Andreas-Hofer-Feier St. Pauls

Gedenkrede von Margareth Lun

Allgemein

Sehr verehrte Anwesende!

Gedenktage, wie es der heutige Andreas-Hofer-Tag ist, sind immer auch ein Anlass, einmal innezuhalten, über unsere Identität und unsere Werte nachzudenken und unseren Standort zu bestimmen. Aber es soll auch kurz vor Augen geführt werden, wieso wir eigentlich diesen Gedenktag haben.

Und deshalb erlaube ich mir, liebe Zuhörer, heute auch einmal kurz auf das Lebensende von Andreas Hofer einzugehen. Denn gerade da ist er noch einmal über sich selbst hinausgewachsen – und hat unglaubliche menschliche Größe und Reife gezeigt.

Acht Tage war der Gefangenentransport bei Eiseskälte unterwegs, bis der Tiroler Volksheld und sein treuer Sekretär Kajetan Sweth endlich in Mantua angekommen sind. Dort in der Festung verbrachte Hofer dann die letzten zwei Wochen seines Lebens. Als Tiroler Oberkommandant war er nicht nur ein Staatsgefangener von Rang, sondern er war auch tatsächlich bereits zu Lebzeiten in ganz Europa eine Legende. Wir müssen uns vorstellen, was das damals hieß: Dieses Bergvolk hatte es tatsächlich geschafft, sogar drei Mal die französischen Truppen zu besiegen, die damals fast jedes Land siegreich überrollt haben. Und Andreas Hofer war so berühmt, dass sein Konterfei sogar in England bekannt war und – wir würden heute sagen – Fanartikel mit seinem Porträt drauf verkauft wurden.

Es verwundert daher nicht, dass Napoleon höchstpersönlich von Paris aus sein Schicksal entschieden hat. Es lautete: Verurteilung zum Tod durch das Militärgericht und Erschießung innerhalb von 24 Stunden. In Anbetracht dessen war die Einberufung des Gerichts freilich nur mehr reine Formsache.

Am 20. Februar 1810 wurde Andreas Hofer schließlich zum Richtplatz geführt. Historisch bewiesen ist nicht nur, dass er sich weigerte, sich niederzuknien, weil er sterben wollte, wie er gekämpft hatte, sondern auch, dass der Sandwirt selbst den Grenadieren den Feuerbefehl gegeben hat. Auch dass er nach zwei Gewehrsalven nur verwundet, aber nicht tödlich getroffen war, ist geschichtlich verbürgt. Erst ein Gnadenschuss in die linke Schläfe brachte ihm schließlich den Tod.

Andreas Hofer und seine Mitstreiter gehörten nicht zu den Siegern in diesem ungleichen Kampf. Nein. Trotz der großen Erfolge und Siege waren sie am Ende die Verlierer – und mit ihnen auch ihre Heimat, ihr Land, Tirol.

Und dennoch gedenken wir dieser Helden! Warum wir das tun? Wir tun es, weil sie unglaublichen Mut bewiesen haben, die Männer und Frauen von 1809. Weil sie ihr Schicksal selbst in die Hand genommen haben: Und weil sie deshalb Vorbilder sind.

Verehrte Zuhörer!

Wir hier zählen zu den wenigen Generationen in der Geschichte, die in einer Friedenszeit leben; die nicht persönlich Krieg erlebt haben, und die sich dementsprechend entfalten konnten. Das hat uns mit Dankbarkeit zu erfüllen.

Dafür stehen wir aber vor anderen riesengroßen Herausforderungen, die unser Zusammenleben in der Gesellschaft, unsere Sicherheit, unsere Kultur und unser Wertesystem in Frage stellen.

Seit der Jahrtausendwende muss sich Europa mit einem massenhaften Zuzug von Menschen mit Migrationshintergrund auseinandersetzen, mit Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen − mit Menschen, die Hilfe brauchen, die aber zugleich auch einen komplett anderen religiösen und kulturellen Hintergrund haben. Es muss sich auseinandersetzen mit Menschen, denen das Frauenbild und die Weltanschauung der europäischen Länder fremd ist und die zu integrieren bisher eine der größten Schwierigkeiten unser Gesellschaft war.

Das Hauptproblem, das aber auch unser Land seit nunmehr fast zwei Jahren fest im Griff hat, geht viel tiefer.

Tiefer, weil es nicht nur die europäische Gesellschaft betrifft, sondern weil es auch in unsere Familien reicht und jeden einzelnen von uns etwas angeht.

Die Pandemie hat unser ganzes Weltbild auf den Kopf gestellt. Durch Corona ist plötzlich der Begriff „Globalisierung“ auch ein Teil unseres Privatlebens geworden. Sicherheit − vor allem Planungssicherheit und wirtschaftliche Sicherheit − hat plötzlich eine ganz andere Bedeutung als vor zwei Jahren.

Auch wir Südtiroler müssen plötzlich wieder mit Grabenkämpfen fertigwerden, das kulturelle Leben ist teilweise fast zum Erliegen gekommen, und Einkommensverluste sowie galoppierende Inflation gehen vielen an die Substanz.

Keiner von uns hätte sich vor wenigen Jahren die Probleme vorstellen können, mit denen heute jeder einzelne von uns fertig werden muss.

Aber zugleich ist auch genau hier der Hebel anzusetzen. Und gerade hier können wir uns die Männer von 1809 zum Vorbild nehmen, die aufgestanden sind, die etwas getan haben und die selbst Verantwortung übernommen haben.

Aufgrund unserer abendländischen Kultur und unseres christlich geprägten Weltbildes, aber auch aufgrund unserer Geschichte sind wir sogar verpflichtet, sozial zu denken, sozial zu agieren, vor allem aber, − im Großen wie im Kleinen – brauchbare, vertretbare Lösungen zu finden − und nicht, wie es leider auch in unsere Kreisen einige tun, die Gesellschaft weiter aufzuhetzen.

Gerade jetzt brauchen wir Führungspersönlichkeiten, die ihr Handeln nicht nach eigenem finanziellen Vorteil, nach Bühnenerfolg oder nach sonst einem politischem Kalkül ausrichten, sondern die pragmatische Lösungen finden und Verantwortung übernehmen.

Gerade jetzt braucht es aber auch die vielen einzelnen, einfachen, bodenständigen Menschen, die bereit sind, mit ihrer ganzen Kraft und Überzeugung für die Heimat einzustehen und dabei auch persönliche Opfer zu bringen. Unsere Heimat braucht Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu tragen, um für unser Land etwas zu bewegen, aber auch, es wieder zu befrieden.

Verehrte Anwesende!

Als Tirol in der Franzosenzeit immer wieder von den Napoleonischen Truppen und ihren Verbündeten angegriffen wurde, die von Italien, von der Schweiz und von Bayern aus mordend und brandschatzend über unsere Dörfer hergefallen sind, da ging es unseren Vorfahren nicht nur um ihr Überleben, sondern um viel mehr: Es ging ihnen auch um die Erhaltung ihrer Werte.

Nehmen wir deshalb gerade den heutigen Andreas-Hofer-Tag zum Anlass, innezuhalten, und unsere eigene Rolle zu überdenken. Das heißt nicht zuletzt auch, abzuklären, nach welchen Werten wir überhaupt unser Handeln ausrichten.

Ein Tiroler zu sein bedeutet nicht, ständig zu lästern, zu jammern, abzuwarten, oder sinnlose Pro-teste zu zelebrieren. Tiroler zu sein heißt vielmehr, die Ärmel hochzukrempeln, etwas für unsere Heimat und unsere Gesellschaft zu tun, und sich einzusetzen, dass etwas weitergeht und dass sich etwas verbessert. Das heißt, für unser Dorf etwas zu tun, wieder das Vereinsleben zu beleben und vieles mehr! Die Zeit der Lethargie muss jetzt vorbei sein!

Zeigen wir deshalb gerade jetzt Rückgrat! Denn wir sind es, in deren Hand die Zukunft liegt.

Diese heutige Verantwortung bewusst zu tragen, das sind wir den Gefallenen der Franzosenzeit schuldig, den Gefallenen der beiden Weltkriege und den Widerstandskämpfern der 60er Jahre. – Das sind wir aber auch all den anderen Menschen schuldig, die durch ihre Opferbereitschaft und ihre Taten das Land Tirol zu der Blüte gebracht haben, in der es trotz allem auch heute noch steht.

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Gesunde Menschen nicht länger mit 2G ausschließen!
Nicht Krieg, sondern Selbstbestimmung ist die Lösung.

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