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Sicherung der Facharztausbildung und automatische Anerkennung österreichischer Studientitel in Süd-Tirol.

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Viele Jungakademiker kehren nach ihrem Studium in Österreich nicht nach Süd-Tirol zurück. Für den medizinischen Bereich bedeutet dies, dass Süd-Tirol dadurch ein akuter Ärztemangel bevorsteht. Die Süd-Tiroler Freiheit sieht in dieser Entwicklung eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.

Mit ihrer Sorge steht die Süd-Tiroler Freiheit nicht alleine da: In einem offenen Brief an die Gesundheitslandesrätin Martha Stocker und an den Sanitätsdirektor Thomas Schael haben jüngst auch 159 angehende Süd-Tiroler Ärzte und Jungärzte ihre Beweggründe dafür, dass sie nicht mehr in ihre Heimat zurückzukehren, dargelegt. Einer der vielen aufgelisteten Gründe ist die Tatsache, dass die Facharztausbildung der österreichischen Ärztekammer, die bis vor Kurzem in allen Süd-Tiroler Krankenhäusern zum Teil möglich war, gestrichen wurde. Ein weiterer Grund sind die bürokratischen Hürden, die die Jungärzte für die Anerkennung ihres Studientitels in Italien auf sich nehmen müssen.

Durch besagten Offenen Brief gewinnt ein Antrag der Süd-Tiroler Freiheit, der in dieser Woche im Süd-Tiroler Landtag behandelt wird, höchste Aktualität: Mit dem Antrag fordern die Landtagsabgeordneten Sven Knoll, Myriam Atz Tammerle und Bernhard Zimmerhofer die Sicherstellung der Facharztausbildung an den Süd-Tiroler Spitälern sowie die automatische Anerkennung österreichischer Studientitel in Süd-Tirol.

Die grenzüberschreitende Facharztausbildung an den Süd-Tiroler Spitälern habe bisher den Grundstock dafür gebildet, dass Jungärzte nach ihrem Studium in Österreich wieder nach Süd-Tirol zurückgekehrt seien, beschreibt Sven Knoll, der Erstunterzeichner des Antrages, die bisherige Situation. Die Akkreditierung der Facharzt-Ausbildungsabteilungen habe hiefür durchwegs die Tiroler Ärztekammer übernommen, wodurch auch eine Anerkennung der Ausbildung durch Österreich sichergestellt worden sei. Doch nun sei die Situation anders, denn: „Dass Italien diese Regelung nun nicht mehr akzeptiert und eine Akkreditierung durch eine italienische Universität fordert, führt zu großen Schwierigkeiten, da damit die Anerkennung Österreichs wegfällt und zu befürchten ist, dass Süd-Tiroler Studenten ihre Facharztausbildung nicht mehr in Süd-Tirol machen und in der Folge nicht mehr nach Süd-Tirol zurückkehren. Ein akuter Ärztemangel wäre die Folge. Dieses Problem kann nur gelöst werden, indem Italien die bisherige Regelung einer Akkreditierung der Facharzt-Ausbildungsabteilungen durch die Tiroler Ärztekammer anerkennt, oder das Land Süd-Tirol ermächtigt, jene Spitalsabteilungen in Süd-Tirol festzuschreiben, die mit der österreichischen und italienischen Facharztausbildung gleichwertig sind.“

Was die Anerkennung der Studientitel betrifft, so würden laut Knoll die komplizierten und oft langwierigen Anerkennungsverfahren von anderen Studientiteln, die in Österreich erworben wurden, viele Studenten davor abschrecken, nach dem Abschluss ihres Studiums nach Süd-Tirol zurückzukehren: „Gar einige Studiengänge werden in Italien überhaupt nicht anerkannt, so dass die Studenten nach ihrer Ausbildung in diesem Bereich keine Tätigkeit ausüben können. Da der allergrößte Teil der Studenten, die ihre Ausbildung in Österreich absolviert haben, nach ihrem Studium in Süd-Tirol Arbeit suchen und nicht in Italien, wäre es von größter Wichtigkeit, dass alle an den österreichischen Universitäten erworbenen Studientitel – zumindest begrenzt auf das Gebiet der autonomen Provinz Bozen – sofortige und automatische Anerkennung finden.“

Myriam Atz Tammerle unterstreicht die Wichtigkeit der muttersprachlichen Ärzteausbildung an den österreichischen Universitäten. Dadurch, dass den Süd-Tiroler Ärzten nach ihrem Studium in Österreich in Italien Hürden gelegt würden, die sie vor einer Rückkehr nach Süd-Tirol abschrecken würden, sowie durch den offenbar politisch gewollten ungebremsten Zustrom von rein italienischsprachigen Ärzten nach Süd-Tirol werde das Recht der Patienten, in ihrer deutschen Muttersprache mit den Ärzten zu kommunizieren, fahrlässig verletzt. Doch dies sei nur ein Beispiel für die Missachtung der Zweisprachigkeitspflicht, die immer größere Ausmaße annehme. Atz Tammerle verweist auf einen Verstoß gegen die Zweisprachigkeitspflicht im Bozner Landeskrankenhaus, den sie als „besonders gravierend“ einstuft: „Bereits vor Jahren wurde dort, anscheinend aus Spargründen, das Übersetzungsamt geschlossen. Arztbriefe – diese sind ursprünglich meistens in italienischer Sprache formuliert –  müssen nun vom Arzt und dürfen nur von ihm als Fachperson selber übersetzt werden. Der Patient muss jedoch eigens eine Übersetzung anfordern und wird dafür gleich ein zweites Mal zur Kasse gebeten! Damit wird ein klarer Fall von Diskriminierung geschaffen, und ich frage mich, wie man angesichts der fortschreitenden Italianisierung des Ärztewesens in Süd-Tirol dieses Problem lösen will.“

Auch eine Reihe von weiteren österreichischen Studien- und Berufstiteln wartet in Italien auf eine Anerkennung. Daran erinnert Cristian Kollmann. Er hat selbst u.a. Sprachwissenschaft studiert, doch dessen Studiengang wurde in Italien nicht anerkannt. Kollmann erläutert: „Für die Anerkennung der Titel ist eine bilaterale Kommission zuständig, die aktuell die Priorität bei den neuen Lehramtsstudien setzt. Beispielsweise aus dem medizinischen Bereich prioritär behandelt werden die Bachelorstudien Biomedical engineering, Biomedizin und Biotechnologie, Pflegewissenschaft sowie die Masterstudien Biomedical engineering, Biomedizin und Biotechnologie, Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medienwissenschaften, Medizinische Informatik, Molekulare Medizin, Pflegewissenschaft, Phytomedizin. Was die Anerkennung von Fachhochschulstudien betrifft, so gibt es aktuell keine Verhandlungen. Andere Universitätsstudien, wie etwa das Bachelorstudium Pharmazie, sind dagegen bereits verhandelt worden, doch deren Ratifizierung steht noch aus.“

L.-Abg. Sven Knoll
L.-Abg. Myriam Atz Tammerle
L.-Abg. Bernhard Zimmerhofer
Pressesprecher Cristian Kollmann

O-Ton Sven Knoll:

Archiv, Begehrensantrag, Bernhard Zimmerhofer, Cristian Kollmann, Myriam Atz Tammerle, Sven Knoll
Beschlussantrag: Wartehäuschen in Meran (Abgelehnt)
Rückkehr für Süd-Tiroler Jungärzte muss wieder attraktiv werden!

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