Vergleicht man die Grünen Südtirols mit ihren Kollegen in Spanien und Deutschland, so erkennt man, wie widersprüchlich diese Partei ist: Während Spaniens Grüne die Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens unterstützen und die ostdeutschen Grünen an der friedlichen Revolution im Jahre 1989 teilnahmen, verteufeln Hans Heiss & Co. Südtirols Unabhängigkeitsbewegung.
Während sich ihre spanischen und deutschen Kollegen klipp und klar vom Faschismus distanzieren, gehen die Südtiroler Grünen einen Schlingerkurs. Man verurteilt zwar den deutschen Faschismus, beim italienischen hat man Scheuklappen vor den Augen. Kein Wort zu den Tolomeiischen Orts- und Flurnamen und zu den faschistischen Denkmälern.
Die Haltung der Grünen zu den Alpini ist sehr konfus: Während Hans Heiss sich kritisch äußert, kommen vom Parlamentsabgeordneten Florian Kronbichler lobende Kommentare. Die Alpini haben sich dafür revanchiert und Kronbichler am 12.05.2013 mit dem Preis „Journalist des Jahres 2012“ ausgezeichnet. Die Preisbegründung: „Der Journalist hat mit Scharfsinn und intellektueller Redlichkeit den tieferen Sinn des Alpinifestes von Bozen und deren Werte herausgearbeitet. …“ [1] –Sollte da nicht jedem Demokraten speiübel werden???
Die Grünen können aus Geschichtsunkenntnis (?) nicht verstehen, wenn viele ihrer Landsleute Angst vor Überfremdung und (italienischer) Dominanz haben. Erinnert sei an die 50-er und 60-er Jahre des letzten Jahrhunderts, als in Südtirol und in ganz Italien eine Restauration des Faschismus stattgefunden hat. Rom dachte nicht daran, das Pariser Abkommen umzusetzen. Stattdessen wurde eine 51%-Politik betrieben.
„Es gibt in ganz Westeuropa keine einzige Minderheit, deren Siedlungsgebiet vom Staatsvolk in einem solchen Maße überflutet wurde, wie dies bei Südtirol der Fall ist, das zur Zeit des Anschlusses an Italien noch rein deutschsprachig war.“ schreibt Wolf Donner in seinem Artikel „Die Südtirol-Frage – Prüfstein für Europa“. [2] In dieser Zeit war der Bestand der Deutschen/Tiroler Kultur und Sprache äußerst bedroht. Nur der bewaffnete Widerstand der Südtiroler und der aufkommende Touristenstrom aus Deutschland vermochten diese Bedrohung abzuwenden.
Hans Heiss gab im „Spiegel Special 1/2006“ [3] zu Protokoll: „Die Deutschen waren unsere kulturelle und politische Ressource, auf die wir uns stützen konnten.“ Haben Hans Heiss & Co. diese Zeit vergessen?
Trotz italienischer und SVP´scher Geschichtsverbrämung dürften sich diese Erinnerungen in das kollektive Gedächtnis der Südtiroler eingebrannt haben.
Die Grünen möchten, dass alle zugezogenen Ausländer sofort die italienische Staatsbürgerschaft und die Berechtigung zur Ausübung des Wahlrechts erhalten. Es ist aber eine Tatsache, dass der überwiegende Teil dieser Menschen nur italienisch lernt und ihm die deutsche /Tiroler Kultur fremd ist. – Für Wahlen sind sie somit bestens manipulierbar. – Im antiken Griechenland, der Wiege der Demokratie, erhielten freie ausländische Bürger aus diesem Grund erst nach 10 Jahren Ansässigkeit das Wahlrecht.
Vom Flüchtlingsstrom sind besonders die nördlichen Provinzen Italiens, die weg von diesem Stiefelstaat wollen, betroffen. In Südtirol findet faktisch ein zweites Mal eine 51%-Politik statt.
Rom sieht dieser Entwicklung genüsslich zu.
Die Grünen streben eine Art von schwedischem Wohlfahrtsstaat an, der letztendlich daran gescheitert ist, weil er so nicht mehr finanzierbar war. Der Preis für diese sozialen Wohltaten waren hohe Steuern und Sozialabgaben. Dadurch wurden schwedische Produkte immer teurer und schlechter absetzbar. –Soziale Wohltaten und ihre Finanzierbarkeit sind halt zwei Seiten einer Medaille. Das Füllhorn an Wahlversprechen der Grünen mag den Wähler anfangs entzücken, aber bei genauerem Hinsehen muss man feststellen, dass sie Sozialromantik betreiben.
Hans Heiss & Co. schwärmen vom „friedlichen Zusammenleben“ der verschiedenen Volksgruppen in Südtirol. Allerdings ist dieser „Frieden“ erkauft durch Selbstverleugnung, Verdrängen und Beschwichtigen historischer und täglicher Ungerechtigkeiten. Diese Kultur der Geschichtsbewältigung wird zweifellos durch die Generalamnestie Togliattis für alle italienischen Faschisten und ihrer Taten im Jahre 1946 begünstigt. Man muss sich das vor Augen führen: Italien ist das einzige Land in Europa, das seine Kriegsverbrecher bis zum heutigen Tage vor nationaler und internationaler Strafverfolgung schützt!* –Da mag bei so manchem Italiener der Eindruck entstehen, dass das mit dem italienischen Faschismus wohl nicht so schlimm gewesen sein mag. Der Bürgermeister von Bozen, Luigi Spagnolli, ist ein trauriges Beispiel dafür. Aber kein rational denkender Mensch würde ernsthaft behaupten, dass sich in Südtirol alle Volksgruppen in gleicher Augenhöhe begegnen.
In Südtirol sind die Rollen klar verteilt: Die italienischsprachige Volksgruppe ist das Staatsvolk und die ladinische und die deutsche die (ethnische) Minderheit. Die erstere Gruppe betrachtet die faschistischen Denkmäler, Orts- und Flurnamen als ihre Italianíta, basta, und die anderen haben sich damit abzufinden.
Die Interessen der ethnischen Italiener in Südtirol werden durch gesamtitalienische Parteien vertreten. Das Schicksal der Ladiner und der Deutsch-Südtiroler hängen vom Wohlwollen Roms ab.
Landeshauptmann Durnwalder wurde in den „Dolomiten“ vom 16.09.2011 mit folgenden Worten zitiert: „Als österreichische Minderheit müssen die Südtiroler immer vorsichtig sein und eine gewisse Angst haben.“ [4] Aber ist das eine erstrebenswerte Zukunft?
Wenn es den Grünen wirklich darum gehen würde, dass alle Volksgruppen gleichberechtigt sind und ohne Zukunftsangst leben, warum sträuben sie sich gegen den Freistaat Südtirol und gegen eine Wiedervereinigung mit Österreich???
Fazit: Der Partei „Verdi – Grüne – Vërc“ wurde bei der Gründung kein Gen für freiheitliches Denken und für ein gewisses Aufbegehren gegen das bestehende Establishment in die Wiege gelegt. Diese empfiehlt sich eher als biedere zweite Statthalter-Partei zu Gnaden Roms.
Da in Südtirol viele Menschen aus Gründen der Naturverbundenheit, der Heimatliebe und der Religion im Umweltschutz aktiv sind, stellt sich die Frage, wofür man die Grünen eigentlich braucht.
Frage an Radio Eriwan: Ist es möglich, dass die Grünen Südtirol regieren? Im Prinzip ja, aber wäre es nicht schade um das schöne Südtirol?
Wolfgang Schimank
Berlin, den 15.10.2013
*) Kann man auf diesem Staat stolz sein?
[1] http://www.tageszeitung.it/2013/05/12/der-alpino-flor/
[2] Wolf Donner: „Die Südtirol-Frage – Prüfstein für Europa“, Seite 231
[3] „Der Spiegel“, Henryk Broder: „Eingebildete Reiche“
http://www.spiegel/spiegelspecial/d-45964839.html
[4] http://www.stol.it/layout/set/print/content/view/artikel_print/255239