„Das faschistische Beinhaus bei Gossensass soll endlich aufgelassen und den dort bestatteten Soldaten eine würdige Ruhestätte in geweihter Erde ihrer Heimat gewährt werden“, fordert der Bezirkssprecher der Süd-Tiroler Freiheit für das Eisacktal und das Wipptal, Hartmuth Staffler. Das Beinhaus sei eine faschistische Kultstätte, eine Geschichtslüge und ein Missbrauch von Toten, die sich nicht mehr wehren können. Es soll den falschen Eindruck erwecken, dass die Soldaten zur Eroberung der Brennergrenze gefallen seien, und dass diese Grenze deswegen „heilig“ sei.
„Italien steht heute am Brenner, mit seinen Lebenden und seinen Toten“, sagte der faschistische Diktator Benito Mussolini 1928 in einer Rede. Die Lebenden standen zwar am Brenner, die Toten mussten aber erst dorthin gebracht werde. 1937 wurde das vom Architekten Giovanni Greppi und dem Künstler Giannino Castiglioni entworfene Beinhaus oberhalb von Gossensass gebaut. 120 Tote wurden darin bestatte, gefallene italienische Soldaten, die zum Teil von weit her antransportiert wurden, aber auch italienische Gefangene, die bei einem Zugunglück im Pflerscher Tiunnel ums Leben gekommen waren. Auch mindestens fünf Südtiroler, ehemalige österreichisch-ungarische Soldaten, waren als „Kriegsbeute“ in Beschlag genommen und in das Ossarium gebracht worden, das keineswegs ein Soldatenfriedhof sein sollte, sondern eine faschistische Kultstätte und eine Betonung der „Heiligkeit“ der Brennergrenze. So lautet auch die Inschrift: „Sacra sia la via agli italiani, dove passarono i fanti“ (heilig sei den Italienern der Weg, an dem die Soldaten durchkamen). Dass an diesem Weg zum Brenner niemals kämpfende Soldaten durchkamen, sondern am 11. November 1918 die ersten italienischen Kundschafter trotz fehlender Gegenwehr zögernd und mit größter Vorsicht Richtung Brenner vorrückten, hat in der faschistischen Rhethorik keinen Platz.
„Die 2011 angebrachten Tafeln, die das faschistische Denkmal irgendwie erklären sollten, können ihren Zweck nicht erfüllen, da sie gar nicht zugänglich sind und von den Passanten nicht wahrgenommen werden“, sagte Staffler. Das Beste wäre daher, die Toten in ihrer jeweiligen Heimat in geweihter Erde zu bestatten und sie nicht länger für nationalistische Zwecke zu missbrauchen.
Hartmuth Staffler
Bezirkssprecher der Süd-Tiroler Freiheit für das Eisacktal und das Wipptal
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