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Abschiedsrede von Sepp Mitterhofer anlässlich der SHB-Bundesversammlung in Terlan

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Abschiedsrede von Sepp Mitterhofer anlässlich der SHB-Bundesversammlung in Terlan

Wertes Präsidium lieber Roland Lang, und SHB-Mitglieder! Für mich ist die Zeit gekommen, wo ich aus Alters- und gesundheitlichen Gründen vom SHB Abschied nehmen muss. Ich bin seit der Gründung im Februar 1974 im Heimatbund tätig gewesen und zwar mit ganzen Herzen. Denn ich habe mir gesagt, mit Gewalt haben wir nur einen Teilerfolg erzielt, jetzt müssen wir auf legalem Weg weiterarbeiten, um unser Ziel zu erreichen, damit die vielen Opfer des Freiheitskampfes nicht umsonst waren!

Wenn wir unser Ziel auch noch nicht erreicht haben, so kann ich doch mit Genugtuung auf meine Tätigkeit zurück schauen. Schließlich habe ich mich ein ganzes Leben lang für die Rechte unserer Heimat eingesetzt.

Angefangen habe ich 1960 mit einem Anschlag auf zwei Rohbauten der Volkswohnhäuser, bei dem die folgende Andreas-Hofer-Feier in Meran und Bozen verboten wurden und daraus der Knüppel-Sonntag entstanden ist. Meine weitere Tätigkeit im Untergrund kann ich nicht erzählen, weil die Zeit nicht reif ist. Nach der Feuernacht kam die Verhaftungswelle, mit den anschließenden brutalen Folterungen und 2 Toten und mehreren Häftlingen, die ihr Leben lang unter den Folgen zu leiden hatten. Beim Prozess in Trient wurden dann 8 Carabinieri freigesprochen und 2 wurden zu 2 Monaten Haft verurteilt, welche aber unter Amnestie fiel. Ein Hohn für uns Betroffene, für uns brach die Welt der Gerechtigkeit zusammen!

Wir hatten stark auf einen Arzt Dr. Holzner aus Innsbruck gehofft, den die Familie Höfler als ihren Vertrauensarzt bei der Obduktion ihres Sohnes ernannt hatte. Leider war er beim Prozess nicht anwesend. Wie wir später erfuhren, war er zu dieser Zeit in Spanien auf Urlaub und hat sich damit einer unangenehmen Sache entzogen. Die spanische Sonne war ihm wohl lieber, als die Südt. Politischen Häftlinge, welche die brutalen Folterungen mit den toten Kameraden auf sich nehmen mussten!

Beim ersten Mailänder Sprengstoffprozess wurden dann von 68 inhaftierten Angeklagten ca. 1/3 freigesprochen. 1/3 hatte die Strafe bereits verbüßt (bis zum Urteil hatten wir ja schon 3 Jahre abgesessen) und das letzte Drittel waren die bösen Buben. Kerschbaumer hatte von den inhaftierten Häftlingen mit 16 Jahren am meisten bekommen. Zweithöchster mit 14 Jahren war Jörg Pircher und der Dritte mit 12 Jahren war ich, davon habe ich knapp 8 Jahre abgesessen. Es gäbe über diesen Zeitabschnitt wohl viel zu erzählen, aber das würde zu weit führen. Ein Ereignis allerdings möchte ich noch vorbringen, weil es mir wichtig erscheint.

Vor Prozessbeginn hatten uns die Anwälte ans Herz gelegt, wir sollen uns gut überlegen, ob wir beim Verhör nicht aussagen sollten, dass wir für die Autonomie die Anschläge durchgeführt haben und nicht für die Selbstbestimmung. Denn darauf steht lebenslange Haft.

Bei der Autonomie (Anschlag auf die Verfassung) sind die Strafen bedeutend niedriger. Wir sollen auf unsere Familien Rücksicht nehmen, welche natürlich schwer darunter leiden würden. So haben wir uns entschlossen den leichteren Weg zu gehen.

Ich habe heute diesen Punkt vorgebracht, weil wir öfters von Politikern gehört haben, wir hätten für die Autonomie gesprengt. Tatsache ist, dass im Flugzettel von Zernez in der Schweiz, wo wir die Feuernacht ausgemacht haben, klar und deutlich steht, dass wir die Selbstbestimmung verlangen. Auch Kerschbaumer hatte es in seinem letzten Rundbrief klar geschrieben, dass wir selber über unser Schicksal entscheiden wollen.

1974 haben wir politische Häftlinge dann in St. Pauls den SHB gegründet. In den ersten Jahren haben wir uns mehr sozial betätigt, z.B. den Häftlingen beim Löschen der großen Hypothek (1 Milliarde und 300-Tausend Lire) geholfen. Weiters bei dem Erreichen der bürgerlichen Rechte, oder wenn jemand in finanzielle Schwierigkeiten war, halfen wir nach unserer Möglichkeit. Ab 1980 hat sich der SHB wieder politisch betätigt und hat bei den Parlamentswahlen im Frühjahr und Landtagswahlen im Herbst kandidiert.

Ich war von Anfang an im Bundesausschuss tätig. Zuerst als Obmann des Aufsichtsrates. Wir hatten den SHB auf genossenschaftlicher Basis gegründet, weil ein aktives Mitglied (Otto Petermair aus Frangart) Obmann der Girlaner Kellereigenossenschaft war. Nach einigen Jahren haben wir den überflüssigen Aufsichtsrat aufgelöst. Einige Jahre war ich Ortsobmann von Meran, dann Bezirksobmann vom Burggrafenamt. Schließlich Landesobmann-Stellvertreter und zuletzt das Amt des Bundesobmannes, das ich 21 Jahre bekleidete. Insgesamt war ich 42 Jahre im Bundesausschuss tätig. Dazu kommen 8 Jahre Gefängnis, also habe ich mich 50 Jahre aktiv für die Rechte unserer Heimat eingesetzt.

Ich war auch mehrere Jahre im Hauptausschuss der „Union für Südtirol“ aktiv und habe dabei den Bezirk Burggrafenamt, den stärksten im Lande, aufgebaut. Bis wir uns wegen großen Meinungsverschiedenheiten getrennt haben und 2007 die Bewegung „Südtiroler Freiheit“ gegründet haben, wo ich auch im Hauptausschuss aktiv tätig war. 2003 habe ich mit Landesrat Bruno Hosp die „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung gegründet und 10 Jahre geleitet. Dieser Gruppe gehörten Landtagsabgeordnete der SVP, der Freiheitlichen, der Südtiroler Freiheit und dessen Jugendvertreter, der Obmann des AHB Tirol, des deutschen AHB, sowie einige Verbandsobmänner wie Alpenverein, Heimatpflegeverband, Südtiroler Schützenbund und noch einige Vertreter aus dem Volk an. Nach 2011 musste ich aus all diesen Gremien ausscheiden, da ich eine Hirnhautendzündung bekam und ein Jahr später eine Hirnblutung mit Folgen.

Ich habe in dieser Zeit Höhen und Tiefen erlebt. Habe mich aber gerne für unsere bedrohte Heimat eingesetzt, denn das Erreichte war mir zu wenig. Unser Ziel war damals wie heute die Selbstbestimmung und damit das „Los von Rom“!

Abschließend danke ich allen Mitarbeitern im Bundesausschuss und in den Bezirken, besonders meinen damaligen Stellvertreter und jetzigen Obmann Roland Lang, sowie den vielen Mitarbeitern in den verschiedenen Gremien!

Vergessen möchte ich nicht meinen verstorbenen Vorgänger Hans Stieler. Er hat 16 Jahre lang die Geschicke des Heimatbundes geleitet und auch geprägt!

Danken möchte ich auch den Mitgliedern des Hauptausschusses der ehemaligen Union für Südtirol, für den Einsatz um die Rechte unserer Heimat! Besonders danken möchte ich den jungen Mitgliedern des Hauptausschusses der Südtiroler Freiheit. Ihr jugendlicher Elan und die friedliche, intensive Zusammenarbeit für unsere Heimat, wirkte wohltuend auf die kämpferische Zeit vor der Trennung mit der Union! Ein aufrichtiges Vergelt’s Gott auch den Mitarbeitern in der Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung! Besonders jenen die von weither gereist waren, um ihren Beitrag für unseren Kampf um unsere Rechte zu leisten!

Vergelt’s Gott an Euch Alle und wünsche den SHB und der Südtiroler Freiheit alles Gute und viel Erfolg in ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit für unsere Heimat Tirol!

Sepp Mitterhofer
Ehrenobmann des SHB

Terlan, am 30. April 2016

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