Hohe Geistlichkeit, liebe Schützen und Marketenderinnen, Tiroler Landsleute!
„Bei Lebzeiten und ein halb Jahrhundert nach dem Tode für einen großen Geist gehalten werden, ist ein schlechter Beweis, daß man es ist. Durch alle Jahrhunderte aber hindurch dafür gehalten werden, ist ein unwidersprechlicher.“
Am 20. Februar vor 213 Jahren wurde Andreas Hofer in Mantua hingerichtet. Mit diesem Zitat von Gotthold Ephraim Lessing wollen wir uns an diesen großen Geist der Tiroler Geschichte erinnern.
Wie kann ein einfacher Tiroler Wirt und Viehhändler ein „großer Geist“ sein? Er hat keine philosophischen Abhandlungen geschrieben, er war kein Freiheitsdichter, kein Politiker. Aber: er hat sich mit seinem unerschrockenen Eintreten für die Freiheitsrechte seines Volkes unauslöschlich in die Geschichte eingeschrieben. Und er hat das Selbstbestimmungsrecht der Tiroler mit seinem Leben verteidigt. Was kann es also Größeres geben? Wie größer könnte ein Geist sein, als jener, der sich an die Seite seines Volkes stellt, um gemeinsam mit ihm seine Rechte zu verteidigen?
Zu Mantua in Banden, der treue Hofer war
Ja, Andreas Hofer war treu. Treu seinem Volke verpflichtet. Treu stand er zu seinen Entscheidungen und seinen Taten. Treu zu seinen Mitstreitern und seine Mitstreiter zu ihm.
Wie steht es heute um die Treue, die wohl nicht umsonst in unserer Landeshymne besungen wird? Wie treu stehen die Tiroler nördlich und südlich des Brenners heute zusammen, wenn es darum geht, sein Land und sein Volk zu verteidigen, zu schützen?
An solchen Tagen wie heute ist es wohl vor allem Demut, die wir mit dem Gedenken an Andreas Hofer und seine Kameraden verbinden. Demut vor dem Heimatboden, auf dem wir stehen, Demut vor jenen, die vor uns auf diesem Boden gegangen sind und vor allem Demut vor jenen, die vor uns – treu – für dieses Land gekämpft haben.
Andreas Hofer steht als Synonym für Freiheitskampf, Opferbereitschaft und Heimatliebe. Aber nicht nur Treue und Heldenmut begleiteten ihn, sondern auch Verrat. Am schmerzhaftesten war dabei wohl jener durch den Landsmann Raffl, der ihm schließlich den Tod brachte.
Verrat steht als Gegensatz zur Treue. Und so wie es treue Kameraden gibt, wird es wohl auch Verräter immer geben. Menschen, die sich von Geld oder Versprechungen hinreißen lassen und sich einen eigenen Vorteil daraus erhoffen. Aber die Bande der Treue und der Kameradschaft sind stärker. Viel stärker! Kameraden, die sich gegenseitig den Rücken stärken und für dieselben Ideale, dasselbe Ziel einstehen. Ohne Kameradschaft ist ein Dagegenhalten gegen Widersacher und Angriffe nicht denkbar. Das galt damals ebenso wie heute. So wie ihr Schützen und Marketenderinnen und ihr Tiroler heute hier steht und im alltäglichen Leben und Wirken: Reihen dicht und fest zusammenstehen!
In Mantua zum Tode führt ihn der Feindes Schar
Während Andreas Hofer sich seinerzeit mit Franzosen und Bayern schlagen musste, ist die Feindesschar heute eine andere, wenn auch nicht kleiner geworden. Heute wie damals müssen feindliche Angriffe – wenngleich sie heute anders ausgefochten werden – von außen bekämpft, ihnen aber ebenso von innen standgehalten werden.
Dabei ist es nicht nur das Offensichtliche, das uns bedroht. Es ist nicht nur der offensichtliche Verrat mancher Landespolitiker, es ist nicht nur der Verrat mancher Parteien, es ist nicht nur die offensichtliche Beschneidung der Autonomie und unserer Rechte als deutsche und ladinische Minderheit in diesem fremden Staat und es ist nicht nur die immer weiter fortschreitende Gleichgültigkeit und Trägheit vieler Landsleute. Auch der Wohlstand und der angebliche Fortschritt bedrohen unsere Sprache, unsere Traditionen und unsere Lebensweise. Und dabei meine ich nicht nur die Angriffe auf die deutsche und ladinische Muttersprache in Südtirol, sondern die Angriffe auf die deutsche Sprache ganz allgemein. Dort werden fremde Worte gebraucht, wo es tadellose deutsche Begriffe dafür gibt und zwanghaft Problemlösungen für scheinbar geschlechterdiskriminierende Sprache in Form von Gendersternchen und Binnen-I’s geschaffen. Ja, Sprache verändert sich, aber eine Veränderung verläuft langsam und stetig. Und gewiss nicht zwanghaft und aus rein ideologischen Gründen.
Ja, auch zwanghafte Diktionen jeglicher Form gehören heute zur Feindesschar. Ebenso wie die Angriffe auf die traditionelle Familie, die Verächtlichmachung unserer Bräuche oder die zügellose Massenmigration aus falsch verstandener Toleranz.
Es blutete der Brüder Herz, ganz Deutschland, ach in Schmach und Schmerz
All diese Angriffe führen zu einer immer breiteren Verleugnung der eigenen Kultur, der eigenen Werte und Sprache. Der vorherrschende Zeitgeist erhebt das Fremde zum erstrebenswerten Ideal und wertet alles Eigene ab. Zwar greift dies vermehrt in Deutschland und Österreich um sich, macht aber auch vor dem südlichen Tirol als Teil des deutschen Kultur- und Sprachraumes nicht Halt.
Und so kämpft der Tiroler südlich des Brenners – wieder einmal – gleich an mehreren Fronten: gegen den linken Zeitgeist mit Angriffen auf die eigene Kultur und Sprache und gegen die italienische Fremdherrschaft und Verräter aus dem eigenen Land gegen deren Angriffe auf die eigene Kultur und Sprache. Das ist der moderne Tiroler Freiheitskämpfer.
Sturheit mag im menschlichen Miteinander vielleicht nicht immer eine angenehme Charaktereigenschaft sein, aber in Verbindung mit Beharrlichkeit ein hervorragender Schutzschild vor Bevormundung. Beides war er – Andreas Hofer – und beides ist er, der Tiroler ganz allgemein. Stur und beharrlich.
Dort sollt’ er niederknien, er sprach: „Das tu ich nit!“
Streitbar und beharrlich. Überlebenswichtige Attribute eines Volkes. Lassen wir uns niemals von niemandem sagen, dass man so nicht sein dürfe, und lassen wir uns weiterhin niemals von niemandem vorschreiben, vor wem oder was wir hinknieen oder uns beugen sollen.
Mit ihm sein Land Tirol.
SEIN Land Tirol. Das sind wir alle, das ist jeder von uns, jeder von euch, jeder wie er hier steht.
Wo wollen wir hin und was können wir dafür tun? Wir dürfen unsere Ziele nicht aus den Augen verlieren, mögen sie im Moment vielleicht auch noch so utopisch wirken. Die Tiroler Landeseinheit ist und bleibt das übergeordnete Ziel. Wir dürfen nicht den Mut verlieren, sondern müssen positiv gestimmt bleiben. Auch wenn wir mittlerweile seit über 100 Jahren unter italienischer Fremdherrschaft stehen, so hat es Rom dennoch auch nach 100 Jahren nicht geschafft hat, unseren Willen zu brechen. Und wenn wir treu zusammenstehen, würde es das auch in 100 Jahren noch immer nicht geschafft haben. Das historische Fenster wird sich eines Tages öffnen und dann sind wir bereit! Auch 1989 hätte kurz vor dem Fall der Berliner Mauer niemand gedacht, dass er die deutsche Wiedervereinigung noch erleben würde. Aber die Geschichte lehrt uns, dass nichts von Dauer und alles möglich ist. Und wenn wir es schaffen, parteipolitisches Geplänkel und eigene Befindlichkeiten außen vor zu lassen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen, kann sehr Vieles gelingen. Mehr als wir uns vorstellen können.
Die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler stand 2019 kurz vor knapp vor seiner Umsetzung. Und die Zeichen – liebe Freunde – stehen gut, dass es möglicherweise bald wieder soweit sein könnte und sich dieses Fenster für uns öffnet.
Mit ihm sein Land Tirol. Dies und jenseits der Unrechtsgrenze. Damals wie heute.
Was gilt es für uns also zu tun? Standhaft und streitbar bleiben, Tirolertum leben und uns nicht – niemals – von nichts und niemandem – auseinanderdividieren lassen. Wir stehen hier vor diesem großen Geist der Tiroler Geschichte – in der Überzeugung, dass wir unser Ziel einmal erreichen werden. Und wenn vielleicht nicht wir, dann unsere Kinder oder Enkelkinder. Aber wir Tiroler allemal.
Das, und vorausschauende Stärke, unterscheiden uns von unseren Widersachern. Unsere Vorfahren haben für Ziele gekämpft, in der Vorahnung, deren Erreichung vielleicht selbst nicht mehr erleben zu können. Wir denken und kämpfen über alle Generationen, ohne einen unmittelbaren persönlichen Vorteil davon zu haben, sondern für uns, unsere Nachfahren, das Volk. Und wir kämpfen trotz Gegenwind und Nachteilen, weil wir EINE Gewissheit haben: Dass es das einzig Richtige ist!
Schützen Heil und Hoch Tirol!