Mehrsprachigkeit – das vor den Wahlen sehr heiß diskutierte Thema. Bleibt zu hoffen, dass für das von Eltern- und Wirtschaftsvertretern geäußerte Anliegen nach dem 21. Oktober 2018 gut durchdachte Lösungsvorschläge ausgearbeitet werden.
Vielleicht würde man gut daran tun, Kindergärtnerinnen und Lehrpersonen zu befragen, auf welche Weise Kinder am besten Sprachen lernen und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen: Geht ein Kunde mit einer Wunschvorstellung zum Handwerker, muss auch dieser entscheiden, ob der Wunsch umsetzbar ist oder nicht, so Sonja Rienzner Ploner, Lehrerin für Betriebswirtschaft und Landtagskandidatin der Südtiroler Freiheit.
Anlehnend an den Vorschlag von Josef Pedevilla, Mehrsprachigkeit im Sinne des ladinischen Paritätsmodells zu lehren, veranschaulicht Rienzner Ploner das Ergebnis anhand des „Multitaskings“: Wenn ich mehrere Arbeiten gleichzeitig ausführe, werden sie zwar alle verrichtet sein, aber wahrscheinlich keine zur hundertprozentigen Zufriedenheit.
Ähnlich verhält es sich, wenn ich mehrere Sprachen gleichzeitig lerne. Dann kann ich zwar mehr Sprachen, beherrsche jedoch keine sattelfest. Und gerade darum geht es: Mehrsprachigkeit gerne, aber zuerst muss die Muttersprache sitzen! So berichtet Konstanze Faßbinder vom online Portal Sprachenlernen24, dass man sich beim Erlernen einer neuen Sprache leichter tut, je besser man die eigene Muttersprache beherrscht.
Ein Vermischen des Satzbaus und Unsicherheiten in der Grammatik können insbesondere bei Kindern aus gemischtsprachigen Familien sowie bei Ladinern beobachtet werden, welche nicht von Haus aus gute sprachliche Fähigkeiten besitzen. Diese Kinder verstehen zwar mehrere Sprachen und sprechen sie auch. Allerdings haben viele Schwierigkeiten, sich korrekt in einer dieser Sprachen auszudrücken. Dies macht sich vor allem in der Schriftlichkeit bemerkbar. Gerade dort ist es jedoch heutzutage wichtig, seine Meinung korrekt zu äußern. Sehr oft gilt es, schnell auf E-Mails zu antworten. Wer sich in Wort und Schrift korrekt ausdrücken kann, ist beruflich erfolgreicher.
Damit das Ziel Mehrsprachigkeit auf breiter Ebene – nicht nur für sprachlich begabte Kinder – erreicht werden kann, ohne dass die Vertiefung der Kenntnis der Muttersprache darunter leidet, müssen für Sonja Rienzner Ploner folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- sicheres Beherrschen der Muttersprache.
- Verbesserung des Italienischunterrichts an deutschen und des Deutschunterrichts an italienischen Grundschulen.
- Sprachen dürfen nicht vermischt werden: Die Italienischlehrperson spricht Italienisch, die Deutschlehrperson Deutsch und die Englischlehrperson Englisch.
- Ein Thema wird gleichzeitig sowohl im Sach- als auch im Sprachunterricht behandelt. Auf diese Weise stellen Lernende Verbindungen her, das Gelernte gelangt ins Langzeitgedächtnis und kann später leichter abgerufen werden.
Sonja Rienzner Ploner ist überzeugt: Nur unter Berücksichtigung genannter Kriterien kann Mehrsprachigkeit in ganz Süd-Tirol erfolgversprechend gefördert werden. Bedingt wäre für Rienzner Ploner auch ein Austausch zwischen Schülern deutscher und italienischer Muttersprache förderlich für die Mehrsprachigkeit. Doch für umsetzbar hält sie diesen Vorschlag, anders als der italienische Schullandesrat Christian Tommasini, nur in den zweisprachigen Gemeinden und demnach nicht südtirolweit.
Sonja Rienzner Ploner
Landtagskandidatin der Süd-Tiroler Freiheit