Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli wurde in der Tageszeitung vom 11. Oktober zu den faschistisch belasteten Straßennamen seiner Stadt interviewt. Konkret ging es um die Luigi-Cadorna-Straße und um die Amba-Alagi-Straße. Spagnollis Position zur Frage, ob Bozens Straßennamen mit faschistischem Hintergrund geändert werden sollten, ist nicht neu: „Wir sind noch nicht soweit“, hieß es bereits im Titel des Interviews. Die Folgen einer Änderung der derzeitigen Situation „wären schlimmer als die aktuelle“, zumal „das ethnische Gleichgewicht“ nicht gestört werden dürfe, so der Bürgermeister.
Wie seine Kollegen der übrigen italienischen Parteien und der Verdi-Grünen-Vërc lässt sich auch Herr Spagnolli von einer pazifaschistischen Ideologie treiben. Diese besteht darin, faschistisches Namen- und Gedankengut als friedenserhaltende Maßnahme zu reinterpretieren und damit die Südtiroler regelrecht zu erpressen. Der italienische Faschismus, der in die Gegenwart hereinreicht, wird dabei verharmlost, relativiert und verteidigt.
In Bezug auf die Luigi-Cadorna-Straße meinte Herr Spagnolli, dass die Südtiroler nicht beleidigt sein dürften, „dass eine Straße nach einem General benannt ist, der den Krieg verloren hat“. Herr Spagnolli, die Südtiroler sind aus einem anderen Grund beleidigt: Luigi Cadorna war ein Faschist! Und als wäre es der Peinlichkeiten nicht bereits genug, brilliert Herr Spagnolli durch weitere Geschichtslücken: Die Amba-Alagi-Straße ist keineswegs nach Luigi Cadornas Nachfolger als Generalstabschef im 1. Weltkrieg benannt (dieser war Armando Diaz), sondern nach einem Berg und Kriegsschauplatz in Äthiopien.
Was ich Ihnen als Einführung empfehlen möchte: Norbert Mumelter: Bozner Geschichte am Straßenrand. Straßen und Plätze von Bozen, Bozen 1990. Vielleicht sind Sie ja dann soweit, Herr Spagnolli.
Cristian Kollmann