Der Wert der Sprache könne nicht hoch genug eingeschätzt werden und sei vielleicht das zentrale bestimmende Charakteristikum der Menschheit, stellte der Minderheitenexperte der Vereinten Nationen, Fernand de Varennes, in einem Bericht aus dem Jahre 2020 fest. Anlässlich des Tags der Muttersprache am 21. Februar fordert die Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit, Melanie Mair, dass die Muttersprache auch im Südtiroler Bildungswesen weiterhin ausreichend geschützt wird und an den einsprachigen deutschen/italienischen Kindergärten und Schulen festgehalten wird.
Das System der getrennten einsprachigen deutschen sowie italienischen Schulen/Kindergärten ist ein Eckpfeiler der Südtiroler Autonomie; festgehalten im Artikel 19 St. Gerade das Bildungssystem ist für eine Minderheit von essenzieller Wichtigkeit, will sie ihre Identität pflegen und ihren Fortbestand wahren.
Erst vor Kurzem wurde ein Antrag zur Bekräftigung der Wichtigkeit und Unantastbarkeit des vorgenannten Art. 19 von der Mehrheit des Südtiroler Landtages abgelehnt. Die Fraktionssprecherin der SVP meinte, dass es einen derartigen Beschlussantrag nicht brauche – in ihren Worten „das macht keinen Sinn“ – da das Autonomiestatut (worin natürlich auch besagter Artikel 19 festgeschrieben ist) fest verankert sei und niemals in Frage gestellt werde. Im Grunde handelt es sich tatsächlich um ein im Autonomiestatut verbrieftes Recht, jedoch wird unser Schulsystem trotzdem immer wieder von verschiedensten Seiten angegriffen, erklärt Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit.
So wurde in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, unser Schulmodell aufzuweichen, etwa durch die sogenannten CLIL-Projekte oder die konkrete Forderung der Errichtung von mehrsprachigen Klassen/Schulen. Aktuell wird immer öfter auf eine „räumliche Zusammenführung“ in Bildungseinrichtungen gesetzt, sprich auf „offene“ Räumlichkeiten, damit sich Kinder der deutschen und italienischen Sprachgruppen begegnen können und im stetigen Austausch zueinander sind. Des Weiteren soll in naher Zukunft an einer Südtiroler Oberschule ein englischsprachiger Klassenzug eingeführt werden.
Zudem sei darauf hingewiesen, dass besagter Art. 19 St. in Vergangenheit bereits ausgehöhlt wurde: Der Unterricht der zweiten Sprache, Italienisch bzw. Deutsch, ist in Südtirol von der zweiten oder dritten Klasse Grundschule an Pflicht – glaubt man den Worten des Südtiroler Autonomiestatuts. Nun wird die zweite Sprache aber schon seit Jahren ab der ersten Klasse unterrichtet, was klar der vorgenannten Formulierung widerspricht.
Der Landesrat für deutsche Bildung und Kultur äußerte sich diesbezüglich in derselben Landtagssession wie folgt: „Wir sind zum Beispiel nicht der Meinung, dass Italienisch in der ersten Klasse Grundschule eine Aushöhlung (…) des Artikels 19 wäre. Ich würde nicht verstehen warum.“ Wenn geschrieben steht, dass die zweite Sprache von der zweiten oder dritten Grundschule an Pflicht ist, aber seit Jahren mit dem Erlernen derselben bereits in der ersten Klasse begonnen wird, so ist unser Autonomiestatut zweifelsfrei, ganz offensichtlich ausgehöhlt worden!
All dies vorausgeschickt, muss der Fraktionssprecherin der SVP also klar widersprochen werden: Es braucht die offenkundige Bekundung zur Wichtigkeit und zum Festhalten an unseren einsprachigen Kindergärten und Schulen. Es nutzt nichts, zu behaupten, dass man am Art. 19 St. festhalte, dann aber nichts in dieselbe Richtung unternimmt (oder eher im Gegenteil agiert). Melanie Mair schließt deshalb wie folgt: „Sorgen wir weiterhin für die bestmögliche Qualität an Bildung, handeln wir im Sinne des Minderheitenschutzes und sprechen wir uns klar für unsere Muttersprache im Bildungssystem aus.“
Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit
Mag. iur. Melanie Mair