Mit einem offenem Brief wenden sich politische Persönlichkeiten aus Süd-Tirol und Österreich an die Vertreter der österreichischen Bundesregierung, an die Bundespräsidenten-Kandidaten sowie an die österreichischen Medien, um vor dem viel zu leichtfertigen Umgang mit Giorgia Meloni zu warnen, die nach den italienischen Parlamentswahlen am 25. September neue italienische Ministerpräsidentin werden könnte.
„Ich denke, dass Mussolini ein guter Politiker war. Alles, was er gemacht hat, hat er für Italien gemacht. Es gab keine anderen Politiker wie ihn in den letzten 50 Jahren.“ Diese Aussage von Giorgia Meloni sagt eigentlich schon alles über ihre politische Gesinnung aus und läßt gerade in Süd-Tirol große Besorgnis aufkommen, denn auch in Bezug auf die Minderheitenrechte der Süd-Tiroler hat Giorgia Meloni unmissverständliche Worte gefunden: „Wenn sich die Süd-Tiroler nicht als Italiener fühlen wollen, sollen sie nach Österreich auswandern, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt, dann brauchen sie auch nicht die Milliarden an Euro, mit denen der italienische Staat die Autonomie finanziert“.
Man stelle sich vor, welchen Aufschrei der Entrüstung es in Österreich oder Deutschland geben würde, wenn derartige Aussagen von einem Kanzlerkandidaten auftauchen würden, in denen er Hitler als guten Politiker bezeichnet und zur Assimilierung und Vertreibung von ethnischen Minderheiten aufruft…
In den letzten Wochen wurde in den österreichischen Medien mehrfach über Giorgia Meloni berichtet, doch diese schockierenden Aussagen fanden nicht einmal Erwähnung, vielmehr wurde das fast schon positive Bild einer durchsetzungsstarken Frau gezeichnet, gerade so, als ob ihre Aussagen zu Mussolini und Süd-Tirol nicht so schlimm wären. Dagegen muss man sich entschieden verwehren!
Melonis Parteigenossen machen jetzt schon deutlich, welche Politik Süd-Tirol erwartet, wenn diese Frau erst einmal an der Macht ist. So wurde unter anderem ein Berufsverbot für rein deutschsprachige Ärzte gefordert sowie eine verpflichtende Verwendung der faschistischen Ortsnamen für Süd-Tiroler Firmen. Bei einem Wahlkampfauftritt in Bozen hat Meloni auch selbst noch mal klar zur Sprache gebracht, wohin die Reise mit ihr gehen soll. Demnach sei die ethnische Autonomie zum Schutze der deutsch- und ladinischsprachigen Süd-Tiroler nicht akzeptabel und müsse durch eine „Autonomie für alle“, also eine Territorialautonomie ersetzt werden. Damit würde das Prinzip des Minderheitenschutzes einfach ausgehebelt und zudem die von den Faschisten verhasste Schutzfunktion Österreichs für Süd-Tirol abgeschafft. Ziel dieser Politik ist es, Süd-Tirol zu einer rein inneritalienischen Angelegenheit zu machen.
Den politischen Verantwortungsträgern, aber auch den Medien in Österreich kommt in dieser Situation daher eine ganz besondere Verantwortung zu. Süd-Tirol ist nicht irgendeine Region im Ausland, sondern ein Gebiet, in dem eine mehrheitlich österreichische Bevölkerung lebt, für die Österreich die politische Schutzmachtfunktion ausübt. Das immer wieder erhobene „Argument“, „Süd-Tirol sei eine rein inneritalienische Angelegenheit“, zeigt einerseits von wenig Sachkenntnis, Rechtsverständnis und sollte spätestens jetzt wohl jene aufhorchen lassen, die noch vor wenigen Tagen in Meran das 50-jährige Bestandsjubiläum der Süd-Tirol-Autonomie gefeiert haben, denn die Autonomie ist nicht innerstaatlich, sondern bilateral zwischen Österreich und Italien geregelt.
Seit der Ratifizierung des IGH-Vertrages ist dieser als rechtliche Legitimation Österreichs als Garantiemacht bzw. Schutzmacht und Partei in einem Streitfall in Autonomiefragen anzusehen. Österreich kann bei Verletzung des „Pariser Vertrages“ einseitig Klage erheben, eine einvernehmliche Unterwerfung beider Streitteile unter die Judikatur des IGH ist nicht mehr notwendig.
Am 22. April 1992 hat die italienische Regierung eine Note an Österreich gerichtet, mit welcher der Regierung in Wien der Wortlaut einer Erklärung des Ministerpräsidenten Andreotti zur Süd-Tirol-Frage mitgeteilt wurde, welche dieser am 30. Jänner 1992 vor dem italienischen Parlament abgegeben hatte. In dieser Erklärung heißt es, dass zukünftige normative Abänderungen der Autonomie nur in „beiderseitiger Verantwortung und Zusammenarbeit“ Roms mit den beteiligten Volksgruppen erfolgen dürften.
Durch die Notifizierung der Verpflichtungserklärung Andreottis zusammen mit dem legistischen Autonomiebestand an Österreich in der erwähnten Note vom 22. April 1992 wurden dieselben internationalisiert, die völkerrechtliche Bindung Italiens und die Rolle Österreichs als Garantiemacht für die „Paket“-Autonomie von italienischer Seite her unterstrichen.
In der italienischen Note wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass das Sonderstatut darauf abzielt, „die weitestmögliche Verwirklichung der Autonomie und der Zielsetzung des Schutzes der deutschsprachigen Minderheit, wie sie im Pariser Vertrag enthalten ist, sicherzustellen …“
Wenn in Italien nun eine bekennende Mussolini-Verehrerin und Süd-Tirol-Hasserin an die Macht kommen sollte, dann würde sich dies wohl auch auf Österreichs Süd-Tirol-Politik auswirken und darf daher nicht einfach ignoriert oder gar schöngeschrieben werden!
Auch an die Verantwortung der EU-Institutionen zum Minderheitenschutz muss appelliert werden, denn während Österreich wegen wesentlich weniger politischer Ereignisse mit Sanktionen belegt wurde, besteht zu Giorgia Meloni aus Brüssel bisher nur Schweigen.
L.-Abg. a.D. Eva Klotz.
FPÖ-Tirol Landtagskandidatin Gudrun Kofler.
L.-Abg. Myriam Atz-Tammerle.
Obmann des Süd-Tiroler Heimatbundes Roland Lang.
L.-Abg. Sven Knoll.
Süd-Tirol-Sprecher der FPÖ a.D. Werner Neubauer.