Schule ist keine Produktionsmaschine, welche hinsichtlich Quantität und Qualität beliebig programmierbar ist – Sonja Rienzner Ploner, Lehrperson an der WFO Brixen und Landtagskandidatin der Süd-Tiroler Freiheit nimmt zur Forderung der Wirtschafts- und Elternvertreter die Sprachkompetenz mit gezielten Maßnahmen zu verbessern, Stellung.
Die im Hinblick auf die hohen Lebenshaltungskosten und Altersvorsorge notwendige Berufstätigkeit beider Eltern hat eine zeitliche Knappheit hinsichtlich der Betreuung und Erziehung der Kinder zur Folge. Schlussfolgernd sollen Bildungseinrichtungen soviel wie möglich Erziehungs- und Ausbildungsarbeit übernehmen. Erfolgreiche Bildung und Erziehung funktionieren jedoch nur Hand in Hand zwischen Elternhaus und Schule. Je besser die von den Eltern geleistete Basis ist, desto zielführender können Lehrpersonen darauf aufbauen. Dafür braucht es Zeit.
Nach Steffi Sachse, Dipl.-Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen an der Universität Ulm entwickeln sich sprachliche Strukturen in den ersten drei Lebensjahren besonders rasant. Bei einem entsprechenden sprachlichen Input entstehen in diesem Alter besonders viele Verbindungen zu den Nervenzellen. Diese Vorarbeit kann am besten von Eltern in einer 1:1 Beziehung und nicht in einer Kindertagesstätte geleistet werden. Um dies zu ermöglichen, gilt es die Elternzeiten der Privatwirtschaft an jene des öffentlichen Dienstes anzupassen.
Voraussetzung für das Erlernen einer Fremdsprache, ist das Beherrschen der Muttersprache. Leider ist es so, dass viele Kinder logopädisch betreut werden müssen. Für diese Kinder richtet das Anbieten einer weiteren Sprache im Kindergarten einen größeren Schaden als Nutzen an.
Da wir eine Minderheit sind und unsere Kinder in einem von Dialekt geprägtem Umfeld aufwachsen, gilt es höchstes Augenmerk auf die Verbesserung der Hochsprache zu legen. Vielen Oberschülern fällt es schwer, ein für ihr Alter inhaltlich angemessenes und sprachlich korrektes Bewerbungsschreiben zu verfassen, so Rienzner. Deshalb wird jede Stunde in der Muttersprache, insbesondere auch im Fachunterricht benötigt, um sowohl die mündliche als auch die schriftliche Sprachkompetenz zu verbessern. Diese ist für den Erfolg eines Studiums bzw. Berufes unabdingbare Voraussetzung. Deshalb ein entschiedenes NEIN zum CLIL-Unterricht.
Um die Kompetenz der italienischen Sprache zu verbessern, gilt es in der Grundschule anzusetzen. 646 Stunden, wie in den Rahmenrichtlinien vorgesehen, müssten bei einem didaktisch gut aufbereiteten Unterricht als Basis, auf welche in der Mittelschule aufgebaut werden kann, reichen. Leider ist dem nicht so.
Ein großes Problem besteht darin, wie Rudolf Meraner, Direktor des Bereiches für Innovation und Beratung in seinem Skript „Südtirol-Ein Paradies zum Sprachenlernen“ schreibt, dass es zu wenig Zweitsprachenlehrpersonen gibt. Um diese Lücken zu füllen, werden häufig junge Lehrpersonen aus Mittel- und Süditalien eingesetzt, welche aber kaum eine Ahnung von Zweit- und Fremdsprachendidaktik haben und Kultur, Geschichte und Sprache des Landes nicht kennen. Sonja Rienzner Ploner ist der Meinung, dass dem Abhilfe geschaffen werden könnte, wenn Italienischlehrpersonen an deutschen Grundschulen zur Absolvierung eines Lehrganges zur Erlernung der Fremdsprachendidaktik verpflichtet werden. Sollten insbesondere im ländlichen Bereich keine ausgebildeten Italienischlehrpersonen gefunden werden, sollte es möglich sein, dass Lehrpersonen deutscher Muttersprache, welche mindestens über das Sprachniveau C1 verfügen und den entsprechenden Ausbildungslehrgang besucht haben, Italienisch unterrichten dürfen, so der Vorschlag von Rienzner. Somit dürften das Bestehen der Zweisprachigkeitsprüfung oder einer Aufnahmeprüfung nach 13 Jahren Italienischunterricht kein Problem mehr darstellen.
Der von Bildungslandesrat Christian Tommasini vorgeschlagene systematische Austausch zwischen deutschen und italienischen SchülerInnen mag für Eltern zwar gut klingen, in der Praxis bedeutet dies jedoch, dass es einer sehr sorgfältigen Planung zwischen Lehrpersonen unterschiedlicher Schulen und Arbeitsgewohnheiten bedarf. Dabei ist sehr viel Leerlauf, wo kein Unterricht statt findet, vorprogrammiert. Zielführender ist die zeitgleiche Behandlung einer bestimmten Thematik sowohl im Fach- als auch im Sprachunterricht. Wird im GGN-Unterricht beispielsweise die Biene durchgemacht, kann über dieses Tier auch im Italienischunterricht gesprochen werden.
Als Lehrperson an der Oberschule und Mutter von 2 Kindern, von welchen eines in zwei Wochen die erste Klasse Mittelschule und das andere die zweite Klasse Oberschule besucht, erfahre ich ständig, welche Schwierigkeiten SchülerInnen haben, sich sowohl in Deutsch als auch Italienisch korrekt auszudrücken. Deshalb gilt es Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenzen mit Bedacht zu ergreifen. Wichtig ist, dass im Eifer der Mehrsprachigkeit, die Muttersprache nicht in den Schatten gestellt wird. Werden Stunden in der Muttersprache gekürzt, ist ein Zurückrudern nur sehr schwierig, weil damit auch immer personalrechtliche Fragen verbunden sind.
Abschließend äußert Rienzner Ploner den Wunsch, dass jeder Landesrat in dem ihm anvertrauten Ressort ein sechs monatiges Praktikum absolvieren und sich ein Bild darüber verschaffen sollte, ob und wo Änderungen notwendig sind.
Sonja Rienzner Ploner,
Landtagskandidatin der Süd-Tiroler Freiheit
sonja.rienzner.ploner@suedtiroler-freiheit.com