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Selbstbestimmungs-Tagung in Venedig: Das Recht zu entscheiden

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Selbstbestimmungs-Tagung in Venedig: Das Recht zu entscheiden

Das Recht der Völker, über ihr Schicksal selbst zu entscheiden, ist durch das Referendum in Schottland gestärkt worden. Dies war die einhellige Meinung aller Teilnehmer der Tagung „Diritto di decidere“ am vergangenen Wochenende in Mestre. Vertreter von Unabhängigkeitsbewegungen aus ganz Europa, darunter auch der Süd-Tiroler Freiheit, Autonomisten und Föderalisten nahmen an der Tagung teil, die von den Mitgliedsparteien der Europäischen Freien Allianz (EFA) in Italien organisiert worden war.

„Das Referendum in Schottland hat Europa für immer verändert und eine neue demokratische Ära eröffnet“, sagte EFA-Direktor Günther Dauwen aus Flandern. Nun gelte es, weiter zu arbeiten und die Selbstbestimmung allen Völkern zu ermöglichen. Dass der Selbstbestimmungsgedanke in Europa nicht mehr aufzuhalten sei, unterstrich auch Bernat Joan i Mari, ehemaliger katalanischer Europaparlamentarier der EFA. Am 9. November finde das Referendum in Katalonien statt, und wenn die Regierung in Madrid es nicht anerkenne, dann werde sich Katalonien eben einseitig für unabhängig erklären.

Ein Unabhängigkeitsreferendum wird auch in Venetien abgehalten, nachdem der Regionalrat mit großer Mehrheit ein entsprechendes Gesetz verabschiedet hat. Anders als in Schottland werde das Ergebnis mit großer Mehrheit für die Unabhängigkeit ausfallen, sagte Antonio Guadagnini von der Bewegung „Noi Veneto indipendente“, zu der sich die Unabhängigkeitsbewegungen Venetiens zusammengeschlossen haben. Die Schotten hätten es gegen die effiziente Regierung in London nicht leicht gehabt, sagte Guadagnini, „aber unsere Stärke ist die Unfähigkeit der italienischen Regierung, unser einziges Problem heißt Italien.“ Nur eine Stimme hat im Regionalrat von Sardinien gefehlt, um auch dort ein Unabhängigkeitsreferendum zu beschließen. Mit der Autonomie, die Francesco Sanfilippo vom Partito Sardo d’Azione als „Beruhigungspille“ bezeichnete, will man sich nicht mehr begnügen. Noch nicht ganz so weit ist Süditalien, das frühere Königreich beider Sizilien. Unabhängigkeitsbewegungen schießen dort aber wie Pilze aus dem Boden, es sind bereits, wie Antonio Gentile von der Bewegung Altrosud berichtete, über 100. Wenn sie sich zusammenschließen und politisches Gewicht erhalten, dann sind die Chancen groß, dass die vor 150 Jahren erfolgte gewaltsame Annexion des Südens auf friedlichem Wege rückgängig gemacht wird. „Wir wollen nicht Geld, sondern Freiheit“, sagte Prof. Gentile. Vor 150 Jahren hatte der Süden beides verloren.

Bescheidener sind die Wünsche der Slowenen in der Region Friaul-Julisch Venetien, die unter dem Faschismus schwer zu leiden hatten und immer noch um Respektierung ihrer Sprache und Kultur kämpfen. Die Slowenen und auch die deutschsprachigen Kanaltaler werden durch die Abschaffung der Provinzen und die geplante Zusammenlegung von Gemeinden immer mehr in die Defensive gedrängt, berichtete Julijan Čavdek von der Partei Slovenska Skupnost. Angst vor dem neuen italienischen Zentralismus herrscht auch, so Chantal Certan von der Autonomistenbewegung ALPE, in Aosta.

Höhepunkt der Tagung war eine Diskussionsrunde mit der Süd-Tiroler Landtagsabgeordneten Eva Klotz, die mit stürmischen Applaus begrüßt wurde und sich vor Interview-Wünschen verschiedener Rundfunk- und Fernsehanstalten kaum retten konnte. Sie legte den Schwerpunkt darauf, dass alle Behauptungen, ein Unabhängigkeitsreferendum sei nicht möglich bzw. würde zum Verlust der Autonomie oder gar zum Bürgerkrieg führen, durch die Ereignisse in Schottland Lügen gestraft wurden. Die Bewegung Süd-Tiroler Freiheit halte auch mit Rückendeckung durch die Europäische Freie Allianz den Selbstbestimmungsgedanken in Südtirol aufrecht, wie auch das selbstverwaltete Selbstbestimmungsreferendum bewiesen habe. Nach den Ereignissen in Schottland seien nun auch bei der SVP Zeichen für ein Umdenken erkennbar, ein Beweis dafür, dass sich der Einsatz gelohnt habe.

Als Bilanz der Tagung kann man feststellen, dass Südtirol für viele Unabhängigkeitsbewegungen in Italien und in ganz Europa immer noch als Vorbild gilt, obwohl wir auf dem Weg zur Freiheit inzwischen schon von vielen anderen Gebieten überholt wurden.

Hartmuth Staffler
Hauptausschussmitglied der Süd-Tiroler Freiheit

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