Der am 22. Februar 1932 geborene Sepp Mitterhofer vom Unterhasler-Hof in Meran Obermais hat uns nach kurzer schwerer Krankheit drei Monate vor seinem 90. Geburtstag für immer verlassen.
Teilnahme am Freiheitskampf – Folter und Haft
Er hatte als junger Bursche nach dem Zweiten Weltkrieg die Fortführung der faschistischen Unterdrückungspolitik durch das angeblich nun demokratische Italien erleben müssen.
Der junge Sepp Mitterhofer
Er war dem von Sepp Kerschbaumer gegründeten „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) beigetreten und hatte sich an den nicht gegen Menschen gerichteten demonstrativen Anschlägen beteiligt, welche die Weltöffentlichkeit auf das Unrecht aufmerksam machten. Seinen Idealismus bezahlte Sepp Mitterhofer nach der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 mit Verhaftung und Folter. In einem aus dem Gefängnis geschmuggelten, an den Landeshauptmann Dr. Magnago gerichteten Brief hat er das Unfassbare geschildert, das er erleben musste. Daraus einige Auszüge:
„Im Ganzen musste ich zwei Tage und drei Nächte strammstehen ohne etwas zu Essen, Trinken und zu Schlafen. … Mit Fußtritten wurde ich an den Füßen und am Hintern bearbeitet und auf den Zehen herumgetreten…. Am meisten geschlagen wurde mir ins Gesicht, dass ich so verschwollen wurde, dass ich später nicht mehr den Mund aufbrachte zum Essen. Die Arme wurden mir am Rücken hochgerissen, dass ich laut aufschrie vor Schmerz. Einmal musste ich mich halbnackt ausziehen, dann wurde ich so lange mit Fausthieben bearbeitet bis ich bewusstlos zusammenbrach…. Öfters musste ich stundenlang vor brennende Scheinwerfer stehen und hineinschauen bis mir der Schweiß herunter rann und die Augen furchtbar schmerzten. Man zog mich an den Ohren und riss mir Haare büschelweiße vom Kopf. … Der Rücken musste glatt an der Mauer angehen, kaum, dass ich mich rührte oder mit den Zehenspitzen etwas herausrutschte, so schlug mich ein Carabiniere der vor mir stand, mit dem Gewehrkolben auf die Zehen oder auf den Körper.“
Dieser Brief befindet sich in den SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)
Im Mailänder Prozess wurde Sepp Mitterhofer zu 12 Jahren verurteilt, von denen er 8 Jahre im Kerker verbüßen musste. Weder Folter noch Haft konnten ihn brechen.
Sepp Mitterhofer im Gefängnis
Weiterführung des Kampfes mit politischen Mitteln
Als er entlassen wurde, führte er den Kampf für die Freiheit und Einheit Tirols mit politischen Mitteln weiter. Er übernahm die Obmannschaft in dem von seinem Kameraden Hans Stieler geführten „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), an dessen Gründung er zusammen mit anderen ehemaligen politischen Häftlingen beteiligt gewesen war. Das satzungsmäßige Ziel des SHB ist „die Durchsetzung des seit 1919 verwehrten Selbstbestimmungsrechtes, das die Entscheidung über die Wiedervereinigung des geteilten Tirol bis zur Salurner Klause zum Gegenstand hat.“
Erfolgreicher Einsatz für die ehemaligen politischen Häftlinge
In den kommenden Jahrzehnten setzte er sich erfolgreich für die ehemaligen politischen Häftlinge ein. Mit Hilfe des Rechtsanwaltes und Abgeordneten Dr. Karl Zeller und anderer Personen des öffentlichen Lebens konnte dank seines Einsatzes 1995 die Löschung der Hypotheken des Staates Italien auf die Besitztümer ehemaliger politischer Häftlinge und die Wiedererlangung der bürgerlichen Rechte erreicht werden.
Zu deren politischer Rehabilitierung trug auch eine von Sepp Mitterhofer zusammen mit Günther Obwegs 2000 veröffentlichte Dokumentation mit Zeitzeugenberichten und Dokumenten aus dem Südtiroler Freiheitskampf bei.
Sepp Mitterhofer – Günther Obwegs: „… Es blieb kein anderer Weg…“, Auer 2000
Mitgestaltung des Landesfestzuges von 2009 in Innsbruck
Auf politischem Gebiet blieb Sepp Mitterhofer ebenfalls unermüdlich tätig. Es war maßgeblich auch seiner Mitwirkung zu verdanken, dass 2009 der zum Gedenken an den Freiheitskampf von 1809 in Innsbruck veranstaltete Landesfestzug gegen den anfänglichen Widerstand der Nordtiroler Landesregierung nicht zu einer belanglosen Trachtenmodenschau verkam, sondern zu einem mächtigen Bekenntnis zur Tiroler Landeseinheit unter der Devise „Los von Rom!“ wurde.
Sepp Mitterhofer auf dem Landesfestzug
Unermüdlicher Einsatz für die Landeseinheit
Unter der SHB-Obmannschaft Sepp Mitterhofers sind zahlreiche Publikationen, darunter auch sensationelle Meinungsumfragen in Nord- und Südtirol erschienen und es wurden wichtige politische Initiativen ergriffen. Unter anderem sprach Sepp Mitterhofer im Österreich-Konvent des Österreichischen Parlamentes über das Selbstbestimmungsrecht und das Streben nach der Tiroler Landeseinheit. Der FPÖ-Südtirol-Sprecher und Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer überreichte ihm bei dieser Gelegenheit in Anwesenheit des SVP-Abgeordneten Dr. Franz Pahl eine Ehrenurkunde als Dank für seinen unermüdlichen Einsatz.
Von links nach rechts: Dr. Franz Pahl, Sepp Mitterhofer, Werner Neubauer.
Auf vielen Veranstaltungen und Diskussionen, auch im Fernsehen, erinnert unser Sepp die Öffentlichkeit immer wieder daran, dass der Verbleib bei Italien kein unabänderliches Schicksal ist, sondern dass wir alle aufgerufen sind, in unserer Geschichte ein neues Kapitel aufzuschlagen und Rom Ade zu sagen.
Im Jahre 2011 übergab Sepp Mitterhofer die Obmannschaft im „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) an Roland Lang und wirkte weiterhin hilfreich mit, auch bei der Gestaltung der Dokumentarausstellung in Bozen über den Freiheitskampf.
Sepp Mitterhofer und Roland Lang in der BAS-Ausstellung in Bozen.
Jetzt hat uns der unermüdliche Kämpfer und treue Freund für immer verlassen. Wir gedenken seiner in Trauer.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)