Diese Woche wird im Süd-Tiroler Landtag über die Aufhebung der faschistischen Ortsnamendekrete abgestimmt. Der Antrag kommt von der Süd-Tiroler Freiheit. Auf einer Pressekonferenz hat sie ihn heute vorgestellt. Es gelte, einen Schlussstrich unter ein leidiges Kapitel der Süd-Tiroler Geschichte zu ziehen.
Für die Aufhebung der faschistischen Ortsnamendekrete sieht die Süd-Tiroler Freiheit einen konkreten Anlass: Genau 100 Jahre sind es her, dass das erste der insgesamt drei Dekrete erlassen wurde. Die Rede ist von einem Königlichen Dekret von 1923, einem Ministerialdekret von 1935 und einem weiteren Königlichen Dekret von 1942. Die Erlassung dieser Dekrete diente einem Ziel: Die Umsetzung der im Jahr 1923 vom Großrat des Faschismus beschlossenen „Provvedimenti per l’Alto Adige, intesi ad una azione ordinata, pronta ed efficace di assimilazione italiana“. Zu deutsch: „Maßnahmen für das Hochetsch zum Zwecke einer geordneten, schnellen und wirksamen italienischen Assimilierung.“
Mit den drei faschistischen Dekreten wurden insgesamt über 10.000 so genannte „italienische“ Orts- und Flurnamen für die Provinz Bozen amtlich festgelegt. Bei diesen Namen handelte es sich weit mehrheitlich um Konstruktionen, die somit einen manipulativen Zweck erfüllen sollten. Die Existenz der deutschen und ladinischen Orts- und Flurnamen wurde gleichzeitig in Abrede gestellt, d.h. sie wurden gesetzlich verboten.
Die Süd-Tiroler Freiheit erinnert daran, dass, trotz Pariser Vertrags und Autonomiestatuts, die drei faschistischen Ortsnamendekrete immer noch in Kraft sind. Dies bedeutet, dass die deutschen und ladinischen Orts- und Flurnamen amtlich immer noch nicht wiederhergestellt sind, während die größtenteils manipulativen, so genannten „italienischen“ Namen, bis auf wenige Ausnahmen, die einzig amtlichen sind.
Eindringlich und zum wiederholten Mal appelliert die Süd-Tiroler Freiheit an die Südtiroler Landesregierung und insbesondere an die Südtiroler Volkspartei, dem Antrag zuzustimmen.
„Dass nach 100 Jahren immer noch Dekrete in Kraft sind, deren Ziel ausdrücklich die italienische Assimilierung der Süd-Tiroler war und offenbar immer noch ist, ist an sich schon ein Skandal und bleibt ein Kulturverbrechen!“, sagt der Toponomastikexperte der Süd-Tiroler Freiheit, Cristian Kollmann. Und weiter: „Die SVP soll endlich den Mut aufbringen, sich von diesen Kulturverbrechen zu distanzieren und diesbezügliche Relativierungen zu unterlassen! Erst, indem ein Schlussstrich unter dieses leidige Kapitel der Süd-Tiroler Geschichte gezogen wird, kann die Grundlage für eine authentische mehrsprachige Toponomastik geschaffen werden, so dass sich die Sprachgruppen ohne Ressentiments und auf Augenhöhe begegnen können und dies sie befriedet.“.
Entsprechend heißt es im beschließenden Teil des Antrages u.a.: „Faschistische Gesetzesdekrete, die als ausdrückliche Zielsetzung die sprachliche Auslöschung einer Volksgruppe haben, sind mit den Grundwerten der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar und dem friedlichen Zusammenleben der Sprachgruppen in Süd-Tirol abträglich.“.
Süd-Tiroler Freiheit – Landtagsklub