Aus der Schulwelt gibt es in Zusammenhang mit CLIL viele Fragen und berechtigte Sorgen. Wenn nämlich die Entwicklung in der Südtiroler Schule in die Richtung weiter geht, wie sie sich jetzt darstellt, dann sehen viele darin den Anfang vom Ende der so mühsam aufgebauten muttersprachlichen Schule!
Art. 19 ist taxativ: „In der Provinz Bozen wird der Unterricht in den Kindergärten, Grund- und Sekundarschulen in der Muttersprache der Schüler,….erteilt….“. Das heißt, dass alle Fächer, mit Ausnahme von Italienisch, in der Muttersprache erteilt werden, und zwar von muttersprachlichen Lehrern. Und Art. 19 gilt für das gesamte Schulwesen, auch für das italienische.
Betreffend CLIL, der Unterrichtsform, bei der einzelne Fächer nicht mehr in der Muttersprache, sondern in einer anderen Sprache unterrichtet werden sollen, ergeben sich folgende Fragen:
Hat der Art. 19 nicht Verfassungsrang? Wenn ja, kann dann ein Staatsgesetz den Artikel 19 außer Kraft setzen? Man „versucht“ es mit dem Segen der höchsten kulturpolitisch Verantwortlichen einstweilen „nur auf Zeit“. Und dann?
Angeblich werden Sachfächer „nur in italienischer Sprache gestaltet“. Also lernt der Schüler ein Fach nicht mehr in seiner Muttersprache Deutsch, sondern in Italienisch?
Wer unterrichtet nun auf Italienisch? Ein muttersprachlich deutscher Lehrer? Und da stellen sich mehrere Fragen, auch in Zusammenhang mit der Zweisprachigkeit des Lehrers.
Oder ist es ein italienischsprachiger Lehrer, der nun ein Fach, das in der Muttersprache des Schülers erteilt werden muss, in Italienisch unterrichtet? Woher stammt seine spezifische Fachkompetenz, denn für die 2. Sprache gibt es ausgebildete Sprachlehrer, aber nicht ausgebildete Lehrer für andere Fächer.
Hat ein Schüler durch das System CLIL nicht mehr das Recht, den Fachunterricht in seiner Muttersprache zu bekommen? Wie wäre es, wenn ein Schüler das Recht auf vollen muttersprachlichen Unterricht einklagen würde?
Inspektor Patscheider gibt in einem Zeitungsbericht zu, „ein klein wenig“ von Art. 19 abzuweichen, meint aber, dass die Oberschüler in ihrer Muttersprache schon gefestigt seien, was sehr zu bezweifeln ist, weil man im Alltag ganz andere Erfahrungen macht.
Frage: Darf man „ein bisschen“ abweichen? Wie viel ist „ein bisschen“?
Nach zwei Jahren soll dann angeblich bewertet werden, ob CLIL etwas gebracht hat oder nicht. Wer bewertet? Welche sind die Kriterien dieser Bewertung? Es können nämlich nicht „sprachliche“ Kriterien herangezogen werden, wenn es um Fachunterricht geht.
Will man mit CLIL Sprachkenntnisse fördern oder Fachwissen ausbauen? Warum können die meisten Italiener nach mehr als 2000 Unterrichtsstunden im Laufe der Schulzeit noch immer nicht so gut Deutsch, wie man es sich erwarten könnte?
Ist das Ganze in Wahrheit nicht ein Vorhaben, das die scheidende Schul- Landesrätin aus persönlichem Ehrgeiz und einige Schulfunktionäre aus politischem Prestigedenken heraus durchziehen wollen, muttersprachliche Schule hin oder her?
Laut UNO-Definition von Capotorti ist eine Volksgruppe eine Gemeinschaft, „….die gewillt ist, ihre Eigenart zu erhalten“. Das bedeutet für Südtirol in erster Linie, sich für unsere deutsche Sprache und Kultur einzusetzen. Ist die Landesregierung überhaupt noch gewillt, sich für die deutsche Sprache und Kultur in Südtirol einzusetzen?
Will sie an Vorhaben wie CLIL festhalten, die unser bewährtes Schulwesen nach hartem Kampf und 70 Jahren des mühsamen Auf- und Ausbaues zu Nichte machen werden?
Lt. Abg. Eva Klotz
Lt. Abg. Sven Knoll
Lt. Abg. Bernhard Zimmerhofer