In der aktuellen Fragestunde im Landtag ging es der Süd-Tiroler Freiheit diesmal u.a. um die faschistischen Ortsnamendekrete, um ausländische Schwarzfahrer und um einen Fall von „Kindsverbringung“.
Faschistische Ortsnamendekrete: Außer Kraft oder nicht?
Die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ hat am 14. April 2023 im Artikel „Blutige Nase“ Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) zufolge geschrieben: „Die römische Regierung hat das Tolomei-Dekret von 1940 zur Italianisierung von 8.000 deutschen Ortsnamen bereits mit dem Gesetzesdekret Nr. 179 vom Dezember 2009 abgeschafft.“ Der Jurist und ehemalige SVP-Parlamentarier Dr. Karl Zeller wird dabei mit den Worten zitiert, dass Rom die faschistischen Dekrete bereits vor 13 Jahren außer Kraft gesetzt hat. Dies scheint weder der Öffentlichkeit noch der Landesregierung bekannt zu sein, da bisher in allen Anfragebeantwortungen bestätigt wurde, dass die Dekrete noch in Kraft sind. Bekannt ist hingegen, dass es 2009 einen Versuch gab, ein Dekret abzuschaffen, der jedoch scheiterte. Die SVP reagierte damals empört über das Scheitern des Versuchs, sagte der Abgeordnete und stellte an die Landesregierung unter dem Titel „Faschistische Ortsnamendekrete: Außer Kraft oder nicht?“ folgende Fragen: Stimmt es, dass die römische Regierung die faschistischen Ortsnamendekrete endgültig außer Kraft gesetzt hat? Wenn ja, wann genau ist dies geschehen, um welche Dekrete handelt es sich konkret, und welche Auswirkungen hat dies? Wie erklärt die Landesregierung, dass bisher niemand von der Aufhebung der Dekrete informiert wurde? Oder handelt es sich um eine Falschmeldung?
Offiziell beziehe sich die Anfrage des Abgeordneten Knoll auf zwei Dekrete, so LH Arno Kompatscher: auf das Königliche Dekret Nr. 800 vom 29. März 1923 sowie auf das Ministerialdekret Nr. 147 vom 10. Juli 1940. Zu ersterem, der 300 Namen umfasse, habe es eine Initiative der Abschaffung gegeben, dies habe es auch ins Gesetz geschafft, doch letztlich sei es von der Abschaffung ausgenommen worden. Das Ministerialdekret 147 dagegen sei abgeschafft worden, es handle sich dabei um den sogenannten “prontuario” mit den rund 8.000 Flurnamen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) führte einige Unklarheiten auf und bat um Präzisierung.
LH Arno Kompatscher ergänzte, dass die Abschaffung erfolgt sei mit Gesetz von Februar 2009, zurückgenommen wurde es mit Legislativdekret von Dezember 2009. Dann sei aber auch klargestellt worden, dass das Dekret 147 abgeschafft worden sei. Er erinnerte an den Fall von Sèn Jan di Fassa, der ein Desaster gewesen sei. Das Landesgesetz sei zurückgenommen worden und man habe sich um eine Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut bemüht, damit es nicht zu solchen Verwicklungen wie bei Sèn Jan. Damit wolle man zu einer Lösung kommen. Die Gemeindenamen in deutscher Sprache seien bereits amtlich.
Verbringung von Kindern nach Italien
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte: Der Süd-Tiroler Freiheit sei von Kindern berichtet worden, die auf Anordnung des Jugendgerichts bzw. der Sozialbetreuer in Einrichtungen nach Italien verbracht wurden. Der telefonische Kontakt mit der Familie sei nur in italienischer Sprache erlaubt worden. Die Kinder würden damit aus ihrem kulturellen Umfeld gerissen und zudem ihres Rechtes auf Gebrauch der deutschen Muttersprache beraubt. Auch eine psychologische Betreuung sei, in der für sie fremden italienischen Sprache kaum möglich. Dazu stellte der Abgeordnete folgende Fragen: Ist es zulässig, dass deutschsprachige Kinder gegen ihren Willen in italienischsprachige Einrichtungen nach Italien verbracht werden? Wie viele deutschsprachige Kinder befinden sich derzeit in einer sozialen bzw. psychologischen Einrichtung in Italien? Wie viele deutschsprachige Kinder befinden sich derzeit in Obhut einer italienischen „Betreuungsfamilie“, wie viele in Süd-Tirol und wie viele in Italien? Was gedenkt die Landesregierung zu tun, damit Südtiroler Kinder in deutschsprachigen Einrichtungen in und außerhalb Südtirols betreut werden können und nicht mehr nach Italien verbracht werden?
LH Arno Kompatscher erklärte, er habe die entsprechenden Unterlagen nicht dabei. Er teile die Auffassung, dass in solchen Fällen ein Problem entstehe. Zu den Fragen des Abgeordneten Franz Ploner sagte er: Die 40 Psychologen würden in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Die Struktur sei eine horizontale. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Meran sei besonders: In Italien gebe es in diesem Bereich insgesamt 100 Betten, 12 davon in Meran. Diese seien Standard und reichten in der Regel aus. Die Einrichtung mehrerer kinder- und jugendpsychiatrischer Einrichtungen im Land brächte Schwierigkeiten mit sich, u.a. jene der Spezialisierung.
Zugtickets: Einheimische werden kontrolliert, Ausländer nicht
Wipptaler Schüler berichten, dass in den Zügen im Wipptal und Eisacktal nur Einheimische kontrolliert werden. Auf Nachfrage bei einem Schaffner wurde ihnen mitgeteilt, „dass es keinen Sinn macht, die Ausländer zu kontrollieren, da sie ohnehin nicht bestraft werden können und die Schaffner zudem Angst haben, da Ausländer bei Kontrollen oft sehr aggressiv werden“, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) und stellte in seiner Anfrage mit dem Titel „Zugtickets: Einheimische werden kontrolliert, Ausländer nicht.“ dazu folgende Fragen: Wie bewertet die Landesregierung die Antwort, dass Ausländer nicht bestraft werden können und Schaffner inzwischen Angst haben, diese zu kontrollieren? Wie viele Strafen wegen nicht ordnungsgemäßer Fahrkarten wurden in den vergangenen fünf Jahren in den Südtiroler Zügen verhängt? Wie viele davon ergingen an Einheimische, wie viele an Ausländer? Inzwischen sei ihm eine gleichlautende Mitteilung auch aus dem Vinschgau zugetragen worden.
Landesrat Daniel Alfreider schickte voraus, dass das Kontrollpersonal die jeweilige Situation im Zug bewerten müsse – es gelte nämlich auch, die Sicherheit aller Passagiere zu gewährleisten. So etwas, wie beschrieben dürfe nicht passieren. Man habe bei Trenitalia nachgefragt, dort weise man zurück, dass es solche Vorfälle gebe. Strafen würden sehr wohl ausgestellt, die Herkunft der Bestraften werde nicht erhoben. In Kürze würden die sogenannten „People-Counter“ eingeführt, um automatische Kontrollen durchzuführen. Damit werde das System gegen das Schwarzfahren gestärkt.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstrich, dass die Tendenz nicht jene sein dürfe, dass man sich nur grob genug aufführen müsse, um das Ticket nicht zu bezahlen. Er frage sich, was getan werde, um die Sicherheit von Kontrollierenden und Passagieren zu gewährleisten.
LR Daniel Alfreider ergänzte, es sei vorgesehen, überall in Zügen und Bussen Kameras anzubringen. Gleichzeitig werde jeder Bus mit der Zentrale verbunden sein. Man wolle in Zukunft eine bessere Kontrolle über das Ticketverhalten der Nutzer des ÖPNV.
Quelle: Süd-Tiroler Landtag