Heute, am 14. März vor 100 Jahren, kam Alfons Benedikter in Pettneu am Arlberg zur Welt. Er war ein großer Sohn Tirols und ein geradliniger Politiker, der sich niemals verbiegen ließ und zu keiner Zeit die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien anerkannt hat. Ferner sah er die Selbstbestimmung Südtirols als Ziel an und war keineswegs mit der Autonomie als der Weisheit letzter Schluss zufrieden, so der Südtiroler Heimatbund.
In seiner Jugend musste Alfons Benedikter die Gewaltherrschaft des Faschismus erleben. In Neapel studierte er Rechtswissenschaften und Russisch, das seiner Meinung damals nach Englisch die zweitwichtigste Weltsprache war. Nach seinem Kriegsdienst bei der Deutschen Wehrmacht kehrt er 1945 in seine Heimat zurück und übernahm alsbald die Geschicke der Südtiroler Volkspartei im Vinschgau. Das Ziel war – anno dazumal wie heute – die Wiedervereinigung Tirols.
Von 1948 bis 1998 saß Benedikter ganze 50 Jahre lang im Südtiroler Landtag. Sein jahrzehntelanges Wirken ist über die Landesgrenzen hinaus fruchtbar gewesen. Zuerst wirkte er für die Südtiroler Volkspartei, in den letzten zehn Jahren an der Seite von Eva Klotz für die Union für Südtirol. Nach dem der Pariser Vertrag eine Schein- oder vielmehr eine Pseudoautonomie für Südtirol und keineswegs die gewünschte Selbstbestimmung mit sich brachte, setzte sich Benedikter gegen eine Selbstaufgabe seiner Landsleute ein. Er und seine legendäre Aktentasche wurden zeitlebens zum Mythos. Als Chefunterhändler verhandelt er als Landeshauptmannstellvertreter unter Silvius Magnago mit Rom. Er schüttelt die Gesetze nur so aus dem Ärmel, sein hervorragendes Verfassungs- und Verwaltungsverständnis kamen immer zur Geltung. Auch wurde er von der Südtiroler Volkspartei als Sachverständiger zu den österreichischen UN-Delegationen geschickt, als Bruno Kreisky die von römischer Seite abgekanzelte „inneritalienische Angelegenheit“ zu einer Frage des Weltgewissens umwandelte.
Zu einer Auseinandersetzung kam es 1969 zwischen Magnago und Benedikter. Der Landeshauptmann hatte es eilig und drängte auf eine rasche Annahme des „Pakets“. Sogar publizierte Benedikter mit seinen Parteikollegen Joachim Dalsass und Hans Dietl eine Kampfschrift, in der Verzicht des Landeshauptmannes auf eine Regionalautonomie für Südtirol angeprangert wurde. Benedikter setzte sich trotz der knappen Befürwortung für das „Paket“ immer für die Rechte seiner Landsleute ein. Eine möglichst gute Autonomie war damals das Ziel. Zwischen 1972 und 1989 war er pausenlos im Einsatz und feilte an der Ausarbeitung der Durchführungsbestimmungen. Unendliche Sitzungen in Rom waren notwendig, um viele Befugnisse nach Südtirol zu holen.
Ende der 1980er-Jahre stehen die Autonomieverhandlungen vor dem Ende. Benedikter warnte vor einem zu eiligen und hastigen Abschluss. Parteiobmann und Landeshauptmann Magnago präsentierte ein Verhandlungsoffert des damaligen Regionenministers Gunella, der mit einer einseitigen Vorgehensweise Roms drohte, sollte die Südtiroler Volkspartei die Punkte ablehnen.
Magnago gab nach, und Benedikter präsentierte mit Luis Zingerle die warnende Broschüre, die den Paketabschluss in Frage stellte. Inhaltliche Mängel und die fehlende internationale Absicherung des „Pakets“ waren die Kernaussagen. Der Landeshauptmann reagierte verbissen und schaltete seinen Parteifreund und stets gewissenhaften Verhandler aus und übernahm mit Roland Riz alles alleine in die Hand.
Die Folgen sind bekannt. Benedikter trat aus der Südtiroler Volkspartei aus und prangerte den endgültigen Verzicht auf jegliche internationale Verankerung der Südtirolfrage an. Ferner wechselte Benedikter, für den auch unter dem neuen Landeshauptmann Luis Durnwalder kein Platz in der Regierung war, auf die Oppositionsbank. Gemeinsam mit Eva Klotz und Gerold Meraner präsentierte er eine dritte Broschüre, in der der Südtiroler Volkspartei und Österreich vorgeworfen wurden, auf Selbstbestimmung und Autonomie zu verzichten. Neben der unzureichenden völkerrechtlichen Absicherung des „Pakets“ wurden viele ungeregelte Punkte abgehandelt, die neben der Ortsnamensfrage auch die schwache Rechtswahrung in Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht zum Inhalt hatte.
Alfons Benedikter stellte sich auf Bitten der FPÖ als Berater in Südtirolfragen zur Verfügung. Unmittelbar vor der Streitbeilegung im Juni 1992 nahm er als „Außenstehender“ an den Beratungen eines österreichischen Parlamentsausschusses teil. Der legendäre Völkerrechtler und Südtirolfreund Felix Ermacora war darüber sehr erfreut; die Argumente der beiden Experten fanden in der Beschlussfassung des österreichischen Nationalrates zur Streitbeilegungserklärung, aber auch in der Niederschrift der österreichischen Verbalnote in Rom ihren Niederschlag.
Benedikter zog sich 1998 aus dem tagespolitischen Geschäft zurück, blieb aber zeitlebens ein wacher und kritischer Geist. Seine Heimat dankte Benedikter für seinen Einsatz mit dem Ehrenzeichen des Landes Tirol, dem Ehrenkreuz in Gold des Landesfeuerwehrverbandes, dem Heimatpreis, dem Ehrenkranz des Südtiroler Schützenbundes sowie mit der Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Eppan.
Politiker mit Fachwissen und Format à la Benedikter sind seltene Spezies geworden. Sei es wie es ist, wir werden Alfons Benedikter als einen großen Tiroler stets ein ehrendes Gedenken bewahren, schließt Roland Lang.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes