Folterbriefe - Teil 1

„Bot an, mich zu erschießen“ – Der Brief von Engelbert Angerer

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Folterbriefe - Teil 1

„Bot an, mich zu erschießen“ – Der Brief von Engelbert Angerer

60 Jahre Feuernacht: Die Süd-Tiroler Freiheit veröffentlicht anlässlich dieses Jubiläums ausgewählte Briefe von Freiheitskämpfern, die in den Kasernen der Carabinieri schwer gefoltert wurden.

In den Briefen schilderten die Freiheitskämpfer die brutalen Misshandlungen, die sie erleiden mussten. Sepp Mitterhofer, selbst schwer misshandelt, sagte einst: „Wenn man diese Briefe liest, so gewinnt man den Eindruck, man blättere in einem Drehbuch eines Horrorfilms. Das wäre weiter nicht schlimm. In diesem Fall ist es allerdings tragisch, weil es kein Roman ist, sondern nackte Wirklichkeit und es uns Südtiroler betrifft.“ Zwei Süd-Tiroler, Franz Höfler und Anton Gostner, starben an den Folgen der Folterungen. Viele trugen bleibende körperliche und seelische Narben davon. Die Folterknechte wurden für ihre Taten ausgezeichnet und befördert! Bis heute hat sich Italien für diese schweren Verbrechen nicht entschuldigt!

Die ausgewählten Briefe stammen aus dem Buch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer / Folter – Tod – Erniedrigung: Südtirol 1961 -1969“. Das Buch von Dr. Helmut Golowitsch mit Hintergrundinformationen und vielen weiteren Folterbriefen kann im Webshop der Süd-Tiroler Freiheit erworben werden.

Der folgende Brief wurde von Engelbert Angerer geschrieben. Angerer wurde am 13. Juli 1961 von den Häschern abgeholt. Was ihm dann widerfuhr, hat er in einem Brief geschildert, der an die Südtiroler Volkspartei weitergeleitet wurde.

Meine Misshandlungen bei der Polizei. Wurde am 13.07.61 aus meiner Wohnung in Laas um 5 Uhr früh verhaftet und nach Meran in die Karabinierikaserne gebracht, dort mußte ich gleich stehen. Später kamen Sie mit einen italienischen geschriebenen Zettel und fragten mich ob ich alles unterschreibe, was sie wollen. Ich tat es nicht darauf bekam ich Fausthiebe am ganzen Körper. Dies dauerte, mit kleinen Unterbrechungen bis gegen Abend. Von da an wurde ich, mit kleinen Pausen bis gegen Morgen vor die Quarzlampe gestellt. Dabei bekam ich noch mehr Schläge, speziell an die Nierengegend und ins Gesicht, oft einfach nur deswegen, weil ich auf italienisch gerichtete Fragen nicht verstand. Nicht genug damit, schlug man mir mit den Gewehrkolben die Schienbeine wund. Man droht mir, mich auf dem Elektrischenstuhl zu schnallen und zeigte mir ein stuhlänliches Möbelstück mit Schnallen darauf. Gegen Morgen stellte man mich einem anderen Kollegen gegenüber, der vom Blut besudelt war u. das Hemd zerfetzt hatte. In der Verzweiflung und Angst, eines noch größeren Schrekkens der Folter unterschrieb ich ein Papier, von dem ich der total geblendeten Augen wegen nur die Umrisse erkannte. Mir schwand einfach die Wahrnehmung von Zeit und Umgebung über und über von Schmerzen gebeinigt, vom Durst brennender Mund und Kehle, bat ich immer wieder, aber vergebens, um Wasser zu trinken. Man gestattete mir, auf das Closett zu gehen, dort betätigte ich die Schpülung in der Hoffnung, wenigsten die Finger zu nässen und sie in den Mund zu führen. Da stieß der mich begleitende Karabinieri mit dem Gewehrkolben von hinten follends nieder, packte mich bei den Kopfhaaren und schleifte mich aus dem Raum. Irgend wann unter dieser schrecklichen Zeit wurde ich einem Mann in Zivil vorgestellt, von dem ich heutet weiß, daß es der Staatsanwalt war. Diesem klagte ich über mein Schmerzen und fragte um einen Arzt. Da schrie er mich an und sagte unter anderen: Man sieht nichts, was Ihnen fehlt Sie sind ein Lügner und jagte mich hinaus aus dem Raum. Vor lauter Schmerzen und dem Wahnsinn nahe, bat ich öfters mit erhobenen Händen, mich zu erschießen. Am 15.7. gegen Mittag kam ich in das Bozner Gefängnis und war, nach 50 St. des Schreckens, über glücklich. Habe heute noch Schmerzen und Blut im Orin und sichtbare Zeichen der Schläge.

Bozen, am 13.10.1961 gez. Angerer Engelbert, 32 Jahre alt, Familienvater, Laas 52.

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