Die SÜD-TIROLER FREIHEIT hat heute Vormittag im Rahmen einer Pressekonferenz ihre ablehnende Haltung zum SVP-Gesetz zur Direkten Demokratie erläutert und empfiehlt allen Bürgern bei der Volksabstimmung am 9. Feber 2014 mit NEIN zu stimmen.
Die SÜD-TIROLER FREIHEIT erinnert daran, dass die SVP das vorliegende Gesetz gegen den Willen aller anderer Parteien -im Alleingang- im Landtag durchgeboxt hat. Bereits bei der Diskussion im Landtag erläuterte die Abgeordnete Eva Klotz in einem eigenen Minderheitenbericht ausführlich, dass dieses SVP-Gesetz eine echte Bürgerbeteiligung verhindert.
Direkte Demokratie stellt mehr Verbundenheit unter den Bürgern her. Direkte Demokratie ist eine Frage der Kultur, die nur durch entsprechende Einübung entstehen kann. Sie wirkt auf ein Verhalten hin, welches das Zutrauen in den Mitmenschen und in sich selbst fördert!
Die zentrale Frage lautet daher: Kann das vorliegende SVP-Gesetz diesen Ansprüchen gerecht werden? Fördert es die Einübung dieser Kultur oder behindert es sie am Ende?
Bei sachlicher Betrachtung kommt man zum Schluss, dass Letzteres der Fall ist, weil die Hürden zu groß, und weil für den großen Aufwand die Verbindlichkeiten entweder gar nicht vorgesehen oder zu schwach sind!
Stellungnahme des Schweizer Präsidenten für Direkte Demokratie:
Zum SVP-Gesetz zur direkten Demokratie hat die SÜD-TIROLER FREIHEIT auch ein Positionspapier vom Präsidenten für Direkte Demokratie, Herrn Diethelm Raff aus der Schweiz eingeholt. Er schreibt:
„Jedem vernünftigen Menschen muss es einleuchten, dass es besser ist, wenn wichtige Fragen von möglichst vielen besprochen werden, damit die beste Lösung gefunden werden kann. Denn wer will behaupten, dass einzelne Ausgewählte mehr Aspekte einbeziehen könnten als alle interessierten Mitglieder eines Gemeinwesens, wenn es um sachliche Klärungen geht? Wer die überholte Idee verfolgt, dass es Auserwählte geben könnte, die besser wissen, was für alle gut ist, der wird möglichst hohe Hürden einbauen wollen, damit das Volk nicht falsch entscheidet. Wer aber weiß, wie viel Elend sogenannte Eliten in der gesamten niedergeschriebenen Geschichte hervorgerufen haben, der muss begründen, warum er nicht den Eliten misstraut, sondern dem Volk. Wir befürworten deshalb aus Vernunftgründen, aus Gründen eines freiheitlichen Gemeinwesens, aus Gründen der Legitimierung des Gemeinwesens von gebildeten, freiheitsliebenden und aufgeklärten Bürgern, und wegen der geschichtlich belegten freiheitsliebenden Tiroler möglichst niedrige Hürden für Abstimmungen.
Der vorgeschlagene Gesetzestext strotzt vor Einschränkungen der Freiheitsrechte und Selbstbestimmungsrechte der Bürger, die von einer Angst vor dem Volkswillen und von einer überholten autoritären Staatsvorstellung zeugen, die wir nicht teilen. Mit den verschiedensten Maßnahmen wird der Ausdruck des allgemeinen Willens versucht zu verhindern. Die Gewählten, die Regierung, die Verwaltung, die Richter sind nicht grundsätzlich gescheiter oder überlegener. Sie stellen sich lediglich für eine beschränkte Zeit und stellvertretend zur Verfügung, um möglichst dem Willen der Bevölkerung entsprechende Regelungen zu besprechen und einzuführen. Dies geschieht jedoch nur, solange nicht die Bürger selbst ihre Selbstbestimmung in die Hand nehmen wollen. Jeder demokratisch Gesinnte sollte daran Freude haben, die im Sinne der Bürger stellvertretend ausgesprochenen Regelungen von diesen selbst unbeschränkt überprüfen zu lassen. Denn es sollte ein Anliegen jedes Verantwortungsträgers sein, sich in Übereinstimmung mit den Bürgern befinden zu wollen“.
Diethelm Raff hat insgesamt 20 Punkte des Gesetzes beanstandet. Die 3 wichtigsten sind folgende:
1. Wir lehnen grundsätzlich ab, dass zuerst ein Bürgerantrag laut Artikel 2 bzw. eine Bürgerinitiative laut Artikel 3 durchgeführt werden muss und danach zum gleichen Thema noch einmal Unterschriften für eine Volksbefragung bzw. einen Volksentscheid laut Artikel 4 und Artikel 5 gesammelt werden müssen.
Der Bürgerantrag wird zur Volksbefragung und die Bürgerinitiative zum Volksentscheid definiert. Die Anzahl Unterschriften bleiben gleich. Der Landtag bzw. die Landesregierung kann wie vorgesehen Stellung nehmen und einen Gegenvorschlag erarbeiten, können aber einen Volksentscheid bzw. Volksbefragung nicht verhindern.
2. Wir lehnen es ab, dass laut Artikel 3 Absatz 4 die Beschlüsse der Landesregierung und die Dekrete des Landeshauptmannes oder eines Landesrates nur dann Gegenstand einer Bürgerinitiative sein können, sofern sie von Landesinteresse sind.
Es ist zu hoffen, dass die Landesregierung nur Dekrete erlässt und Beschlüsse fasst, die im Landesinteresse sind. Falls sie nicht im Landesinteresse sein sollten, dann sollten sie umso mehr in Frage gestellt werden können. Wenn Dekrete und Beschlüsse aber unwichtig sind, dann können sie in diesem Zusammenhang verhindert werden, was die Verwaltungskosten senken würde. Falls Dekrete und Beschlüsse hingegen nur kleine Änderungen herbeiführen oder sinnvolle und angemessene Ausführungsbestimmungen für beschlossene Gesetze darstellen, dann wird sich nie eine genügende Anzahl Bürger finden lassen, die dafür Unterschriften sammeln wollten, weshalb es keine Beschränkung im Gesetz geben muss gemäß dem Prinzip, dass Gesetzesbestimmungen nur dann formuliert werden sollen, wenn sie begründet sind.
3. Die Beschränkung dieses Gesetzes laut Artikel 6 Absatz 2 auf Abstimmungen, die Steuern und Haushalt, Gehälter der Landesorgane, Minderheitenschutz sowie Umsetzung internationaler Verträge betreffen, soll gestrichen werden.
a) Steuern und Haushalt des Landes müssen nicht vor dem Volk geschützt werden. In der Schweiz stimmt jede Gemeindeversammlung im ganzen Land sogar ohne Unterschriftensammlung über genau diese Geschäfte ab. Man meint dort, dass dieser Vorgang der eigentliche Kern der direkten Demokratie ist. Denn mit den finanziellen Schwerpunkten zeigt sich, was für ein Land besonders wichtig erscheint. Und da wir als Bürger über uns selbst bestimmen wollen, wollen wir gerade dort Einfluss nehmen können, welche Steuern wir bezahlen, wie viel wir bezahlen und wohin unsere Steuergelder fließen.
b) Arbeitet das Personal und die Organe der Landesregierung gut, dann bezahlen die Bürger dafür auch Geld. Es ist im Gegenteil gut, wenn die Bürger wissen und akzeptieren, was die Organe ihrer Selbstverwaltung kosten.
c) Der Minderheitenschutz verschiedener Art wie Sprache und Religion ist grundsätzlich sehr sinnvoll. Mit diesem Artikel kann sich allerdings jede Gruppe als Minderheit definieren oder als solche definiert werden und ist dadurch dem Bürgerwillen entzogen. Zudem ist die Ausgestaltung des Minderheitenschutzes von den Bürgern zu bestimmen. Dieser kann sehr verschieden ausfallen. Richtig ist festzuhalten, dass verschiedene Sprachgruppen nicht diskriminiert werden dürfen.
d) Wir halten fest, dass laut Angaben deutscher Parlamentarier bis zu 80% der Gesetze von der EU vorbestimmt sind. Wir lehnen es ab, dass internationale Verträge abgeschlossen werden können, ohne dass die Bürger dazu etwas zu sagen haben. Damit wird das Selbstbestimmungsrecht in den meisten Bereichen aufgehoben. Zudem können Verträge unterschiedlich umgesetzt werden. Auch Juristen interpretieren Verträge lediglich nach ihrer eigenen Weltanschauung und sind bei der Frage, was die Bürger wollen, auch nur ein Bürger unter anderen. Deshalb können und sollen gerade auch die ausführenden Akte in Frage gestellt werden.
Plakataktion:
Im Rahmen der Pressekonferenz wurde auch eine begleitende Plakataktion zur Volksabstimmung vorgestellt. Mit der Botschaft „NEIN ZUM SVP-GESETZ – SCHLUSS MIT DER ARROGANZ“ soll der Bevölkerung aufgezeigt werden, dass es notwendig ist, am 9. Feber mit NEIN zu stimmen, um zukünftig ein Gesetz für eine wirkliche Bürgerbeteiligung zu ermöglichen.
Das vorliegende SVP-Gesetz ist Ausdruck von politischer Arroganz, da eine echte Bürgerbeteiligung nicht erwünscht wird und mit diesem Gesetz verhindert werden soll.
Es gilt daher am 9. Feber mit NEIN zu stimmen, um der Direkten Demokratie eine echte Chance zu geben!
SÜD-TIROLER FREIHEIT
Freies Bündnis für Tirol