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Katalonien: Süd-Tiroler Freiheit schickt offenen Brief an alle Bürgermeister Tirols!

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Katalonien: Süd-Tiroler Freiheit schickt offenen Brief an alle Bürgermeister Tirols!

Mitten in Europa wird eine demokratische Abstimmung mit Drohungen, Verhaftungen, Razzien und militärischem Muskelspiel zu verhindern versucht. Was Spanien zurzeit in Katalonien veranstaltet, um das Unabhängigkeitsreferendum am Sonntag zu verhindern, erinnert an längst überwunden geglaubte Zeiten. Die selbsternannte Wertegemeinschaft EU darf hier nicht länger tatenlos danebenstehen. Ada Colau Ballano, die Bürgermeisterin von Barcelona, hat deshalb gestern einen offenen Brief aufgelegt. Diesen hat die Süd-Tiroler Freiheit nun ins Deutsche übersetzt und allen Bürgermeistern Tirols geschickt.

Ada Colau Ballano ist keine Befürworterin der Sezession Kataloniens. Gegen das unangemessene und zutiefst undemokratische Vorgehen Spaniens findet sie aber klare Worte: „Schwerwiegende Ereignisse passieren im Moment; einmalige in der spanischen Demokratie, welche die drohende Verhaftung von 700 Bürgermeistern, die Abschaltung von Regierungs-Webseiten und von Organisationen der Zivilgesellschaft, die Verhaftung von hochrangigen katalanischen Regierungsbeamten, Verhöre und Einschüchterungen von Schulleitern und einen massiven Einsatz der Polizeikräfte beinhalten, nur um zu verhindern, dass die Bürger Kataloniens an diesem Sonntag, bei dem von ihrer Landesregierung einberufenem Referendum, abstimmen können.“

Barcelonas Bürgermeisterin zeigte sich schockiert über die Repression durch den spanischen Zentralstaat und fordert die EU-Kommission dazu auf, endlich zu handeln, denn „…Europa kann nicht seine Hände in den Schoß legen, wenn Grundrechte und Freiheiten gefährdet sind, deren Sicherung und Verteidigung das begründen, was den Daseinszweck des europäischen Projekts ausmacht!“

Die Süd-Tiroler Freiheit spricht der Bürgermeisterin von Barcelona und dem ganzen katalanischen Volk ihre Solidarität aus. Die Bewegung hat den offenen Brief ins Deutsche übersetzt und allen Bürgermeistern Tirols geschickt, nach dem Wunsch Ballanos „… diesen Anruf so weit wie möglich weiterzutragen“.

„Es kann nicht sein, dass das Volk Kataloniens unterdrückt und bedroht wird, nur weil es frei und demokratisch über seine Zukunft abstimmen möchte. Wenn die EU den letzten Funken Glaubwürdigkeit behalten will, muss sie Spaniens Vorgehen in die Schranken weisen und ein deutliches Zeichen für die Demokratie setzen“, betont die Süd-Tiroler Freiheit abschließend.

Stefan Zelger, Mitglied der Landesleitung der Süd-Tiroler Freiheit.
stefan.zelger@suedtiroler-freiheit.com

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

ich schreibe Ihnen als Bürgermeisterin von Barcelona, um meine Besorgnis über die Ernsthaftigkeit der Situation zum Ausdruck zu bringen, mit der wir in Katalonien konfrontiert sind, wo die Grundrechte und Freiheiten zurzeit auf dem Spiel stehen. Schwerwiegende Ereignisse passieren im Moment; einmalige in der spanischen Demokratie, welche die drohende Verhaftung von 700 Bürgermeistern, die Abschaltung von Regierungs-Webseiten und von Organisationen der Zivilgesellschaft, die Verhaftung von hochrangigen katalanischen Regierungsbeamten, Verhöre und Einschüchterungen von Schulleitern und einen massiven Einsatz der Polizeikräfte beinhalten, nur um zu verhindern, dass die Bürger Kataloniens an diesem Sonntag, bei dem von ihrer Landesregierung einberufenen Referendum, abstimmen können.

Keine dieser Maßnahmen wird dazu beitragen, den katalanischen Konflikt zu lösen. Einen politischen Streit, der nur durch politische Mittel gelöst werden kann. Im Gegenteil: Die Maßnahmen verstärken nur soziale Spannungen und blockieren jede Möglichkeit, eine Verhandlungslösung für den Konflikt zu finden. Obwohl ich keine Separatistin bin, und sogar den einseitigen Kurs der katalanischen Landesregierung kritisiert habe, bin ich von den repressiven Maßnahmen schockiert, die die spanische Regierung benutzt hat, um das Referendum am 1. Oktober zu verhindern. Eine Antwort, die einen „qualitativen Sprung“ innerhalb ihrer eigenen Strategie zur Verrechtlichung des katalanischen Konflikts darstellt.

Angesichts der Weigerung von Premierminister Rajoys Regierung, eine einvernehmliche Lösung des Konflikts zu finden, kann die katalanische Frage nicht mehr nur als eine interne spanische Angelegenheit betrachtet werden. Sie muss nun aus einer wirklichen europäischen Dimension angegangen werden.

Wir leben in einer miteinander verbundenen globalen Realität. Was in Barcelona geschieht, hat direkte Auswirkungen auf Madrid, Paris, London und Brüssel.

In einer Zeit, in der das europäische Projekt von einem Aufschwung des fremdenfeindlichen Populismus, Terrorismus und verschiedenen Formen des Isolationismus der Nationalstaaten bedroht wird, kann Europa nicht seine Hände in den Schoß legen, wenn Grundrechte und Freiheiten gefährdet sind, deren Sicherung und Verteidigung das begründen, was den Daseinszweck des europäischen Projekts ausmacht.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich die Europäische Kommission auffordern werde, einen Vermittlungsraum für die spanische Regierung und die katalanische Landesregierung einzurichten, um mich daran zu beteiligen, und ich möchte, dass Sie diesen Anruf so weit wie möglich weitertragen, zu jeder Behörde, die Sie für angebracht halten.

Barcelona ist eine Stadt des Friedens, stolz auf seine Vielfalt und mit einer starken kosmopolitischen und pro-europäischen Berufung. Während die überwältigende Mehrheit unserer Bevölkerung in einem einvernehmlichen Referendum mit Garantien abstimmen möchte, will sie nicht in eine Kollision mit unvorhersehbaren Konsequenzen geraten. Daher mein Wunsch, als Bürgermeisterin von Barcelona, Sie über die gegenwärtige Situation zu informieren, im Bewusstsein, dass Europa Tag für Tag von Städten und Gemeinden gebaut und verteidigt wird.

Hochachtungsvoll,
Ada Colau Ballano,
Bürgermeisterin von Barcelona

Dear Mayor,

I am writing to you, as Mayor of Barcelona, to convey my concern at the seriousness of the situation we are facing in Catalonia where fundamental rights and freedoms are now at risk. Serious events are currently going on, unprecedented in Spanish democracy, which include threatened arrest of 700 mayors, the closing down of government websites and civil society organisations, the arrests of high-level Catalan regional government officials, interrogations and intimidation of school directors and the massive deployment of police forces solely for the purpose of preventing Catalonia’s citizens from being able to vote this Sunday at the referendum convened by their regional government.

None of these measures will help to solve the Catalan conflict, a political dispute that can only be resolved through political channels; on the contrary, their implementation is only heightening social tensions, as well as blocking any possibility for finding a negotiated solution to the conflict. While I am no separatist and have even criticised the unilateral course taken by the Catalan regional Government, I am alarmed by the repressive measures the Spanish Government has been using to prevent the referendum of 1 October; a response that represents a “qualitative leap” within its own strategy for judicialising the Catalan conflict.

Given the refusal by Prime Minister Rajoy’s government to find an agreed solution to the conflict, the Catalan question can no longer be considered merely an internal Spanish matter; it now needs to be approached from its proper European dimension.

We live in an interconnected global reality; so what is happening in Barcelona is having direct effects on Madrid, Paris, London and Brussels.

At a time when the European project is being threatened by an upsurge of xenophobic populism, terrorism and various forms of isolationism from national states, Europe cannot wash its hands of this threat to fundamental rights and freedoms, whose safeguarding and defence do after all constitute the European project’s main raison d’être.

I wish to inform you then that I shall be calling on the European Commission to open a mediation space for the Spanish government and the Catalan regional government to take part in, and I would like you to convey this call, as far as possible, to every authority you consider appropriate. Barcelona is a city of peace, proud of its diversity and with a strong cosmopolitan and pro-European vocation. While the overwhelming majority of our population wish to vote in an agreed referendum with guarantees, they do not want to be involved in a collision with unforeseen consequences. Hence my wish, as Mayor of Barcelona, to inform you of the present situation, fully aware that Europe is being built and defended day by day by cities and municipalities.

Yours sincerely,
Ada Colau Ballano,
Mayor of Barcelona

Archiv, Stefan Zelger
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