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Professor Matscher gegen Südtiroler Selbstbestimmung – Was für ein „Experte“!

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Rechtzeitig vor der Landtagswahl wurde mit dem 85 Jahre alten ehemaligen Salzburger Universitätsprofessor Franz Matscher ein alter Gehilfe der ÖVP-SVP-Politik aus der Versenkung geholt, um in den „Dolomiten“ vom 4. Oktober 2013 gegen die Selbstbestimmungsbestrebungen in Südtirol vom Leder zu ziehen und diese als „völlig unrealistisch“ zu bezeichnen.

Es lohnt, einen Blick auf den Werdegang Franz Matschers zu werfen: 1953 trat der Jurist Dr. Matscher in den Dienst des Österreichischen Bundeskanzleramtes, Abteilung Auswärtiger Dienst. Er war an diversen Botschaften und ab 1966 als Generalkonsul in Mailand tätig. Matscher wurde in der Folge zu Südtirol-Beratungen der ÖVP-Regierung Klaus – die das Südtirol-Problem rasch los werden wollte – und als Dolmetscher zu Verhandlungen mit der italienischen Seite zugezogen.

Matscher forderte entschiedenere Bekämpfung der Südtiroler Freiheitskämpfer

Matscher gab als Generalkonsul aus Mailand gute Ratschläge. Am 14. Juli 1967 forderte er in einem Bericht an das „Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten“ in Wien in Hinblick auf den Südtiroler Freiheitskampf: „eine konsequente und entschiedene Politik der Bekämpfung des Terrorismus“ durch Österreich. (Rolf Steininger: „Akten zur Südtirol-Politik 1959- 1969“, Bd. 1967, Innsbruck-Wien-Bozen 2012, S. 255)

Matscher: Auf innerstaatliche italienische „Paket“-Absicherung vertrauen!

Aber nicht nur auf menschenrechtlichem Gebiet sollte sich Matscher derart seltsam hervortun, sondern auch als „Experte“ für völkerrechtliche Fragen. 1969 schied er aus dem diplomatischen Dienst aus und wurde Professor für Zivilgerichtliches Verfahren und Prozessrechts Vergleichung an der Universität Salzburg.

Anlässlich der Abgabe der österreichischen Streitbeilegungserklärung 1992 ging es darum, ob die Südtirol-Autonomie international rechtlich abgesichert werden müsse. Die Italiener lehnten dies ab und die ÖVP-Regierung Klaus war zu einem Verzicht darauf bereit, um das Südtirol-Problem vom Hals zu bekommen. Nun wurde Matscher als angeblicher völkerrechtlicher Fachmann mit der Abgabe eines (regierungsfreundlichen) Gutachtens beauftragt, obwohl er eigentlich kein Völkerrechtler, sondern Zivilrechtler war.

Am 17. März 1992 lieferte der nunmehrige Professor Matscher das gewünschte Gutachten unter dem Titel „Gedanken zur Absicherung des Pakets“ und verkündete, dass man „auf die Rechtsstaatlichkeit der demokratischen Italienischen Rechtsordnung“ vertrauen sollte und darauf, „dass verfassungsmäßig zustande gekommene italienische Rechtsakte nicht so ohne weiteres im Sinne einer Rücknahme gesetzter Maßnahmen geändert werden könnten.“ Matscher weiter: „…die erzielte Regelung scheint mir aber im Lichte der italienischen Verfassungsordnung das Maximum des Erreichbaren darzustellen und ausreichende Garantien im Sinne des angestrebten Ziels zu bieten.“

In einem weiteren Gutachten vom 1. Mai 1992 – mit dem Titel „Zur internationalen Verankerung des Pakets“ – bekräftige Matscher, „dass die innerstaatliche Absicherung des

Pakets im Vordergrund stehen muss“. (Beide Gutachten sind als Kopien aus den Akten des österreichischen Außenministeriums im Besitz des Südtiroler Heimatbundes SHB und können bei dessen Obmann Roland Lang einsehen werden)

Benedikter: Das Gegenteil ist wahr!

Der herausragende Südtiroler Autonomiefachmann Dr. Alfons Benedikter freilich widersprach am 11. Mai 1992 Matschers Argumentation in einer Stellungnahme und

Presseaussendung heftig: „Das genaue Gegenteil ist wahr!“ Benedikter wies in seinem Gegengutachten darauf hin, dass Rom unter verschiedensten Titeln bereits laufend das Autonomiestatut von 1972 aushöhle und dabei auch von dem Verfassungsgerichtshof Recht bekomme. Damit sei die Behauptung einer wirksamen innerstaatlichen Absicherung widerlegt. (Benedikters Gegengutachten ist im Besitz des Südtiroler Heimatbundes SHB und kann bei dessen Obmann Roland Lang einsehen werden)

Benedikters Gegenargumentation aber half nichts mehr. Auch in der SVP wollte man von sachlichen Einwänden und Gegenargumenten nichts mehr hören. So nahm das Schicksal

seinen Lauf und heute stehen wir dort, wohin uns ÖVP, SVP und willige Erfüllungsgehilfen wie Matscher hingeführt haben.

Heute wird dieser Mann, der so katastrophale Ratschläge hinsichtlich der Autonomie-Absicherung gegeben hat, als „Völkerrechtsexperte“ auch gegen die Selbstbestimmung in Stellung gebracht. Man tut gut daran, nicht auf ihn zu hören!

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes

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