Das sogenannte „Gendern“, also die vermeintliche Gleichstellung von Mann und Frau in der Sprache, geistert zurzeit durch die Gazetten. Rund um das „Binnen-I“, an den StudentenInnen, den WählerInnen usw. ist eine öffentliche Debatte entbrannt. Dabei ist diese umstrittene Form der Gleichstellung immer ein Konzept der Eliten geblieben. Außerhalb von Beamtenstuben oder Hochschulen, welche ihren Studierenden das „Gendern“ oftmals aufzwingen, hat sich das Sprachwirrwarr niemals durchgesetzt.
Kein Fernsehsender, keine Zeitung und kein Online-Portal mit nennenswerter Reichweite „gendert“. Das liegt aber nicht an einer patriarchalen Verschwörung oder dunklen Absichten machthungriger Männer in den Führungsetagen; es liegt daran, dass sich diese Wortgeschwülste kaum aussprechen lassen, fürchterlich aussehen und zugespitzt formuliert, die Sprache verhunzen. Dieser Argumentation folgten in Österreich jüngst 800 namhafte Wissenschaftler, Professoren, Journalisten, Unternehmer usw., darunter fast die Hälfte Frauen, welche eine „Rückkehr zur sprachlichen Normalität“ fordern. Wie Recht sie damit haben!
Gewiss, Sprache schafft Realität, wie Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek nicht zu Unrecht anmerkte. Doch auch öffentliche Diskurse schaffen Realität und vor allem Wahrnehmung für Probleme. Die Wahrnehmung, welche zurzeit die Gleichstellungsdiskussion überlagert, ist jene nach Unterstrich, Binnen-I, Klammer und Sternchen. Dringende strukturelle Probleme wie ungleiche Bezahlung, die sogenannte „gläserne Decke“ oder Altersarmut bei Frauen bleiben auf der Strecke. Kehren wir wieder zur sprachlichen Normalität und vor allem zu den wichtigen Themen zurück!
Stefan Zelger,
Hauptausschussmitglied und Gemeinderat der SÜD-TIROLER FREIHEIT