grauhaarige…“ („Dolomiten“ vom 24.03.2013) –Unser junger Parteifreund hat es noch nicht richtig verstanden. Für das „System SVP“ sind Demokratie und Transparenz Gift, eine Existenzbedrohung! Dann ist Schluss mit den Pfründen und anderen Vorteilen!
Daher haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir unsere Macht absichern können. Die eine Möglichkeit wäre die Einführung des d´ Hondtschen Wahlsystems. Die sichere Variante ist die Installation eines Königreiches zu Gnaden Roms. Die SVP ist der Hofstaat und unser Landeshauptmann wird zum König Luis von Südtirol gekrönt. Dann wären keine lästigen Wahlen mehr notwendig.
Zu 6) Da wir schon allein aus Selbsterhaltungsgründen bei Italien bleiben wollen, ist es eine logische Schlussfolgerung, dass wir Italien massiv finanziell unterstützen. Die Tatsache, daß wir für das Schuldenausmaß nicht verantwortlich sind, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Geht Italien unter, dann geht auch das „System SVP“ unter!
Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung ist das Koalitionsabkommen mit der PD vom Januar 2013. In diesem haben wir uns verpflichtet, 1% der Staatsschulden Italiens zu übernehmen. Bei einer Verzinsung von 4,5% sind das ungefähr 1 Milliarde Euro pro Jahr. Das entspricht 20% des Budgets von Südtirol. Ob diese freiwillige Zahlungsverpflichtung legal ist oder nicht, sei´s drum! Der Zweck heiligt die Mittel!
Wir sind bereit, noch mehr zu bezahlen. Doch keine Angst, liebe Parteifreunde, die Zeche bezahlt der kleine Mann! Unsere Pfründe bleiben davon verschont! Nun unsere Frage an Sie: Wenn von Rom eine Zahlungsaufforderung kommt, das wie vielfache soll Südtirol bereit sein, zu überweisen?
Bitte Wählen Sie: A) Die von Rom genannte Summe* oder
B) Die doppelte Summe oder
C) Die dreifache Summe.
Unsere Lebensphilosophie beschreibt Marie von Ebner-Eschenbach am treffendsten: „Die glücklichsten Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit!“. In diesem Sinne bitten wir Sie, werte Genossinnen und Genossen, rege an der Mitgliederbefragung teilzunehmen und Ihre Entscheidung zu treffen.
Der SVP-Parteivorstand
*) Ihre Entscheidung kann wichtig für Ihre spätere Karriere in Südtirol sein!
P.S.: Bitte vergessen Sie nicht, beim Ausfüllen des Fragebogens, Ihren Namen und die Adresse einzutragen!
+++Politik-Satire+++
Wolfgang Schimank
Berlin, den 26.09.2013