Heimatbund: Verfechter der Selbstbestimmung keine „Ewiggestrigen“ – In einem offenen Brief an den Bundesminister für Äußeres, Sebastian Kurz, stellt der Südtiroler Heimatbund und ehemalige Freiheitskämpfer klar, dass die Verfechter der Selbstbestimmung keineswegs „Ewiggestrige“ sind. Es werden einige politische Häftlinge namentlich genannt, die für ihren Einsatz für die Freiheit Tirols Folterungen, Kerker und sogar ihr Leben opferten. Aber auch Politiker von diesseits und jenseits der Unrechtsgrenze werden erwähnt, die sich für eine Selbstbestimmung als gerechte Lösung der Südtirol Frage einsetzten.
Der Brief schließt mit einer klaren Aufforderung an den Außenminister:
„Wir sehen so wie viele Landsleute die Autonomie als wertvollen Zwischenschritt zur Erlangung des Menschenrechtes auf Selbstbestimmung!
Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Minister, diese Einstellung zumindest zu respektieren, wenn Sie sie schon nicht teilen wollen.“
Der von Roland Lang als Obmann des Südtiroler Heimatbundes, dem ehem. Südtiroler Freiheitskämpfer und Ehrenobmann des Südtiroler Heimatbundes, Sepp Mitterhofer sowie Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung, Sprecher der Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer unterzeichnete Brief wird auch in der morgigen Zett- Die Zeitung am Sonntag vollinhaltlich abgedruckt werden.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes
Herrn
Sebastian Kurz
Bundesministerium für Europa
Integration und Äußeres
Minoritenplatz 8
A- 1010 WienBetr.: Ihre Äußerungen über das Menschenrecht auf Selbstbestimmung
Sehr geehrter Herr Bundesminister Kurz!
Als Sie am 3. Mai 2014 auf der Landesversammlung der „Südtiroler Volkspartei“ die Verfechter des in den UNO-Menschenrechtspakten verankerten Rechtes der Völker auf Selbstbestimmung als „Ewiggestrige“ bezeichneten, hat dies die ehemaligen politischen Häftlinge und Freiheitskämpfer tief getroffen.
Diese haben unmenschliche Folter erlitten gehabt. Viele von ihnen sind viel zu früh gestorben, zwei direkt an den Folgen der Torturen. Die Politik hatte sie in Stich gelassen. Ihre Folterungen wurden verschwiegen, um das Gesprächsklima mit Rom nicht zu belasten. So konnten die Carabinieri bis in die späten Sechzigerjahre ungestört weiter foltern.
Zusammen haben die Häftlinge mehr als 500 Jahre Gefängnis abgesessen.
Einige Freiheitskämpfer müssen bis heute im Exil leben und werden in ihre Heimat nur im Sarg wiederkehren können. Das Leid der Familien und die Tränen der Frauen und Mütter sind bis heute unvergessen.
Zu den von Ihnen so titulierten „Ewiggestrigen“ gehörten Sepp Kerschbaumer, Franz Höfler, Anton Gostner, Luis Egger, Jörg Pircher und viele andere Patrioten, die aufgrund dessen, was man ihnen angetan hatte, im Gefängnis starben, als Krüppel oder schwer krank heimkehrten.
Diese „Ewiggestrigen“ wollten ihrer Heimat das Schicksal der Zwangsitalianisierung ersparen.
Das Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht war unter der Herrschaft des auch nach 1945 beibehaltenen faschistischen Strafrechts eine gefährliche Sache. Der Südtiroler Parlamentarier Hans Dietl wurde 1966 in Mailand als Mitverschworener der Freiheitskämpfer vor Gericht gestellt. Obwohl ihm eine lebenslange Haftstrafe drohte, bekannte er sich vor Gericht offen dazu, das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol anzustreben. Er wurde Gott sei Dank freigesprochen.
Es gab aber auch in Ihrer Partei, sehr geehrter Herr Minister, herausragende Politiker, die ebenfalls den “ewiggestrigen” Standpunkt des Rechtes auf Selbstbestimmung vertraten. Zu diesen zählen der international bekannte Völkerrechtler Univ. Prof. Dr. Felix Ermacora sowie die Nordtiroler Landeshauptleute Dr. Tschiggfrey, Wallnöfer, Dr. Prior und Dr. Weingartner. Auch Außenminister Dr. Mock und Justizminister Univ. Prof. Dr. Hans Klecatsky haben mehrfach das Recht Südtirols auf Selbstbestimmung für unverzichtbar erklärt.
Wir könnten Ihnen auch noch eine ganze Reihe „Ewiggestriger“ aus den Reihen der Südtiroler Politiker aufzählen.
Die ehemaligen politischen Häftlinge klagen nicht über das Erlittene, auch wenn es damals geschmerzt hat, von manchen Politikern aus Opportunismus öffentlich verleugnet oder sogar geschmäht zu werden. Erst sehr spät haben Politiker wie der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Magnago öffentlich anerkannt, dass die heutige Autonomie mit der Hilfe des Opfers der „Ewiggestrigen“ errungen worden ist. Wir haben nicht alles erreicht, was wir wollten, aber doch viel: Die staatlich betriebene Unterwanderung der Heimat wurde beendet und unsere Volksgruppe konnte sich in ihrer Identität behaupten.
Wir sehen so wie viele Landsleute die Autonomie als wertvollen Zwischenschritt zur Erlangung des Menschenrechtes auf Selbstbestimmung!
Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Minister, diese Einstellung zumindest zu respektieren, wenn Sie sie schon nicht teilen wollen.
Mit freundlichen Grüßen!
Roland Lang
Obmann des Südtiroler HeimatbundesSepp Mitterhofer
Ehem. Südtiroler Freiheitskämpfer und Ehrenobmann des Südtiroler HeimatbundesUniv. Prof. Dr. Erhard Hartung
Sprecher der Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer