Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) erinnert an ein düsteres Geschehen von 75 Jahren: Am 23. Juni 1939 versammelte sich unter dem Vorsitz des Reichsführers SS, Heinrich Himmler, und in Anwesenheit des italienischen Botschafters Attolico eine illustre Runde hoher faschistischer und nationalsozialistischer Funktionäre im Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei in Berlin. Man kam überein, die nicht assimilationswilligen Südtiroler „in das Reich“ umzusiedeln.
Darüber wurde nicht einmal ein regulärer Vertrag unterschrieben, das Ergebnis der Sitzung wurde nur in einem Besprechungsprotokoll festgehalten. Die ganze Sitzung hatte nur 110 Minuten gedauert.
Mit der Preisgabe der Südtiroler wollte Hitler seinen bewunderten Freund und Gönner Mussolini dafür belohnen, dass dieser den „Anschluss“ Österreichs im Jahre 1938 geduldet hatte.
Nun sahen sich die deutschen und ladinischen Südtiroler in einer „Option“ vor die Wahl gestellt: Im Lande bleiben und das eigene Volkstum und die eigene Kultur verlieren, oder die Heimat verlassen, um die eigene Identität zu bewahren.
Diese schreckliche Wahl spaltete die Volksgruppe. Jede Seite verdächtigte die andere schlechter Gesinnungen. Der Riss ging oft mitten durch die Familien, durch alle Berufsgruppen und auch den Klerus Südtirols. Rund 86 Prozent der Südtiroler optierten dann aus Verzweiflung für die Auswanderung nach für Deutschland. Kriegsausbruch und Bündniswechsel Italiens im Jahre 1943 verhinderten dann jedoch weitgehend die Durchführung der Umsiedlung.
Nach 1945 verhinderten die Alliierten und ab 1946 der „Pariser Vertrag“ die von Rom geplante Vollendung der Aussiedung. Die Rückkehr bereits Umgesiedelter wurde jedoch durch zahlreiche behördliche Schikanen erschwert.
An 27. April 1961 beschloss der römische Senat in Fortführung faschistischer Unterdrückungspolitik ein Ausbürgerungsgesetz, welches den Verwaltungsbehörden erlaubt hätte, ehemaligen Optanten die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Damit hätte nahezu jeder missliebige Südtiroler jederzeit als Staatenloser ausgewiesen werden können.
Die „Feuernacht“ des Jahres 1961 verhinderte den endgültigen Beschluss des Gesetzes durch die Abgeordnetenkammer. Das schändliche Vorhaben landete auf dem Müllhaufen der Geschichte. Das ist ein heute oft vergessenes Verdienst der damaligen Freiheitskämpfer.
Das Verdienst, die durch die „Option“ aufgerissene schmerzhafte Kluft mitten durch die Volksgruppe wieder geschlossen zu haben, kommt vor allem dem unvergesslichen Kanonikus Michael Gamper zu. Dadurch wurden die Südtiroler in die Lage versetzt, sich auch in den kommenden Jahrzehnten als geeinte Volksgruppe behaupten zu können. An dieses Werk der Versöhnung soll hier in Dankbarkeit erinnert werden.
Heute richten wir den Blick in eine Zukunft, erklärt der Obmann des SHB, Roland Lang, welche das „Los von Rom“ bringen soll. Das Prinzip der Volkssouveränität und Selbstbestimmung aber stehe, so Lang, in scharfem Gegensatz zu nazistischen und faschistischen Ideologien und Tendenzen, denen es zu jeder Zeit eine Absage zu erteilen gelte.
Bereits vor 5 Jahren hatte der Südtiroler Heimatbund zum 70. Jahrestag der Option eine Broschüre herausgegeben. Einige Restexemplare können beim SHB noch kostenlos angefordert werden.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes