Prof. Franz Matscher äußerte sich in den „Dolomiten“ vom 4. Oktober zur Selbstbestimmung. „Das ist vollkommen unrealistisch“, so bereits der Titel des groß aufgemachten Interviews. Die Argumente des Völkerrechtsexperten sind nicht neu, und für jedes Argument gäbe es natürlich Gegenargumente. Doch diese kommen im Interview, das sich durchwegs als Plädoyer gegen die Selbstbestimmung liest, zu kurz.
Prof. Matschers Hauptargument lautet: „Volksgruppen haben nur dann ein Selbstbestimmungsrecht, wenn sie unterdrückt werden, wenn ihre Grundrechte und Menschenrechte verletzt werden. Ich glaube nicht, dass die Südtiroler das behaupten können.“ Wer sind „die Südtiroler“, von denen Prof. Matscher da spricht? Ich zähle mich jedenfalls nicht dazu, denn die Unterdrückung und Diskriminierung der Südtiroler, besonders in den identitätsstiftenden Schlüsselbereichen wie Sprache und Kultur, gehört in Südtirol zum Assimilierungsprogramm.
Außerdem: Warum wird nächstes Jahr in Schottland und bald darauf auch in Katalonien über die Unabhängigkeit abgestimmt? Nach Prof. Matschers Definition von Unterdrückung wären beide Regionen nicht dazu berechtigt. Aber sie sind es doch! Warum dann nicht auch Südtirol?
Cristian Kollmann