Die Sorben in der Lausitz sind das kleinste slawische Volk der Welt und haben im Rahmen einer Briefwahl eine eigene politische Interessensvertretung gewählt. Cristian Kollmann von der Süd-Tiroler Freiheit war als internationaler Wahlbeobachter bei der Stimmenauszählung dabei.
Er berichtet: Serbski Sejm – so nennt sich die Volksvertretung auf Sorbisch. Schätzungen zufolge gehören etwa 60.000 Personen der Volksgruppe der Sorben, die in der Ober- und Niederlausitz und somit verteilt auf Sachsen und Brandenburg leben, an. Statistisch erfasst werden die Sorben nicht. Die deutsche Gesetzgebung sieht nämlich die Erhebung der Staatsbürger etwa nach ethnischer Zugehörigkeit oder Muttersprache nicht vor. Die Initiatoren der Wahl machten somit von der Möglichkeit Gebrauch, über die Medien all jene Bürger, die sich zum Sorbentum bekennen, dazu aufzurufen, sich für die vom 1. Mai 2018 bis zum 30. Oktober 2018 laufende Briefwahl registrieren zu lassen. Dem Aufruf folgten 1.282 Personen. Diese hatten die Möglichkeit, jeweils drei sorbische Vertreter aus der Oberlausitz und aus der Niederlausitz zu wählen. Die für die sorbische Volksvertretung vorgesehene Gesamtzahl der Personen beträgt 24 – mit jeweils 12 Vertretern aus der Oberlausitz und 12 aus der Niederlausitz. Die konstituierende Sitzung findet am 17. November statt.
Doch warum braucht es überhaupt eine eigene sorbische Volksvertretung?
Die Sorben sind, wie viele andere ethnische Minderheiten, einem enormen Assimilierungsdruck durch das Staatsvolk ausgesetzt. Die sorbische Sprache wurde, besonders in den letzten Jahrzehnten, rasant zurückgedrängt und ist mittlerweile vom Aussterben bedroht. Seinen Teil dazu trägt auch der Braunkohleabbau in der Lausitz bei: Bereits 130 sorbische Dörfer fielen ihm zum Opfer. Die Bevölkerung wurde umgesiedelt, doch deren sorbische Heimat und die lokalen Bräuche gingen damit unwiederbringlich verloren. Und der Raubbau geht weiter. Nicht zuletzt hieraus entstand das Bedürfnis der Sorben nach einer eigenen politischen Volksvertretung. Diese soll nun mit einer Stimme für die Interessen der Sorben sprechen, insbesondere in Umwelt- und Kulturbelangen.
Eine eigene sorbische Partei, die Lausitzer Allianz, gibt es bereits. Sie ist, wie die Süd-Tiroler Freiheit, Mitglied der Europäischen Freien Allianz und war maßgeblich an der Initiative beteiligt.
Cristian Kollmann
Süd-Tiroler Freiheit